Letztes Spiel als Trainer: Legende Philipkowski über 30 Jahre St. Pauli
Am Samstag saß eine St. Pauli-Legende zum letzten Mal auf der Trainerbank. Mit dem 0:3 in Jeddeloh endete die Zeit von Joachim Philipkowski als U23-Coach. Der MOPO erzählte „Piepel“, wie alles mit St. Pauli anfing – und welche Geschichten aus vier Jahrzehnten ihm besonders in Erinnerung geblieben sind.
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Am Samstag saß eine St. Pauli-Legende zum letzten Mal auf der Trainerbank. Mit dem 0:3 in Jeddeloh endete die Zeit von Joachim Philipkowski als U23-Coach. Nach über 30 Jahren als Spieler und Trainer beim FC St. Pauli wird der 61-Jährige künftig Talente für den Kiezklub beobachten.
„Scouting hat mich schon immer interessiert“, sagt Philipkowski: „Ich werde viel auf Sportplätzen unterwegs sein.“ Das passt. Über das letzte Vierteljahrhundert war Philipkowski Architekt, Bauherr und Hausmeister des braun-weißen Talentschuppens.
Duell mit Frosch: 1980 kam Philipkowski das erste Mal zum FC St. Pauli
1980, als „Piepel“ selbst noch Talent war, machte St. Pauli Bekanntschaft mit ihm. Als 19-jähriger Stürmer von Barmbek-Uhlenhorst ließ er Walter Frosch alt aussehen, St. Paulis Abwehr-Ikone flog sogar vom Platz. „Das war schon eine tolle Nummer“, erinnert sich Philipkowski, der dann verpflichtet wurde und fünf Jahre blieb, bis er zum 1. FC Nürnberg zog. Dort wurde er zum Verteidiger umgeschult – und gewann mit dem „Club“ 1988 im Uefa-Cup bei der AS Rom mit Rudi Völler 2:1. Zwar schied Nürnberg noch aus, „aber davon habe ich immer noch ein Trikot auf dem Dachboden“.
Nach 154 Bundesliga-Einsätzen ging er 1992 zurück zu St. Pauli – doch eine verletzte Achillessehne sorgte fürs Karriereende. „Damals wusste man ja gar nicht so recht, was man danach tun sollte“, schildert er – und übernahm 1994 das Training der A-Jugend. Damit hatte er keinen Beruf gefunden, sondern eine Berufung. „Die Jungs waren voll dabei, du hast ihre Entwicklung gesehen, das hat mir so viel Spaß gemacht“, schwärmt er: „Nach ein paar Wochen wusste ich: Das ist meins.“
Talentschuppen St. Pauli: Stanislawski holte Philipkowski 2007 zurück zum Kiezklub
Mit Ivan Klasnic, Zlatan Bajramovic und Christian Rahn erreichte St. Paulis A-Jugend 1998 das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. Quasi nebenbei stieg Philipkowski zum Co-Trainer der Profis auf – und im Spätsommer 2002 nach dem Bundesliga-Abstieg sogar zum Chefcoach. Keine schöne Zeit. „Ich habe zu Präsident Reenald Koch immer wieder gesagt: Nein, ich mache das nicht. Weil ich vom Kader nicht überzeugt war, die Qualität der Mannschaft reichte einfach nicht aus.“ Er sagte dann doch zu – nach der Verpflichtung von zwei Wunschspielern, die sich beide schnell verletzten.
Es tat regelrecht weh, ihn an einer Mannschaft verzweifeln zu sehen, an der sich wohl selbst José Mourinho die Zähne ausgebissen hätte. Im Dezember 2002 folgte die Entlassung. Ebenso traurig wie der Sturz St. Paulis in die Drittklassigkeit war die Art und Weise, wie Kompetenz aus dem Klub getrieben wurden. Philipkowski kümmerte sich fortan um den Werder-Nachwuchs und um den des HSV, ehe Holger Stanislawski ihn 2007 zurück nach St. Pauli lotste.
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Seitdem gab es keinen Abschied mehr. Philipkowski baute das Nachwuchsleistungszentrum aus und führte viele Talente zu den Profis – etwa Finn Ole Becker, der jetzt nach Hoffenheim wechselt. Sein halbes Leben in Braun-Weiß geht nun als Scout weiter. Dabei muss der Wahl-Bargteheider gar nicht so weit reisen, um Talent zu finden – der Blick auf den eigenen Nachwuchs reicht: Seine 20-jährige Tochter Vivian ist mit Hagen Ahrensburg gerade Schleswig-Holstein-Meister geworden.