Ein Gegenentwurf zum HSV: So funktioniert St. Paulis „System Sturm“
Es liegt nahe und ist verführerisch simpel, dem FC St. Pauli nach zwei Nullnummern in der Liga ein Sturm-Problem zu attestieren. Fehlt den Kiezkickern einfach nur ein sogenannter Knipser vorne drin – und muss also noch schnell verpflichtet werden? Oder ist es nach drei von 34 Spieltagen noch zu früh für General-Diagnosen? Die Sache ist komplex und kompliziert. Klar ist aber auch, dass die Braun-Weißen ihre Torquote deutlich anheben müssen, um eine erfolgreiche Saison zu spielen – und zwar im Kollektiv. So funktioniert St. Paulis „System Sturm“, durchaus ein Gegenentwurf zum HSV
Oft sind es Kleinigkeiten, Nuancen, Zentimeter, Sekundenbruchteile, die ein ganzes Bild verändern. Oder Interpretation. Hätte der Treffer von Andreas Albers in der Nachspielzeit in Fürth gezählt und wäre nicht – durchaus umstritten – wegen einer Abseitsstellung aberkannt worden, dann hätte St. Pauli jetzt sieben statt fünf Zähler auf dem Konto und stünde punktgleich mit dem Spitzenreiter aus der gleichen Stadt auf Rang drei. Und: Ein Stürmer, noch dazu ein neu verpflichteter Neuner, hätte ein Tor erzielt.
Hürzeler hält die Stürmer-Sorge bei St. Pauli für unbegründet
Es liegt nahe und ist verführerisch simpel, dem FC St. Pauli nach zwei Nullnummern in der Liga ein Sturm-Problem zu attestieren. Fehlt den Kiezkickern einfach nur ein sogenannter Knipser vorne drin – und muss also noch schnell verpflichtet werden? Oder ist es nach drei von 34 Spieltagen noch zu früh für General-Diagnosen? Die Sache ist komplex und kompliziert. Klar ist aber auch, dass die Braun-Weißen ihre Torquote deutlich anheben müssen, um eine erfolgreiche Saison zu spielen – und zwar im Kollektiv. So funktioniert St. Paulis „System Sturm“, durchaus ein Gegenentwurf zum HSV
Oft sind es Kleinigkeiten, Nuancen, Zentimeter, Sekundenbruchteile, die ein ganzes Bild verändern. Oder Interpretation. Hätte der Treffer von Andreas Albers in der Nachspielzeit in Fürth gezählt und wäre nicht – durchaus umstritten – wegen einer Abseitsstellung aberkannt worden, dann hätte St. Pauli jetzt sieben statt fünf Zähler auf dem Konto und stünde punktgleich mit dem Spitzenreiter aus der gleichen Stadt auf Rang drei. Und: Ein Stürmer, noch dazu ein neu verpflichteter Neuner, hätte ein Tor erzielt.
Hürzeler hält die Stürmer-Sorge bei St. Pauli für unbegründet
Das Problem bei der Sache: der Konjunktiv. Und so bleibt es bei zwei erzielten Treffern in drei Spielen und es mehren sich die Stimmen, die St. Pauli ein Sturm-Problem und ein diesbezügliches Defizit im Kader attestieren. Auch bei manchen Fans wächst die Besorgnis.
Eine Sorge, die Trainer Fabian Hürzeler für unbegründet hält, und ein Thema, bei dem er verbal auf die Bremse tritt. Es sei wichtig, betonte der Coach nach dem 0:0 in Fürth, „dass wir jetzt nicht wieder eine Stürmer-Diskussion anfangen.“ Möglicherweise auch, weil so etwas zu einer mentalen Blockade bei den betroffenen Spielern führen kann. Bestenfalls wird das Thema beim kommenden Heimspiel gegen Magdeburg beseitigt – auf dem Rasen.
Dennoch wirft Hürzelers Personalwahl im Sturm im bisherigen Saisonverlauf Fragen auf, und viele Fans werden nicht schlau daraus. Welche ist die favorisierte Sturm-Formation – oder gibt es gar keine?
Nur Saad scheint gesetzt
Gesetzt scheint derzeit nur Linksaußen Elias Saad. Auf dem rechten Flügel hat zwar in allen drei Liga-Spielen Connor Metcalfe begonnen, wurde jedoch zweimal nach einer Stunde und einmal nach 70 Minuten ausgewechselt. In der Sturmspitze stand zuletzt zweimal Oladapo Afolayan und nicht Albers in der Startelf. In Fürth wurde er zur Halbzeit durch Danel Sinani ersetzt, der wie auch der Engländer in erster Linie als Flügelspieler gilt, aber eben auch flexibel einsetzbar ist – und genau deshalb verpflichtet wurde.
Experimente? Die sichtbare Suche nach einer festen Angriffsformation? Oder vielmehr die logische Fortsetzung eines schon länger eingeschlagenen Weges?

„Variabilität und Flexibilität im Offensivbereich macht es dem Gegner schwerer, unsere Strategie zu erahnen und uns auszurechnen“, sagt Sportchef Andreas Bornemann zur MOPO über die grundsätzlichen Ausrichtung, die auch die Kaderplanung beeinflusst. Er gibt zu bedenken: „Das ist eine Qualität, die uns in der sehr erfolgreichen Rückrunde der vergangenen Saison stark gemacht hat.“
In der vorigen Rückrunde trafen 15 Spieler für St. Pauli
In der zurückliegenden Rekord-Rückserie war es eine große und auch vielgelobte Stärke der Kiezkicker, defensiv enorm stabil und offensiv durch verschiedene Spieler und Mannschaftsteile torgefährlich und auch erfolgreich zu sein. 15 verschiedene Torschützen, davon elf mit mindestens drei Treffern.
Zur Erinnerung: Nach der völlig vergurkten Rückserie 2022, in der St. Pauli den Aufstieg verspielte und Torjäger Guido Burgstaller nur noch vier Treffer gelangen (davon zwei per Elfmeter), was einen kausalen Zusammenhang hatte, wollte man künftig weniger abhängig von einem Spieler sein, die Tore auf mehrere Schultern verteilen. Auch in dem Wissen, dass hochkarätige Mittelstürmer der Kategorie Knipser, die 15 Tore und mehr garantieren, ebenso rar wie extrem gefragt und für St. Pauli kaum bezahlbar sind.
Ein Glatzel ist für St. Pauli nicht möglich
St. Paulis „System Sturm“ ist durchaus auch als Gegenentwurf zu dem des HSV mit Robert Glatzel zu sehen. Der Lokalrivale leistet sich einen Star-Stürmer mit Millionen-Gehalt, der mit richtig vielen Toren abliefert, aber für den Kiezklub nicht zu finanzieren wäre und auch das interne Gehaltsgefüge sprengen würde.

Natürlich erhöht ein Knipser des Kalibers Glatzel die Wahrscheinlichkeit, aufzusteigen, birgt aber auch die Gefahr der Abhängigkeit – und ist keine Garantie. 19 Tore erzielte Glatzel vergangene Saison, acht in der zweiten Halbserie, nur drei in den letzten zehn Saisonspielen, null in der Relegation. Aufstieg verpasst.
Daschner steht für den St. Pauli-Weg
St. Pauli wählt einen anderen Weg, der auch aus Entwicklung besteht. So avancierte Mittelfeldmann Lukas Daschner im Laufe der vergangenen Spielzeit als umfunktionierter Mittelstürmer zum besten Torschützen. Jetzt spielt er Bundesliga in Bochum. Manch einer, der seinen Abgang jetzt beklagt, sprach ihm noch vor Monaten die Eignung zum Stürmer ab. Spieler besser zu machen, bestmöglich und gewinnbringend einzusetzen – das ist der Weg.
Erklärtes Ziel vor dieser Saison war es, das Offensivspiel zu verfeinern, breiter zu machen, das gegnerische Tor aus möglichst vielen Winkeln zu attackieren und so noch mehr (Groß-)Chancen zu kreieren. Das ist bislang noch nicht zufriedenstellend gelungen. Andererseits hat die Saison gerade erst begonnen und ist es nicht ungewöhnlich, dass Neuzugänge Zeit brauchen.
Bei aller gewünschten und auch proklamierten Variabilität und Flexibilität ist unstrittig, dass St. Pauli Spieler benötigt, die regelmäßig das Tor treffen – und da sind Stürmer nun einmal die Experten für den Job, auch wenn Hürzeler immer wieder betont, dass es letztlich egal sei, wer die Tore schießt, so lange welche geschossen werden.
Das könnte Sie auch interessieren: „Überwältigt“: Banks wirbelt los und ist begeistert von St. Paulis Fans
Es ist weder ausgemacht noch ausgeschlossen, dass St. Pauli bis zum Transferschluss am 1. September noch einen Stürmer verpflichtet. Schon vor den Nullnummern galt: Alles eine Frage der Möglichkeiten.