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  • Letztes Duell: St. Pauli-Keeper Robin Himmelmann kassiert das 0:2 gegen den VfL Bochum am 5. Juni. 
  • Foto: RalfIbing/firo/Pool/Witters

Absturz und Aufschwung: Wie Corona St. Pauli und Bochum in Himmel und Hölle trennte

Es ist die große Bühne zum Start: Am Montagabend bestreitet der FC St. Pauli beim VfL Bochum unter Flutlicht das Finale des ersten Spieltages der neuen Zweitligasaison. Es ist das Duell zweier Mannschaften, die ein Extrembeispiel für das Beste und das Schlechteste sind, das eine Krisensituation wie die Corona-Pandemie hervorbringen kann.  

Es hat auch mit Corona zu tun, dass der VfL in dieser Saison hochgehandelt und sogar zum Kreis der Aufstiegskandidaten gezählt wird. Und es hat auch mit Corona zu tun, dass St. Pauli mit Timo Schultz einen neuen Trainer hat. Und dass Vorgänger Jos Luhukay gehen musste, hat auch etwas mit Bochum zu tun, wo er eine strategische Entscheidung getroffen hatte, die Glaubwürdigkeit und Rückhalt kostete.

FC St. Pauli: Vor Corona mit Bochum auf Augenhöhe

Das letzte Duell zwischen den beiden Traditionsvereinen liegt noch gar nicht lange zurück. Am 5. Juni, dem 30. Spieltag der zwischenzeitlich unterbrochenen Saison, hatte der VfL die Kiezkicker im Ruhrstadion zum Geisterspiel empfangen.

In der Tabelle waren sich beide Klubs vor dem Anpfiff noch nah. Bochum als Zehnter mit 36 Punkten, St. Pauli mit einem Zähler weniger auf Rang 13. Nachbarschaft.

Eine scheinbare Nähe, denn es war eine Momentaufnahme, die die Realität nicht widerspiegelte und noch weniger die Dynamik – wie wenn sich Personen in einem Paternoster zwar kurz auf einer Ebene und damit auf Augenhöhe befinden, aber die einen zügig auf dem Weg nach oben und die anderen auf dem Weg nach unten sind.

Niederlage in Bochum verschärfte St. Pauli-Krise

Bochum gewann das Spiel gegen St. Pauli Anfang Juni mit 2:0 und setzte seinen Aufschwung nach dem Neustart der Liga fort – und die Hamburger ihren Absturz. Luhukay gab der Mannschaft zwei Tage frei – weil er die geographische Nähe zu einem Kurztrip in seine niederländische Heimat nutzen wollte. Angeblich alles schon lange geplant, wie es offiziell hieß, in der akuten sportlichen Krisensituation allerdings ein mehr als fragwürdiges Signal.  

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Am Ende der denkwürdigen Nach-Spielzeit lagen Welten zwischen beiden Vereinen. Der VfL beendete die Saison als inoffizieller „Corona-Meister“. Kein anderes Team hatte in den neun Liga-Spielen nach der Unterbrechung besser gepunktet (18 Zähler, 13:6 Tore).

VfL Bochum bestes Team nach Corona-Pause

Der Kiezklub dagegen sammelte in dieser Spanne nur neun Punkte (8:18 Tore) und damit einen einzigen Zähler mehr als Absteiger Dynamo Dresden, das schlechteste Team nach Wiederaufnahme des Spielbetriebes.   

Vor der Corona-Unterbrechung im März hatte St. Pauli noch auf Rang elf und vier Plätze vor den Bochumern gelegen. 

St. Paulis Sebastian Ohlsson gegen Bochums Cristian Gamboa beim 0:2 am 5. Juni im Ruhrstadion.

St. Paulis Sebastian Ohlsson gegen Bochums Cristian Gamboa beim 0:2 am 5. Juni im Ruhrstadion.

Foto:

RalfIbing/firo/Pool/Witters

Das Krisenmanagement von Bochums Trainer Thomas Reis, der sein Team unter den schwierigen Bedingungen zu einer echten Einheit zusammenschweißte, sehr gut einstellte und auf den sogenannten Re-Start einschwor, war ganz offensichtlich nahezu optimal. Jenes von Luhukay dagegen katastrophal. 

Jos Luhukay nahm Re-Start-Szenario nicht ernst 

In den ersten Wochen der Spiel-Pause war der Coach sogar ziemlich naiv davon ausgegangen, dass die Saison ohnehin abgebrochen werden würde, wie in seiner Heimat, und hatte dementsprechend trainieren lassen.

Die mangelhafte körperliche Verfassung der Mannschaft nach Wiederbeginn war im Vergleich zur Konkurrenz nicht zu übersehen und sorgte nicht nur für entsprechende Leistungen und Resultate, sondern auch intern für Ärger.

St. Pauli hatte nach der Corona-Pause körperliche Defizite

Corona war aber nicht der Auslöser der Kiezklub-Krise, sondern Verstärker der Probleme. Der ohnehin schwer zu überbrückende Graben zwischen Trainer und großen Teilen der Mannschaft wurde nur noch breiter und tiefer. Zuvor mangelhafte Kommunikation kam teilweise zum Erliegen, bestehende Spannungen wuchsen zu Konflikten, die am Ende eskalierten und zum großen Knall führten, der Luhukay von seinem Trainerstuhl katapultierte und Platz machte für Schultz.

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Montag treffen sich beide Teams erneut, wieder im Ruhrstadion, diesmal vor immerhin 5000 Zuschauern. Die Bochumer wollen ihren Schwung, ihr Selbstbewusstsein und ihren Spirit des geglückten Re-Starts und der Rest-Saison in die neue Spielzeit hinübertragen. 

FC St. Pauli will Neustart, VfL Bochum anknüpfen

Der VfL will anknüpfen, weitermachen. St. Pauli will das Gegenteil. Abhaken. Neu anfangen. Mit einem Erfolgserlebnis starten. Das ist nach dem Pokal-Debakel in Elversberg besonders nötig. Bochums Coach Reis ahnt, dass die Kiezkicker „nicht mit breiter Brust zu uns kommen“, aber das sei nicht maßgebend. „Das Spiel am Montag startet bei null.“

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