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  • Fans des Bundesligisten RB Leipzig feiern die Herbstmeisterschaft.
  • Foto: imago images/opokupix

Das große Pro und Kontra: Machen Klubs wie RB Leipzig den Fußball kaputt?

RB Leipzig wird mit Millionen von Red Bull gepäppelt, der österreichische Brausehersteller hat in der Lizenzspielerabteilung des Vereins das Kommando übernommen. Was dem Klub Flügel verleiht: Die Leipziger legten die beste Hinrunde hin, begeisterten mit rasantem Angriffsfußball ihre Fans und wurden Herbstmeister. Doch genau das spaltet Fußball-Deutschland: Zwar genießen viele die Spiele der Leipziger. In den Augen anderer aber haben solche Vereine ihre Seele verkauft. Wir stellen uns die Frage: Machen Klubs wie RB Leipzig den Fußball kaputt? Die MOPO-Redakteure Mike Schlink und Frederik Ahrens beziehen Stellung – pro und kontra RB Leipzig.

Pro RB Leipzig

Von Mike Schlink

B Leipzig als Deutscher Meister? Bei der Vorstellung sehen weite Teile Fußball-Deutschlands rot! Da werden Anhänger sogenannter Traditionsvereine wild wie Stiere – weil der „Ossi-Verein“ durch Red-Bull-Millionen die Bundesliga durcheinanderwirbelt. Ein Graus für jeden Fußball-Fan? Im Gegenteil!

Die Leipziger beflügeln die Bundesliga. Mit ihrem spektakulären Offensivfußball sorgen sie für Furore in den Stadien – und für jede Menge Spannung in Deutschlands höchster Spielklasse. Warum? Weil den Leipzigern zuzutrauen ist, dass sie die Monotonie der vorzeitigen Titelgewinne durch den FC Bayern durchbrechen. Als frischgebackener Herbstmeister könnten sie allemal dazu in der Lage sein.

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Und ja, die „Bullenkraft“ hat wesentlich zu diesem Höhenflug beigetragen. Der potente Energydrink-Investor hat mit seiner Finanzspritze dafür gesorgt, dass aus einem unterklassigen Verein ein möglicher Titelaspirant geworden ist. Eine Retorten-Geschichte par excellence und nichts für Fußball-Romantiker. Doch seien wir mal ehrlich: Die Zeiten, in denen sich eine No-Name-Truppe bis ganz nach oben durchgeboxt hat, sind längst vorbei. Weil aus dem Fußball ein knallhartes Geschäft geworden ist, weil es um Millionen geht.

MOPO-Redakteur Mike Schlink

MOPO-Redakteur Mike Schlink

Foto:

Schimkus

Davon können sich auch Traditionsvereine nicht freimachen. Wo wäre denn Schalke 04 ohne die Gazprom-Millionen gelandet? Oder Borussia Dortmund ohne die Molsiris-Gnade, die eine Insolvenz Anfang der 2000er verhindert hat? Und auch der HSV hätte ohne die Kühne-Millionen seine Mannschaft wohl längst vom Spielbetrieb abmelden können. Mag kein Fan dieser „Kult-Klubs“ gerne hören – ist aber so! Sie alle erhalten Millionen durch Gönner, durch Sponsoren. Wenn RB Leipzig das Glück hatte, ebenfalls das Interesse millionenschwerer Geldgeber geweckt zu haben, dann war das für den Verein eine glückliche Fügung. Aber kein Fußball-Skandal.

„RB Leipzig ist da anders“

Außerdem: Geld allein schießt bekanntlich noch keine Tore. Der VfL Wolfsburg mag es mit vielen VW-Millionen mal zu einer Deutschen Meisterschaft gebracht haben, Bayer Leverkusen oder Hoffenheim lechzen noch immer danach – obwohl sie viel Geld für neue Spieler ausgegeben haben. Das machen die Bayern übrigens auch, geben gigantische Summen aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

RB Leipzig ist da anders. Da werden keine fertigen Stars für hohe zweistellige Millionenbeträge gekauft, da werden entwicklungsfähige Spieler verpflichtet. Wie ein Marcel Halstenberg, der von St. Pauli kam und dort zum Nationalspieler wurde. Das ist der RB-Weg – und er ist mir tausend Mal lieber als der des FC Bayern.

Mike Schlink (29) ist politischer Berichterstatter der MOPO – und HSV-Fan. In seinem Kleiderschrank hängt ein Trikot von RB Salzburg, weil sein Lieblingsspieler Thomas Linke dort einst seine Karriere ausklingen ließ.

Kontra RB Leipzig

Von Frederik Ahrens

Die Bundesliga ist so spannend wie seit Jahren nicht mehr. Kein Alleingang der Bayern. Ja. Auch ich freue mich darüber. Dass sich an der ersten Stelle aber RB Leipzig anschickt, die Vormachtstellung des Rekordmeisters infrage zu stellen, ist kein Grund zum Jubel.

Ich bin kein heilloser Fußballromantiker, kein Märchenfreund, mir ist selbstverständlich bewusst, dass das Geld die Fußballwelt regiert. Kein einziger Profiklub kommt ohne die Unterstützung von Unternehmen aus. Bei Red Bull ist die Lage aber eine andere. Red Bull ist kein Sponsor, der Brausehersteller hat die alleinige Macht über diesen Verein, und der Sinn des Konstruktes RB Leipzig besteht darin, ein gesundheitsschädliches Produkt zu vermarkten.

RB Leipzig verstößt gegen den Geist der 50+1-Regel, die den Einfluss von Investoren regulieren soll. Es verstößt gegen das deutsche Vereinsrecht, da es nur 17 stimmberechtigte Mitglieder gibt, die allesamt dem österreichischen Konzern nahestehen. Red Bull will so jeden Einfluss von außen verhindern.

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Frederik Ahrens

Foto:

MOPO/ Schimkus

Das Finanzdoping des Unternehmens verzerrt den Wettbewerb in der Bundesliga. Den Etat konnte RB Leipzig innerhalb von vier Bundesliga-Spielzeiten problemlos von 40 auf fast 100 Millionen Euro nach oben schrauben. Natürlich muss dieses Geld auch richtig eingesetzt werden. Wie viel man mit viel Kohle falsch machen kann, hat nicht zuletzt der HSV mit den Kühne-Millionen bewiesen.

Bei Fortuna Düsseldorf und St. Pauli abgeblitzt

Es ist also nicht verboten, den sportlich Verantwortlichen von RB ein Kompliment zu machen, dass sie den zur Verfügung gestellten Geldberg so sinnvoll eingesetzt haben, dass die Leipziger einen attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen. Sich aber wegen dieses Arguments mit dem Brause-Konstrukt anzufreunden, würde die Aufgabe von so vielem bedeuten, das den Fußball und seine (Fan-)Kultur auszeichnet.

Und wer nun schreit, dass doch jeder Verein die Abermillionen eines Unternehmens nehmen würde, dem darf entgegnet werden, dass das Käse ist. Red Bull hatte 2009 das Oberliga-Startrecht des SSV Markranstädt erworben, um von der fünften Liga aus den deutschen Fußball zu erobern. Zuvor aber war man abgeblitzt: bei Fortuna Düsseldorf und beim FC St. Pauli zum Beispiel. Hätten sich die Klubs damals auf die Brause-Kohle eingelassen, wären sie jetzt vielleicht Herbstmeister oder schon Champions-League-Sieger – und sie hätten ihre Seele verkauft.

Frederik Ahrens (39) ist Leiter des Sportressorts bei der MOPO. Er hofft, dass im deutschen Profifußball der Einfluss von Investoren nicht größer wird – um das wichtigste Gut zu erhalten: Fairness.

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