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  • Nicht mehr auf einer Wellenlinie: Bundestrainer Joachim Löw und DFB-Präsident Fritz Keller
  • Foto: picture alliance/dpa/Getty Images Europe/DFB

Bundestrainer-Zoff: Pikante Details schwächen Löw – und DFB-Präsident Keller

DFB. Das steht dieser Tage für Deutscher Fiasko Bund. Oder auch: Desaster, Fehlschlag, Bredouille. Der Deutsche Fußball Bund sieht verdammt schlecht aus. Wenn es das Ziel des Verbandes gewesen sein sollte, mit dem Bekenntnis zu Joachim Löw und dem Treueschwur ein Machtwort zu sprechen und die Diskussionen um den angeschlagenen Bundestrainer zu beenden, dann ist das kräftig in die Hose gegangen.

Stattdessen sickern pikante Details durch, die Löw schwächen und auch ein schlechtes Licht auf den DFB werfen, in dem offensichtlich ein Machtkampf tobt. Und dann meldet sich auch noch ein Ex-Präsident zu Wort.

Bundestrainer-Zoff: Pikante Details schwächen Löw – und Präsident Keller

Löw darf weitermachen und nach Stand der Dinge seinen bis 2022 laufenden Vertrag erfüllen. Die Mehrzahl der deutschen Fußball-Fans hätten sich laut aktuellen Umfragen dagegen eine Ablösung des Weltmeister-Machers von 2014 gewünscht und halten die Entscheidung des DFB-Präsidums für einen Fehler. 

Seit dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland steht der 60-Jährige zunehmend in der Kritik – und spätestens seit dem 0:6-Debakel wackelt sein Trainerstuhl bedenklich.

Mit dem öffentlichen Bekenntnis zum einstigen Erfolgscoach nach dem Krisen-Gipfel am Montag wollte der DFB ihn stärken.

DFB-Wirbel: Drängte Präsident Keller Löw zum Rücktritt?

„Das DFB-Präsidium hat“, so hieß es in der dünnen offiziellen Mitteilung am Montag, „einvernehmlich festgehalten, den (…) Weg der Erneuerung der Nationalmannschaft mit Bundestrainer Joachim Löw uneingeschränkt fortzusetzen.“

Wirklich „einvernehmlich“ und „uneingeschränkt“?

Ausgerechnet DFB-Präsident Fritz Keller soll einen anderen Plan verfolgt haben, der hinter den Kulissen für einen offenen Konflikt zwischen Keller und Löw und auch einen Machtkampf innerhalb des Verbandes gesorgt habe.

Joachim Löw lehnte Rücktritt ab, ist aber wie Keller geschwächt

Dreimal soll Keller Löw in den vergangenen Tagen gefragt oder gebeten haben, den bis 2022 laufenden Vertrag schon nach der EM 2021 auszulösen und zurückzutreten. Das berichtete die „Bild“. Löw soll empört reagiert und den Vorstoß als Affront und Schwächung seiner Position empfunden haben.

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Brisant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass es offensichtlich innerhalb der DFB-Führung Personen gibt, die ein Interesse daran haben, dass der Vorgang öffentlich wird, auch wenn er den Verband in einem schlechten Licht dasteht – insbesondere aber Präsident Keller. 

Der DFB-Boss ist geschwächt, denn Löw ist aus diesem Konflikt als Sieger hervorgegangen, wenngleich auch die Autorität des Bundestrainers durch die Indiskretionen neuerlich Schaden genommen hat, weil sie die öffentliche Diskussion wieder befeuern.

Keller fand keine Mehrheit im DFB-Präsidium

Keller konnte sich mit seinem Plan, dass Löw nach der EM „freiwillig“ zurücktritt, intern nicht durchsetzen. Seine Präsidiumskollegen waren nicht überzeugt, schon gar nicht davon, diesen Schritt ein halbes Jahr vor dem Turnier anzukündigen. Löw wäre dann eine Art „Lame Duck“ auf der Trainerbank gewesen, die Gefahr eines massiven Autoritätsverlustes groß.

Der frühere DFB-Präsident Reinhard Grindel

Der frühere DFB-Präsident Reinhard Grindel.

Foto:

imago images/Bernd Müller

Unterdessen hat Kellers Vorgänger Reinhard Grindel in einem Interview erklärt, dass sich der DFB eine vorzeitige Trennung von Löw finanziell durchaus leisten könne und damit der These widersprochen, dass der DFB aus finanziellen Gründen am Bundestrainer festhält.

Reinhard Grindel: DFB kann sich Löw-Trennung finanziell leisten

Kein Außenstehender kenne den Vertrag von Joachim Löw. „Deshalb sollte niemand die Behauptung aufstellen, der DFB könne sich schon aus wirtschaftlichen Gründen eine Trainerentlassung nicht leisten“, erklärte Grindel in einem Interview mit Sport1 und nannte diese Argumentation „abwegig“.

Grindel, der im April 2019 als DFB-Boss hatte abdanken müssen, weil er eine Luxus-Uhr als Geschenk angenommen und sich Korruptionsvorwürfen ausgesetzt gesehen hatte, kritisiert wiederum die amtierende DFB-Führung für ihr Krisenmanagement in der Bundestrainer-Debatte.

Grindel erklärt Vertragsverlängerung für Löw und Bierhoff  

Das DFB-Präsidium habe zwei Wochen nach der Spanien-Blamage „nahezu wortgleich verlauten lassen, was Oliver Bierhoff schon eine Viertelstunde nach Spielschluss in Sevilla gesagt hat“, so Grindel. „Insofern irritiert mich nicht das Bekenntnis zu Joachim Löw, sondern eine zweiwöchige Debatte beim DFB, aus der alle Beteiligten nicht gerade gestärkt hervorgehen.“  

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Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff (l.) und Bundestrainer Joachim Löw.

Foto:

imago images/Geisser

Es war übrigens Grindel, der kurz vor der WM 2018 die Verträge mit Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff (bis 2024) und Joachim Löw (bis 2022) ausgehandelt und verlängert hatte.

„Es war keine Entscheidung im Alleingang“, versichert Grindel. Präsidium und Präsidialausschuss seien eingebunden gewesen. „Ich stehe zu dieser Vertragsverlängerung.“

Grindel: Neuer Vertrag für Löw statt „Misstrauensvotum“

Pikant: Grindel räumt ein, dass externe Gründe zur Vertragsverlängerung von Löw geführt haben, denn diese Thematik sei an die fällige Vertragsthematik bei Bierhoff gekoppelt gewesen. 

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„Unsere Sorge im Frühjahr 2018 war deshalb: Schließen wir nur einen langfristigen Vertrag mit Oliver Bierhoff ab, schaut kein Mensch darauf, dass sich seine Rolle verändert hat. Stattdessen wäre es als Misstrauensvotum wahrgenommen wurden, wenn wir zusätzlich nicht mit dem Trainerteam verlängert hätten“, erklärt Grindel. „Eine solche überflüssige Debatte vor der WM wollten wir nicht.“

Darum bekam Löw keinen Vertrag bis 2024 wie Bierhoff

War Löws neuer langfristiger Vertrag also in erster Linie aus taktischen Erwägungen und nicht aus voller Überzeugung zustande gekommen?

Auf die Frage, warum die Laufzeit von Löws Kontrakt anders als in der Vergangenheit nicht an die des Nationalmannschafts-Direktors gekoppelt worden war, antwortete Grindel: „Diese Laufzeit erschien uns zu groß.“ Man habe den Eindruck verhindern wollen, Löw erhalte einen „Rentenvertrag.“

Löw-Zukunft hängt von der EM 2021 ab

Ob Joachim Löw seinen Vertrag bis 2022 tatsächlich erfüllen wird, hängt ganz von den Resultaten in den nächsten Monaten und nicht zuletzt bei der EM 2021 ab. 

Der Schaden ist schon jetzt enorm. In den letzten zwei Wochen haben alle Beteiligten verloren. Löw muss die Nationalmannschaft im kommenden Sommer wohl mindestens ins Halbfinale führen, am besten aber den EM-Titel holen, damit aus diesem unwürdigen Spiel noch jemand als Sieger hervorgeht – oder sich zumindest als ein solcher fühlen kann.

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