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  • Das Volksparkstadion des HSV
  • Foto: WITTERS

Bundesliga im Mai?: Kommentar: Lasst Geisterspiele zu! Es ist die letzte Chance

Die Corona-Krise hat das öffentliche Leben in Hamburg, Deutschland und der Welt lahmgelegt. Sogar „König Fußball“ musste seine Regentschaft unterbrechen. Doch die Macher der 1. und 2. Bundesliga hoffen, die Saison ab Anfang Mai mit Geisterspielen ohne Fans irgendwie zu Ende bringen zu können. Wegen der ansonsten ausbleibenden TV-Gelder drohe diversen Klubs das finanzielle Aus, so die Befürchtung der DFL. Sollte ein solcher Sonderweg erlaubt werden? Lars Albrecht, stellvertretender MOPO-Sportchef, kommentiert.

Erwachsene Kinder dürfen ihren kranken Eltern nicht besuchen, manche Arbeitgeber können Gehälter nicht mehr bezahlen – und die feinen Herren Fußball-Profis wollen trotz Corona doch bitte wieder kicken? Klar, auf den ersten Blick erscheint das Vorhaben der DFL, im Mai wieder Spiele auszutragen, absurd bis unverschämt.

Lars Albrecht (37) ist stellvertretender MOPO-Sportchef

Lars Albrecht ist stellvertretender MOPO-Sportchef

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hfr

Und um es klar zu sagen: Sollte die Politik diesem Sonderweg zustimmen, muss zwingend gewährleistet sein, dass dadurch kein finanzieller und vor allem kein gesundheitlicher Schaden (Stichwort Corona-Tests) für andere entsteht. Dafür muss die gegründete „Task Force“ unbedingt sorgen.

Corona-Krise: Bundesliga-Klubs haben keine Reserven

Dann – und nur dann – bin ich dafür, die Saison doch noch regulär zu beenden. Denn dafür gibt es durchaus plausible Argumente. Ein Hauptgrund neben der fairen Entscheidung über Meisterschaft, Auf- und Abstieg entlarvt das völlig aus dem Ruder gelaufene Profifußball-Geschäft: Obwohl Ablösesummen von bis zu 222 Millionen Euro für einen Spieler (!) gezahlt werden, obwohl selbst unterdurchschnittliche Kicker Millionengehälter kassieren (Grüße auch an den HSV), haben die meisten Vereine in Europa keinen müden Cent zur Seite gelegt!

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Dieter Hecking gibt beim HSV-Gruppentraining im Volkspark Anweisungen.

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Allein in Deutschland soll 13 Profi-Klubs die Insolvenz drohen, wenn die TV-Gelder nicht wie geplant fließen. Ein Armutszeugnis!

Insolvenzen: Mitarbeiter und vor allem Fans wären die Verlierer

Das Mitleid hält sich da natürlich in engen Grenzen. Doch das komplette Verschwinden eines FC Schalke 04 würde dann wohl außer ein paar Dortmundern kein Fußball-Anhänger begrüßen. Die Stadt Gelsenkirchen würde in diesem Beispiel einen zuverlässigen Steuerzahler verlieren. Und während Trainer, Funktionäre und Spieler sicher schnell neue Jobs finden würden, blieben zurück: der plötzlich arbeitslose „normale“ Mitarbeiter und der treue Fan, der den Verein nicht einfach wechseln kann und will.

So sah es beim bislang einzigen Geisterspiel in der Bundesliga zwischen Mönchengladbach und Köln aus.

So sah es beim bislang einzigen Geisterspiel in der Bundesliga zwischen Mönchengladbach und Köln aus.

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Überhaupt wird mir aktuell viel zu wenig über die Zuschauer gesprochen. Das zeigt, dass Ticket-Einnahmen nur noch einen überschaubaren Posten im Jahresbudget eines Profiklubs darstellen. TV-Geld regiert die Fußball-Welt.

Fans sind im Fußball das kostbarste Gut!

Dennoch, die Profis werden für den Fall der Wiederaufnahme der Saison mit Geisterspielen schmerzlich zu spüren bekommen, wie bedeutend Fans eigentlich sind. Kein Jubel bei Toren, kein Anfeuern in kritischen Phasen, keine Gänsehaut-Momente. Sie werden sich (hoffentlich) daran erinnern, dass sie nicht nur wegen der Kohle Fußballer geworden sind, sondern weil dieser Sport so viel mehr geben kann. Weil man dieses Gefühl, vor 50.000 Fans den Ball in den Winkel zu zimmern, nicht ersetzen kann.

Bundesliga im TV: Das kann in Corona-Zeiten helfen

Die Fans wiederum könnten ihr Team – wenn auch nicht im Stadion – zumindest wieder im TV verfolgen, sich zu Hause über Tore und Siege freuen oder über Fehler und Pleiten so richtig schön aufregen. Corona-Sondersendungen und Sport-Wiederholungen haben alle so langsam genug gesehen. Frischer Fußball auf dem Bildschirm, das wäre für viele ein Lichtblick in der so trüben Zeit.

Der MOPO-Sportchef Frederik Ahrens sieht die Sache anders. Lesen Sie hier sein Contra: Keine Geisterspiele ab Mai!

Um der Romantik an dieser Stelle die Krone aufzusetzen: Vielleicht, ganz vielleicht, merken die Macher im Fußball bei dieser allerletzten Chance, was sie in den vergangenen Jahren mit ihrem Millionen-Wahn angerichtet haben. Und dass es ganz sicher auch drei, vier Nummern kleiner geht.

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