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Frau und Kind auf einer Skipiste
  • Die Familien-Erlebniswiese „Fischbacher“ mit Zauberteppich und Tellerlift in Großarl ist für Kinder und Erwachsene kostenlos
  • Foto: TVB Großarltal

Nachhaltiger Skiurlaub? Dieser Ort hat eine Lösung gefunden

Nachhaltigkeit und Skitourismus – das passt einfach nicht zusammen. Oder doch? Im österreichischen Urlaubsort Großarl haben die Bewohner eine Lösung gefunden. Beste Gelegenheit, den Winterurlaub der Zukunft schon mal in den Hamburger Skiferien vom 18. bis 28. März auszuprobieren.

Neue Bergbahn

Ein sanfter Ruck und die Gondel der neuen Kieserlbahn bleibt stehen. Zeit, den Blick durch die Panoramafenster schweifen zu lassen, auf die schneebedeckten Bäume unterhalb der Gipfelstation vom Kieserl (1954 m) im Salzburger Land, auf die Piste, wo Skifahrer in der Wintersonne gen Tal schwingen. Und auf ein paar Baumstümpfe in der Lifttrasse. Christoph Eisinger, Managing Director des österreichischen Wintersport-Verbundes Ski amadé (25 Skiorte, 760 Pistenkilometer), greift zum Smartphone und fragt „den Sepp“ vom Bergbahn-Personal, was los sei. Es gehe gleich weiter, so die Antwort, eine Tür schließe nicht korrekt und so habe die Technik sich kurzerhand abgeschaltet.

Die neue Kieserlbahn im Großarltal TVB Großarltal
KIeserlbahn
Die neue Kieserlbahn im Großarltal

Auf Wolke 7

Ob sich ein Kieserl, ein kleiner Stein, festgeklemmt hat? Unklar. Auf jeden Fall reichten ein paar Kieserl nicht für das größte Ausbauprojekt von Ski Amadé in der Saison 2023/24. Im Großarltal, 70 Kilometer südlich von Salzburg, wurden rund 70 Millionen Euro investiert, in die neue 10er-Gondelbahn, Pisten, Skiwege und das Design-Gipfelrestaurant „Wolke 7“. Es ist ein Quantensprung für mehr Komfort inklusive direkter Anbindung nach Dorfgastein, ein Schwung für die Skischaukel, die schon etwas gequietscht hat. Jetzt ist Großarl mit 70 Kilometer schneesicheren Pisten bis Ostern (vorwiegend leicht und mittelschwer), der kostenfreien Ski-Kinderwiese Fischbacher und Extra-Angeboten wie „Skikeriki“ für Genießer frisch gespurter Abfahrten attraktiver. Aber ist so ein Projekt vertretbar in Zeiten des Klimawandels? Kann eine solche Expansion nachhaltig sein?

Ganz neu: Das Design-Gipfelrestaurant Wolke 7 mit Blick auf die Hohen Tauern. Silvia Stammer/hfr
Wolke 7
Ganz neu: Das Design-Gipfelrestaurant Wolke 7 mit Blick auf die Hohen Tauern.

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Langfristig statt kurzlebig

Für Thomas Wirnsperger, Tourismuschef in Großarl, beginnt die Debatte schon bei der Definition: „Reden wir über Nachhaltigkeit unter ökologischen Aspekten oder auch mit Blick auf soziale und wirtschaftliche Folgen?“ Nachhaltig sei etwas nur, wenn es sich langfristig trägt. Das betreffe die Diskussion über Skipasspreise – die Tagestickets haben in Ski Amadé wie andernorts inzwischen die 70-Euro-Grenze durchbrochen – ebenso wie die Lebens- und Arbeitsperspektive für die Bevölkerung. 

Thomas Wirnsperger (l.), Direktor des Tourismusverband Großarltal, und Christoph Eisinger, Managing Director von Ski Amadé Silvia Stammer/hfr
Skifahrer
Thomas Wirnsperger (l.), Direktor des Tourismusverband Großarltal, und Christoph Eisinger, Managing Director von Ski Amadé

Energieautark

Und wie ist das mit den abgeholzten Stellen unter der Kieserlbahn? „Das betrifft nur einen kleinen Teil der oberen Trasse“, so Wirnsperger. Bis zur Mittelstation laufen die neuen Gondeln dort, wo früher die alte Hochbrandbahn fuhr. Die wird auf der Fageralm bei Schladming aufgebaut. Bemerkenswert, denn das Wiederaufstellen alter Lifte im Alpenstaat gilt als behördlich mühsam. Doch die Großarler Bahn war technisch noch zu gut, um sie wie sonst üblich nach Osteuropa zu verscherbeln. Für die Piste wurde eine bestehende Skifahrer-Variante der Roslehenalm genutzt. Allein 1,5 Millionen Euro flossen in ökologische Ausgleichsmaßnahmen, vor allem für den heimischen Auerhahn, Europas größten Hühnervogel. Wasser für die Beschneiung gebe es genug, etwa durch die Großarler Ache, so Wirnsperger, und die Tage mit Minustemperaturen seien in den nächsten 25 bis 50 Jahren ausreichend. Durch 13 Wasserkleinkraftwerke und ein Biomassefernheizwerk sei das Großarltal energie-autark: „In Summe produzieren wir mehr Strom als wir verbrauchen.“

Getestet und für gut befunden: Autorin Silvia Stammer frühmorgens auf der Skipiste. Stammer/hfr
Autorin
Getestet und für gut befunden: Autorin Silvia Stammer frühmorgens auf der Skipiste.

Anreise mit der Bahn

Also alles gut? Der Gegenwind durch Tourengeher, die die Roslehenalm gerne weiter genutzt hätten, war wohl hoch, heißt es im Ort. Doch letztlich steht die Mehrheit der 3600 Einheimischen hinter dem Projekt: 35 Millionen Euro wurden bei rund 150 örtlichen Privatleuten und Unternehmern eingesammelt, etwa bei Hermann und Tina Neudegger vom „Nesslerhof“. Gegenüber von der Kieserlbahn haben sie ihr großzügiges Lifestyle-Hotel mit XXL-Wellness-Bereich und exquisiter Küche noch einmal ausgebaut. Fünf Sterne sind in Sichtweite. Die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern, die drei Teenager-Töchter sind nicht nur bei Skirennen ehrgeizig.

Bleibt die Frage: Ist Skifahren überhaupt noch ohne schlechtes Gewissen möglich? Ja, sofern man möglichst emissionsfrei mit der Bahn anreist, z.B. von Hamburg bis St. Johann im Pongau in rund 8,5 Stunden.

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