Großer Platz in Rendsburg - der Schiffbrückenplatz
  • Der Schiffbrückenplatz war früher ein Hafen.
  • Foto: Peter Lühr/hfr

Heimatbesuch: Nur Langeweile in Rendsburg? Von wegen!

Rendsburg – mitten in Schleswig-Holstein gelegen – ist meine Heimat. Genauer: Büdelsdorf. Doch zwischen beiden Städten ist der Übergang fließend und ein heimliches Gesetz sagt: In Büdelsdorf wohnt man, in Rendsburg spielt sich das Leben ab. Als ich letztens durch Rendsburg spazierte und ein paar Fotos auf meinem Instagram-Kanal postete, ließen die ersten Reaktionen nicht lange auf sich warten: Was willst du denn hier? Hier ist doch nichts los! Rendsburg ist tot! Das mag vielleicht mancher Rendsburger so sehen und doch wird es der Stadt am Nord-Ostsee-Kanal nicht gerecht.

Rendsburg ist – und das hat die Stadt mit Hamburg gemeinsam – von Wasser umgeben. Im 12. Jahrhundert wurde die Siedlung auf einer Insel im Fluss Eider gegründet. Aber schon vorher bauten die Dänen eine Burg zur Sicherung der Flussquerung an dieser Stelle: die Reinholdsburg, daher der Name Rendsburg. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Nord-Ostsee-Kanal eingeweiht, der ebenfalls durch Rendsburg führt und der Stadt mittlerweile sogar zwei Binnenhäfen und eine richtige Attraktion beschert. Doch dazu später mehr.

Mit der „blue line“ durch die Stadt

Rendsburg lässt sich sehr gut zu Fuß erkunden. Mittels der „blue line“ kann man auf eigene Faust auf eine Entdeckungsreise durch die Innenstadt gehen. Die blaue Linie ist ein 3,2 Kilometer langer Rundkurs und führt vorbei an 30 Kultureinrichtungen und Sehenswürdigkeiten. Eine Beschreibung der einzelnen Punkte bekommt man in der Touristinformation am Altstädter Markt mitten in der Innenstadt im Alten Rathaus. Hier startet auch der Rundkurs, wobei man sich natürlich nicht an die Reihenfolge halten muss.

Blick vom Alten Rathaus in Richtung Marienkirche. Stefan Fuhr
Blick vom Alten Rathaus in Richtung Marienkirche.
Blick vom Alten Rathaus in Richtung Marienkirche.

Das älteste Bauwerk der Stadt ist die Marienkirche gleich neben dem Alten Rathaus. Sie stammt aus dem Jahr 1621. Am Schiffbrückenplatz legten bis 1893 noch Schiffe an, die Waren über die Eider transportierten. Doch mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals fiel der Grundwasserspiegel derart ab, dass weite Teile der Wasserflächen und Häfen in Rendsburg trockenfielen. Einige Straßennamen wie z. B. Mühlengraben erinnern an die alte Zeit. Am Schiffbrückenplatz stehen noch Häuser, die aus dem 17. Jahrhundert stammen. Hier beginnt auch die Hohe Straße, die kleine, aber feine Einkaufsstraße der Stadt.

Viel Grün am Stadtpark. Im Hintergrund das weiße Stadttheater. Peter Lühr/hfr
Blick vom Stadtpark in Richtung des Stadttheaters in Rendsburg
Viel Grün am Stadtpark. Im Hintergrund das weiße Stadttheater.

Hinrichtungen auf dem Paradeplatz

Überall in der Stadt findet man noch Häuser aus vorigen Jahrhunderten. Rund um den Paradeplatz – vor allem auch im Stadtteil Neuwerk. Hier wurden und werden die Häuser liebevoll restauriert. Der Paradeplatz war früher der Mittelpunkt der Festung. Die umliegenden Straßen führen alle auf ihn zu und spiegeln in ihren Namen die Sitzordnung an der Tafel des dänischen Königs wider. Mitten auf dem Platz findet man einen Gedenkstein. Er erinnert an die letzte Hinrichtung mit dem Schwert an dieser Stelle.

Geht man vom Paradeplatz ein Stückchen durch den Skulpturen-Park stößt man auf das Kulturzentrum „Hohes Arsenal“. Hier sind unter anderem Museen untergebracht. Auf meiner Liste ganz oben steht das im vergangenen Jahr komplett neu gestaltete historische Museum. Mit modernster Technik kann man hier in die Stadtgeschichte von Rendsburg oder den Bau des Nord-Ostsee-Kanals eintauchen. Selbst aktiv wird der Besucher an Mitmachstationen. Spannend. Bei meinem letzten Rendsburg-Besuch hatte das Museum wegen Corona noch geschlossen, ist jetzt aber wieder geöffnet.

Altes Fachwerkhaus am Paradeplatz mit Blick in die Königstraße Peter Lühr/hfr
Ein Fachwerkhaus in Rendsburg
Altes Fachwerkhaus am Paradeplatz mit Blick in die Königstraße

Die eiserne Lady über dem Nord-Ostsee-kanal

Wer Rendsburg besucht, muss einfach einen Abstecher an den Nord-Ostsee-Kanal machen. Nicht nur, dass man am Kreishafen im „Eisstübchen“ das vermutlich beste Eis der Stadt schlecken kann, es gibt mit der Eisenbahnhochbrücke auch noch ein richtiges Denkmal. Kurz nach Fertigstellung des Nord-Ostsee-Kanals wurde die „Eiserne Lady“ eingeweiht. Sie trägt die Eisenbahnlinie Hamburg–Flensburg. Unter der Brücke schwebt – normalerweise – ein weiteres Unikat: die Schwebefähre. Eigentlich. Denn nach einem spektakulären Zusammenstoß mit einem Schiff musste die Fähre verschrottet werden. In diesem Sommer aber soll der Neubau in Rendsburg ankommen und dann wieder mit Radfahrern, Autos und Fußgängern über den Kanal schweben. (Update: Start ist geplant für Ende Februar 2022) Wie alle Fähren über den Kanal ist auch dieser „Flug“ kostenlos.

Direkt unter der Eisenbahnhochbrücke werden Schiffe an der Schiffsbegrüßungsanlage mit Hymne und Flaggengruß willkommen geheißen. Stefan Fuhr
Ein Schiff fährt auf dem Nord-Ostsee-Kanal unter der Rendsburger Eisenbahnhochbrücke
Direkt unter der Eisenbahnhochbrücke werden Schiffe an der Schiffsbegrüßungsanlage mit Hymne und Flaggengruß willkommen geheißen.

In Rendsburg werden Schiffe begrüßt

Direkt neben der Eisenbahnhochbrücke gibt es die einzige Schiffsbegrüßungsanlage am Nord-Ostsee-Kanal. Am Restaurant „Brückenterrassen“ wird jedes Schiff mit der Nationalhymne und einem Flaggengruß willkommen geheißen. Bei bestem Wetter machen es sich die Besucher auf der großen Terrasse gemütlich und lauschen den Erklärungen der Schiffsbegrüßer, während die Schiffe zum Greifen nah vorüberziehen. Es ist übrigens immer etwas los auf dem Kanal, denn er ist die meistbefahrene künstliche Seewasserstraße der Welt! Da können selbst der Panama- oder Suezkanal einpacken. Eine Webcam auf den Nord-Ostsee-Kanal gibt es hier: www.brueckenbote.de

Einen Tipp zum Schluss für Kunstliebhaber. Jedes Jahr findet auf dem Gelände der ehemaligen Eisengießerei „Carlshütte“ in Büdelsdorf die NordArt statt, eine der größten zeitgenössischen Kunst- und Skulpturenausstellungen Europas. Mehr als 200 Künstler zeigen ihre Videos, Skulpturen und Installationen in den Hallen der „Carlshütte“ und im angrenzenden großen Park. Die NordArt beginnt am 4. Juni 2022 und bleibt dann bis zum 9. Oktober für Besucher geöffnet. Mehr Infos: www.nordart.de
Ja, wer in Rendsburg lebt, mag das alles „langweilig“ finden. Ich allerdings schlendere gerne durch meine Heimatstadt.

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