Roman Knižka

TV- und Bühnenstar Roman Knižka spricht über Demokratie, politisches Engagement und Polizeiwagen, die vor der Halle stehen. Foto: picture alliance / AAPimages

TV- und Bühnenstar: „Wir müssen aus unserer Vergangenheit lernen“

Roman Knižka zählt zu den beliebtesten Film- und Fernsehschauspielern Deutschlands. Doch sooft es ihm die Dreharbeiten erlauben, geht er auf Bühnen-Tour – in „künstlerischer Symbiose“ mit dem Bläserquintett Opus 45. Das Ensemble vereint Musikerinnen und Musiker der Staatsoper, der NDR Radiophilharmonie Hannover und des Beethoven Orchesters Bonn. Mit ihrem aktuellen Programm „Dass ein gutes Deutschland blühe ​…“ – gastieren sie – auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung – jetzt wieder einmal in Hamburg.

MOPO: Sie sind mit sehr besonderen Veranstaltungen auf Deutschland-Tour. Was hat es mit diesen musikalischen Lesungen etwa zum Krisenjahr 1923, zu jüdischem Leben, 76 Jahre Grundgesetz oder – ganz aktuell – zum Kriegsende auf sich?

Roman Knižka: Bei all diesen Programmen geht es darum, den Menschen bewusst zu machen, dass die Demokratie, in der wir heute leben dürfen, eine Errungenschaft ist. Und Errungenschaften fallen einem nicht in den Schoß – sie mussten erkämpft werden und haben Opfer gekostet. Als zweifacher Vater ist es mir ein echtes Herzensanliegen, insbesondere jungen Menschen die Vergangenheit nahezubringen. Eine gute Zukunft wird es nur geben, wenn demokratische Werte als das erkannt und geschätzt werden, was sie sind: unverzichtbare Grundlagen unseres Zusammenlebens. Dazu möchten die Musiker und ich unseren Beitrag leisten.

Was erwartet denn das Publikum?

Wir nehmen es mit auf kleine Reisen – entführen an verschiedene Orte und in unterschiedliche Zeiten. Durch das Zusammenspiel von Texten, Musik und szenischer Darstellung versuchen wir, das Lebensgefühl und die Stimmungen der jeweiligen Epoche spürbar zu machen. Ich führe dabei durch die Geschichte, trage literarische Texte vor, zitiere Zeitdokumente und schlüpfe in die Rollen ganz unterschiedlicher Zeitzeugen. So entstehen innere Bilder – Kopfkino, wenn Sie so wollen – und emotionale Momente, die nachwirken.

Roman Knižka zusammen mit den Musiker:innen von Opus 45 auf der Bühne picture alliance / AAPimages | MATTHIAS WEHNERT
Roman Knižka zusammen mit den Musiker:innen von Opus 45 auf der Bühne.
Roman Knižka zusammen mit den Musiker:innen von Opus 45 auf der Bühne

Steckt hinter Ihrer Beschäftigung mit der Vergangenheit die Angst vor einer Wiederholung der Geschichte?

Absolut. Für mich beginnt das Übel schon beim Umgangston, der heute im Parlament herrscht. Dort sitzen Menschen – und ich meine damit vor allem Vertreter aus dem rechten Lager –, die sich eines haarsträubenden Jargons bedienen. Strauß, Brandt, Wehner, Schmidt oder auch Joschka Fischer waren gewiss keine Kinder von Traurigkeit, aber was sich heute manche Politiker erlauben, ist einfach nur widerlich. Verrohung beginnt nicht mit Taten, sondern mit Worten.

Wie ist es, wenn Sie zum Beispiel in Ostdeutschland auftreten – müssen Sie mit Störungen rechnen, entbrennen da hitzige Diskussionen?

Im Hinblick auf hitzige Diskussionen: leider nein. Vertreter extremer Parteien bleiben in der Regel fern. Stattdessen kommt es immer wieder vor, dass bei Auftritten in Ostdeutschland Polizeiwagen vor der Tür stehen. Veranstalter oder Lokalpolitiker informieren vorsorglich die Behörden, sobald sie erfahren, mit welchen Inhalten wir unterwegs sind. Unser erstes Programm, das sich mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus befasst, trägt den Titel „Den Nazis eine schallende Ohrfeige versetzen!“ Wenn wir damit im Osten gastieren, steht nicht selten ein Mannschaftswagen bereit. Einmal mussten wir das Programm sogar umbenennen, weil ein Intendant ein Problem mit der „Ohrfeige“ im Titel hatte. Für diesen Abend hieß es dann – in Anlehnung an Kurt Tucholsky – „Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft ​…“ Gegen Küssen kann schließlich niemand etwas sagen.

Das klingt nach sehr intensiven Abenden.

Gerade bei Konzerten in Sachsen frage ich mich oft, was eigentlich in meiner Heimat passiert ist. Die Schuld an allem, was schiefläuft, auf ausländische Mitbürger abzuwälzen, empfinde ich als zutiefst beschämend. Wir wollen mit unseren Konzerten Mut machen für ein vielfältiges, offenes Leben. Und dafür braucht es Freiheit und Toleranz, Rücksicht und Respekt.

Stichwort buntes Leben. Ist der Balanceakt zwischen Aufklärung und Unterhaltung nicht ganz schön anstrengend?

Ist er. Aber mal ehrlich, Romanzen, die ich auch hin und wieder drehe, brauchen wir alle mal fürs Seelenheil. Und ich stehe dafür sehr gern vor der Kamera. Aber ich brauche dazu ein Gegengewicht. Wie meine Eltern – meine Mutter war Sängerin, mein Vater Tänzer – war auch ich auf der Suche nach einer eigenen Ausdrucksform, nach einer Geschichte, die wirklich meine ist. Die Geschichten aber, die ich heute gemeinsam mit fünf großartigen Musikern erzählen darf, sind eben keine erfundenen. Sie sind Teil unserer Geschichte – und aus ihr müssen wir lernen. „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen ​…“ – mit diesem Zitat des Autors und Holocaust-Überlebenden Primo Levi ist eines unserer Programme überschrieben. Levi formulierte diese Warnung bereits 1986 – und sie ist heute aktueller denn je.

Dreieinigkeitskirche St. Georg: 23.5., 19-21 Uhr: „Die Würde des Menschen ist unantastbar …“ (zu 76 Jahre Grundgesetz); 24.5., 19-21 Uhr: „Dass ein gutes Deutschland blühe …“ (zu 80 Jahre Kriegsende), St. Georgs Kirchhof 3, Eintritt frei

Der Plan7 vom 23. Mai 2025 MOPO
Plan7 vom 23. Mai
Der Plan7 vom 23. Mai 2025

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