Die Schauspielerinnen Ines Nieri und Birgit Welink während einer Szene des Stücks
  • Sechs Menschen spielen mehr als 20 Rollen, darunter auch Ines Nieri und Birgit Welink (v.l.).
  • Foto: Oliver Fantitsch

Mal schrill, mal berührend: Neues Stück am Ernst-Deutsch-Theater

Es ist eine gewaltige Geschichte – so gewaltig, dass drei Hamburger Privatbühnen die gesamte „Odyssee“  gemeinsam erzählen: in drei Folgen, die im Laufe der Spielzeit an ihren Häusern gezeigt werden.

Der Irrfahrt erster Teil läuft jetzt am Ernst-Deutsch-Theater. Frei nach dem Klassiker von Homer heißt es „Odyssee oder das Kalypsotief“. Regisseurin Johanna Louise Witt inszenierte das mit aktuellen Anspielungen und Zitaten gespickte Stück mit sechs hinreißend spiel- und wandlungsfreudigen Darstellern in mehr als 20 Rollen.

„Odyssee oder das Kalypsotief“: Eine Fantasiereise durch Zeit und Raum

Es ist eine Welt, in der es drunter und drüber geht. Vergangenheit und Gegenwart kreuzen sich. Schrille Szenen voller Klamauk und grotesker Gags lassen das Publikum laut auflachen. Tragische Momente, in denen die uralte Geschichte von Krieg, Flucht und Vertreibung fortlebt, stimmen nachdenklich, berühren.

Mit Aufblas-Flamingo auf der Bühne: Ines Nieri und Rune Jürgensen. Oliver Fantitsch
Ines Nieri steht in Tüllkleid und mit einem Aufblas-Flamingo neben Rune Jürgensen, der einen Fell-Mantel trägt.
Mit Aufblas-Flamingo auf der Bühne: Ines Nieri und Rune Jürgensen.

Gefangen im ewigen Kreislauf von Rache und Vergeltung sind die Menschen, aber auch die göttlich schräge Schar der Olympier. Abgehoben thronen sie auf ihren Gesteinsbrocken und streiten wie moderne Politiker über Klimaschutz und CO₂-Emissionen. Die blumenbekränzte Demeter will weg von fossilen Systemen, Hephaistos (Yann Mbiene) dagegen fürchtet um den Herrscherblitz bei „Flatterstrom“. Und die drohende Prophezeiung vom aufkommenden Monotheismus? Für die Götter nichts als eine Lachnummer. Opfer bringen die Menschen, um die sich Göttervater Zeus auch noch kümmern muss – obwohl er sich schon jetzt an manche Namen nicht erinnern kann.

Der Klassiker „Odysee“ neu erzählt

Troja ist bereits gefallen. Doch Odysseus (Julian Kluge), in seiner Heimat als Kriegsheld verehrt, findet nicht zurück. Daheim hält Penelope (eindringlich: Ines Nieri) dem Gatten tapfer die Treue. Tochter Telemake (Birgit Welink) macht sich auf die Suche nach dem Vater. Sie folgt seiner Spur der Verwüstung, trifft auf traumatisierte Kriegsopfer und steht schließlich einem ihr fremd gewordenen Mann gegenüber, der ihr Heldenbild ins Wanken bringt.

„Wie kommen wir aus diesem Albtraum wieder heraus?“, fragt Telemake am Schluss des mit den Mitteln der Fantasie entfesselten Wahnsinns. Die Antwort muss nach dieser bunt schillernden Vorstellung jeder in sich selbst suchen. (bs)

Ernst-Deutsch-Theater:  bis 6.10., div. Zeiten, 24-44 Euro, Tel. 22701420, ernst-deutsch-theater.de

Der Plan 7 vom 27. September 2024 MOPO
Der Plan 7 vom 27. September 2024
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