Köstlicher Abend mit einem Despoten: „Der-50-Dollar-Diktator“ im Schmidt-Theater
„Man muss wachsam sein. Es fängt immer mit Leuten an, die das Richtige tun wollen. Und ratzfatz steckt man knietief in einer Demokratie.“ Es sind Sätze wie dieser, die das Publikum bei der Uraufführung von „Der 50-Dollar-Diktator“ im Schmidt-Theater laut auflachen lassen. Dem Stück mangelt es nicht an Absurditäten, die schon bei der Idee anfangen: Diktator trifft auf „Gutmensch“, der eben jenem aus Versehen an die Macht verholfen hat.
Gerade noch hat Cornelius von der Waidt (Robin Brosch) gegen Wohambe Wahumbe, Alleinherrscher von Malumbo, demonstriert, da klingelt es – und eben jener Diktator steht vor der Tür. Er bittet um eine Bleibe für die Nacht, denn es stellt sich heraus: Er ist der ehemals kleine Wohambe, den Cornelius mit einer 50-Dollar-Patenschaft unterstützt hat. Nun will Wohambe (Hans-Jürgen Helsig) seinen „Papa“ kennenlernen und ihm danken.
Absurd-komisches Theater
Es prallen zwei Welten aufeinander, was sich in urkomischen Dialogen und Situationskomik entlädt. So will etwa Wohambe sein dreieckiges Land wieder viereckig machen und hat ein sehr bekanntes Kinderlied zur malumbischen Nationalhymne gemacht. Von-der-Waidt-Tochter Elena (Elena Zvirbulis) freut sich diebisch, als ihr Patenbruder ihr Konzertkarten für einen Gangster-Rapper besorgt, dessen frauenfeindliche Texte Cornelius Schnappatmung bescheren. Dieser hingegen redet sich immer mehr in Rage (brillant gespielt von Robin Brosch!) und ruft Sätze wie: „Ich bin gegen Diktatoren jeder Couleur! Das ist doch das Gegenteil von Rassismus!“

Running Gag ist Nachbar Apfelbaum, den Veit Schäfermeier grandios verkörpert, wenn er sich aufregt, dass so viel (und zu früh!) geschossen wird. Egal, ob schweigend am Abendbrottisch oder hektisch die Wohnung aufräumend: Auch Carolin Spieß spielt ihre Rolle der Ehefrau Sabine von der Waidt herausragend.
Standing Ovations bei Premiere

Das Schmidt-Theater hat mit diesem Stück von Tommy Jaud und Moritz Netenjakob ein Experiment gewagt. Sprechtheater statt Musical. Das funktioniert dank der enormen Dichte von Witzen, Situationskomik und Gags, kombiniert mit der großartigen Schauspielleistung, richtig gut.
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Am Ende gab es bei der Premiere völlig zu Recht Standing Ovations. Sieht ganz so aus, als habe das Schmidt einen neuen Publikumsliebling.
Schmidt-Theater: bis 15.11., Mi 19.30 Uhr, Do 18.30 Uhr, Fr und Sa 19 Uhr, So 18 Uhr, ab 30 Euro, Tel. 31 77 88 99, tivoli.de

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