Vier Schauspieler stehen mit einer roten Flagge auf der Bühne.

Jede und jeder aus dem Ensemble wird auf der Bühne mal zum Intriganten Diederich Heßling. Foto: Caren Detje Photographie

Klassiker mit besonderem Kniff: „Der Untertan“ am Altonaer Theater

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Die Zeit ist reif für ambitioniertes Theater, das Partei für die Demokratie ergreift. Diese Funktion erfüllt am Altonaer Theater „Der Untertan“ – übrigens ganz im Sinne seines Autors Heinrich Mann, dessen Werk von seinen demokratischen Überzeugungen geprägt ist.

Der gesellschaftssatirische Roman, ein Klassiker der Weltliteratur, dreht sich um einen Anbeter der Macht, wie er im Buche steht: den Intriganten Diederich Heßling. Ein Typ, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Der sich einerseits lustvoll der Herrschaft der Stärkeren unterwirft, andererseits als Firmenchef gnadenlos durchgreift.

Sechs Schauspieler, eine Rolle

In der Inszenierung von Karin Drechsel, die auch die Bühnenfassung erstellte, teilt sich das Ensemble die Rolle des Mitläufers Heßling. Jede und jeder aus der Gruppe wird mit umgeschnallter Bauchschürze zum wohlbeleibten „weichen Kind“, das unter den Normen der wilhelminischen Gesellschaft zum obrigkeitshörigen Untertanen gedrillt wird. Sechs Darstellerinnen und Darsteller berichten abwechselnd, passenderweise aus einer Turnhalle heraus (Bühne: Christine Grimm), von Härte, Disziplin und Unterordnung. Diederich erlebt sie in Familie und Schule, in der schlagenden Studentenverbindung und beim Militär.

Das Ensemble berichtet aus einer Turnhalle heraus von Härte, Disziplin und Unterordnung. Caren Detje Photographie
Fünf Schauspieler sitzen neben Sportgeräten auf der Bühne.
Das Ensemble berichtet aus einer Turnhalle heraus von Härte, Disziplin und Unterordnung.

Brav nacherzählt, leider ohne Manns entlarvenden Humor und scharfen Witz immer genau zu treffen, erfahren wir – vor eingeblendeten Bildern und Szenen aus dem Kaiserreich – von seiner Entwicklung zum Steigbügelhalter der Macht.

Vertiefung in Heinrich Manns Klassiker

„Denn sie wissen, was sie tun“: Mit dem Tocotronic-Song (mit Zeilen wie „Darum muss man sie bekämpfen, aber niemals mit Gewalt. Wenn wir sie auf die Münder küssen, machen wir sie schneller kalt“) als musikalischem „Befehl“, in gewaltfreien Aktionen gegen Autokraten wie die eingeblendeten Machtmenschen Trump, Putin und Co. zu demonstrieren, wird reichlich unvermittelt und plakativ im zweiten Teil der Bezug zur Gegenwart gesucht.

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Sollte das nicht nach Ihrem Ding klingen: Eine andere Möglichkeit wäre, sich wieder einmal in Manns Epochenroman zu vertiefen.  

Altonaer Theater: bis 22.11., div. Termine, 20-39 Euro, www.altonaer-theater.de

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