Holger Dexne: „Mit den üblichen 30 Schrankkoffern können wir nicht anreisen“
Umzüge sorgen für Unruhe und Unsicherheit. Im wirklichen Leben wie in der Kunst. Darüber sprach Holger Dexne – der vielseitige Hamburger Schauspieler brilliert am Ohnsorg-Theater in „Novecento – De Geschicht vun den Ozeanpianist“ – im MOPO-Interview. Aus einem besonderen Anlass: Mit dem Stück gastiert der Star der Studio-Bühne auf dem Theaterschiff.
MOPO: Raus aus dem Ohnsorg, rauf auf die schwimmende Minibühne im Nikolaifleet. Wie krass ist dieser Ortswechsel für Sie?
Holger Dexne: Nicht mehr ganz so drastisch, seit ich auf der Theaternacht in die Atmosphäre des Theaterschiffs hineinschnuppern konnte. Das hat mir Hoffnung gemacht. Allerdings, ohne Veränderungen lässt sich die poetische Geschichte über einen Pianisten, der am Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Luxusdampfer „Virginian“ die Passagiere mit seinem Spiel verzaubert, nicht an Bord bringen.
Umzug aufs Theaterschiff erfordert Uminszenierungen
Was passiert an den drei Probetagen vor Ihrem ersten Auftritt?
Im Grunde das, was bei jedem Umzug geschieht, außer Möbelschleppen. Wir, Regisseur Jasper Brandis, Mario Ramos, der als Musiker eine wichtige Rolle spielt, und ich müssen überlegen: Was können wir mitnehmen, wie können wir das, worauf wir verzichten müssen, auf andere Weise ersetzen? Das geht beim Bühnenbild los. Mit den üblichen 30 Koffern und Schrankkoffern können wir logischerweise nicht anreisen. Der geringere Spielraum und die niedrige Deckenhöhe erfordern zudem Uminszenierungen in einigen Bewegungsabläufen. Und auch Sprachverständlichkeit und Raumakustik müssen geregelt werden.
Großer Aufwand …
… der, hoffe ich, zu einem besonderen Erlebnis führt. Es passt doch perfekt, dass Publikum und Ensemble zusammen für eine Theatervorstellung aufs Schiff gehen und, im Schiffsbauch eng beieinander hockend, dieser Geschichte lauschen. Einer Geschichte, die auf einem Schiff spielt und von Wasser, Reisen und Fernweh, von Freundschaft und der Kraft der Fantasie handelt. Das hat doch eine ganz eigene Faszination.
Holger Dexne: Netzwerk hilft gegen Stress
Im Unterschied zum Ozeanpianisten scheinen Ihnen Veränderungen nichts auszumachen. Als freier Schauspieler reisen Sie von Bühne zu Bühne. Wie anstrengend sind diese Neuanfänge?
Die waren sehr anstrengend, als ich vor gut 20 Jahren nach Hamburg kam. Inzwischen ist das Netzwerk viel größer geworden. Es freut mich, dass ich in der Stadt angekommen bin und, weil ich hier mit Familie wohne, auch viel hier arbeiten kann. Das hilft, den inneren Stress, diese Restunruhe, ob ich der nächsten Rolle, die an mich herangetragen wird, auch gerecht werden kann, besser auszuhalten.
Das könnte Sie auch interessieren: „De Geschicht vun den Ozeanpianist“: Eine Hymne an die Fantasie
Was bei Ihren Auftritten auffällt, ist die große Leidenschaft, mit der Sie jede Ihrer Figuren anpacken. Wie viel fordern Sie von sich selbst?
Die Schauspielerei ist eine sehr persönliche Sache. Man geht auf die Bühne und trägt seine Haut zu Markte, kehrt sein Innerstes, seine Gedanken und Gefühle nach außen. Die kann ich nicht so schnell wieder in eine Schublade stecken, wenn ich nach Hause gehe.
Finden Sie eigentlich etwas von sich in der Figur des Ozeanpianisten wieder?
Absolut. Ich glaube, mit „Novecento“ ist Alessandro Baricco eine wunderbar tiefgründige Parabel aufs Menschsein gelungen. Eine Novelle über die großen Fragen des Lebens, die wohl jeden ansprechen.
Theaterschiff: Holzbrücke 2, 14. und 15.11., 19.30 Uhr, 16.11. um 17 Uhr, weitere Termine in Planung, Tickets 29-35 Euro, Tel. 69 65 05 60, theaterschiff.de

Dieser Tipp kommt aus Plan7, der Kultur- und Veranstaltungsbeilage in der neuen WochenMOPO (jeden Freitag neu am Kiosk, hier im günstigen Kennenlern-Abo). Plan7 – das sind 28 Seiten voller Kultur und Inspiration für Ihre Freizeit: Kultur-Tipps für jeden Tag der Woche, Tipps für Gastro-Fans und für Hamburg- und Umland-Entdecker. Dazu gibt’s Interviews und Verlosungen für Konzerte, Lesungen, Shows und mehr.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.