Drei Personen stehen auf einem Jahrmarkt.

Anders als beim Original spielt das Stück diesmal auf einem Jahrmarkt. Foto: Caren Detje Photographie

„Das ist vielleicht ein bisschen mutig“: Legendäres Stück am Altonaer Theater

kommentar icon
arrow down

Teufel auch, das Altonaer Theater traut sich was! Mit „The Black Rider“ tritt die Bühne zum Spielzeitstart in große Fußstapfen. Und ist damit zugleich das erste Hamburger Haus, das nach der umjubelten Uraufführung am Thalia –  den vor vier Wochen mit 83 Jahren verstorbenen Bühnenmagier Robert Wilson machte „The Black Rider“ 1990 quasi über Nacht zum Weltstar – eine eigene Version des legendären Kultstücks herausbringt. Das Buch schrieb damals Beatnik-Autor William S. Burroughs, Musik und Songs kamen vom legendären Tom Waits. Vor der Premiere sprach die MOPO mit Oberspielleiter und Regisseur Georg Münzel, der den Musical-Hit als furioses Rummelplatz-Spektakel inszeniert.

MOPO: Jahrmarkt statt Wald – Sie haben sich für eine andere Abbiegung der Geschichte, die auf der uralten Freischütz-Sage basiert, entschieden. Warum?

Georg Münzel: Wilson ist damals ein genialer Wurf gelungen, so etwas kann man sowieso nicht nachmachen. Ich habe eine andere Lesart. Mir ist wichtig, dass über die Liebesgeschichte völlig unterschiedliche Lebenswelten, beide geprägt von ihren eigenen Regeln, aufeinanderprallen. Ich will weg von dem, was ich damals ganz toll fand, den etwas stilisierten Wilson-Stil. Hin zu lebendigeren Figuren. Bunte Volksfeststimmung und Magie, beides vereint für mich der Jahrmarkt mit seinen Lichtern, seinem Glitzer, seinen Vergnügungen und Verlockungen. Eine Kulisse, die außerdem wunderbar zu den Kompositionen von Tom Waits passt, die in ihrer Orchestrierung auch an Karussellmusik erinnern. 

Wie schaffen Sie es, das Schauermärchen mit gerade mal zehn Darstellerinnen und Darstellern inklusive Band zu erzählen?

Die Story, in der zwei Liebende – das Rummelplatz-Girl Käthchen und der aus der Stadt stammende, zum Probeschuss vor der Ehe unfähige bürgerliche Wilhelm – aufgrund von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zusammenfinden können, lässt sich relativ klein besetzen. Diese kleine Besetzung bildet auch eine Gruppe, die ihre eigene Musik macht – unter der Leitung des Teufels, der alle Fäden in der Hand hält. Hinzu kommt unser musikalischer Leiter, der als Multi-Instrumentalist und Marimba-Spieler einen sehr gut zu Tom Waits passenden Klangkosmos schafft. Wenn alle gemeinsam als Band aufspielen – das hat, so viel kann ich schon verraten, einen fetten Sound.

Was zieht Sie eigentlich stärker in Bann –  die Story von Beatpoet Burroughs oder die Musik von Tom Waits?

Ich glaube, diese enorme Sogwirkung des „Black Rider“ entsteht durch die einzigartige Kombination aus beidem. Auf der einen Seite gibt’s diese urwüchsige Grundgeschichte, welche die großen Themen Liebe und Tod mit schwarzer Magie als düsterer und gefährlicher Macht paart, was Burroughs sehr gut in eine Drogenallegorie überführt hat. Und andererseits haben wir diese betörenden Melodien und Ohrwurmsongs, die zugleich rau und zart, schräg und gebrochen klingen. Diese emotional aufwühlende Musik ist für mich die größte Kraft des Werks.

Was war Ihre Idee: sich an dieses Werk zu wagen, um endlich auch in Hamburg den Bann zu brechen?

Nein. Bei mir war’s reine Naivität. Ich bin riesengroßer „Black Rider“-Fan. Ende der 90er-Jahre spielte ich in Nürnberg Wilhelm, den in des Försters Tochter Käthchen verliebten Schreiber. Seitdem hatte ich den Wunsch, entweder einmal den Stelzfuß zu spielen oder aber die diabolische Liebesgeschichte selbst zu inszenieren. Was ich bis vor Kurzem allerdings völlig unterschätzt hatte, ist der Ruf, den Wilsons „Black Rider“ noch 35 Jahre später gerade in Hamburg hat. Im Nachhinein jetzt merke ich an den Reaktionen von Kollegen sowie von Schauspielerinnen und Schauspielern unseres eigenen Ensembles, dass das, was wir hier machen, vielleicht doch ein bisschen mutig ist.

Altonaer Theater: 7.9.-11.1.2026, diverse Daten und Zeiten, 40-55 Euro, altonaer-theater.de

Der Plan7 vom 5. September 2025 MOPO
Der Plan7 vom 5. September 2025
Der Plan7 vom 5. September 2025

Dieser Tipp kommt aus Plan7, der Kultur- und Veranstaltungsbeilage in der neuen WochenMOPO (jeden Freitag neu am Kiosk, hier im günstigen Kennenlern-Abo). Plan7 – das sind 28 Seiten voller Kultur und Inspiration für Ihre Freizeit: Kultur-Tipps für jeden Tag der Woche, Tipps für Gastro-Fans und für Hamburg- und Umland-Entdecker. Dazu gibt’s Interviews und Verlosungen für Konzerte, Lesungen, Shows und mehr.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test