Marco Reimers steht vor einem blauen Hintergrund.

Schauspieler Marco Reimers Foto: Oliver Fantitsch

„Da mussten viele Darlings gekillt werden“: Thomas Mann Stück im Ohnsorg-Theater

Großes Theater um den Niedergang einer angesehenen Lübecker Kaufmannsfamilie: Zum 150. Geburtstag von Thomas Mann (1875-1955) gibt das Ohnsorg-Theater alles für die „Buddenbrooks“. Manns meisterhafter Gesellschaftsroman als „packendes Schauspiel, das durchaus auch etwas fürs Auge sein soll“, verspricht Marc Becker. Der Regisseur und Schauspieler Marco Reimers sprachen mit der MOPO über ihre Beschäftigung mit der Familiensaga und verrieten, warum das manchmal ein dickes Brett war.

MOPO: Herr Reimers, Sie spielen Thomas, den ältesten und am stärksten in die Pflicht genommenen Sohn. Was interessiert Sie an der Geschichte?

Marco Reimers: Ich finde es wahnsinnig spannend zu sehen, auf welche Weise jedes der Geschwister versucht, durchs Leben zu kommen, und wie es ihnen gelingt, sich in die Familientradition einzureihen.

Marc Becker: Wie will ich leben? Neue Wege gehen oder auf dem ausgetretenen Pfad vergangener Generationen bleiben – das ist genau die Frage. Es geht um den Kampf des Einzelnen mit sich selbst, um die Suche nach dem inneren Gleichgewicht.

Die Sehnsucht nach einem freieren Lebensstil müssen Sie sich als Thomas verbieten. Sie selbst sind da anders, Herr Reimers, richtig?

Reimers: Ja. Ich bin gelernter Zimmermann. Für meine Eltern war es schon ein kleiner Schock, als ich ihnen erklärte, ich gehe jetzt nach Hamburg und werde Schauspieler. Das war damals eher ein naiver Schritt. Doch ich wollte noch mal etwas Neues wagen. Wenn’s mit der Schauspielerei nicht klappt, dachte ich mir, kann ich ja wieder als Geselle auf dem Bau arbeiten.

Was ist für Sie die größte Herausforderung  in der Rolle?

Reimers: Hinzukriegen, dass Thomas nicht als schlechter Mensch erscheint. Meine Tochter fragte mich neulich, ob ich wieder einen Bösen spiele. Ich antwortete ihr, das müsse man sehen. Die Strenge und Härte, die Thomas entwickelt, entsteht ja durch die ganzen Probleme, die in Firma und Familie auf ihn zukommen. In der Persönlichkeitsentwicklung der Figur nachvollziehbar zu bleiben, ist eine spannende, aber keine ganz leichte Aufgabe.

Wie weit gehen Sie in der Aktualisierung der „Buddenbrooks“?

Becker: Ich möchte sie in ihrer Zeit belassen. Das Allgemeingültige, das innerhalb der Beziehungen auf der Bühne verhandelt wird, gilt heute ebenso wie damals. Es überträgt sich. Die Aktualität steckt in den Figuren, in ihrer Beschäftigung mit sich selbst und in der Auseinandersetzung mit dem Wandel der Geschäftswelt. Sie werden nicht moderner, wenn sie ein Handy in der Hand halten oder Nadelstreifenanzüge tragen. Das brauchen wir gar nicht. Es geht um Menschen, und wer sich für deren Probleme und Konflikte interessiert, ist mit diesem Stück bei uns gut aufgehoben.

Regisseur Marc Becker Ohnsorg Theater
Marc Becker sitzt auf roten Polster-Stühlen in einem Theatersaal
Regisseur Marc Becker

Das Publikum muss sich nicht vorher durch den kompletten Wälzer geackert haben?

Becker: Im besten Fall kann ich ohne Vorwissen eine Aufführung besuchen, mich darauf einlassen und verstehen, was auf der Bühne passiert. Vielleicht habe ich als Zuschauer mehr Genuss, wenn ich schon etwas über die Geschichte weiß. Doch als Regisseur darf man nicht unterscheiden, deshalb muss ich bei null starten. Wer noch nie von den „Buddenbrooks“ gehört hat, soll sich genauso gut unterhalten wie – hoffentlich – auch alle Thomas-Mann-Fans. Und wer weiß, vielleicht schafft unsere Aufführung auch einen Anreiz, sich anschließend in den Roman zu vertiefen.

„Er setzt sich in des Tisches Mitte, nimmt zwei Bücher – und schreibt das dritte“, lautet ein bekanntes Zitat. Ging es Ihnen bei der Erschaffung Ihrer Spielvorlage zu den „Buddenbrooks“ ähnlich?

Becker: Ja. Auf der einen Seite hatte ich den dickleibigen Roman, in dem ich nach langer Zeit mal wieder blätterte, auf der anderen die Bühnenfassung. Auf deren Grundlage einen knackig-dramatischen Text zu erstellen, der gute zwei Stunden Spieldauer nicht überschreitet, war schon ein Brett. Auch weil von mir viele meiner Darlings gekillt werden mussten.

Das heißt was? Auf welche Personen konzentrieren Sie sich?

Becker: Insbesondere auf die Geschwister Antonie, Christian und Thomas. Sie sind die Kinder des Konsuls Johann Buddenbrook und seiner Frau Betsy, auf die sich auch Autor John von Düffel in seiner Bühnenbearbeitung des Werks über den „Verfall einer Familie“ konzentriert.

Ohnsorg-Theater: 13.4.-28.5., diverse Termine und Uhrzeiten, ab 34,16 Euro, Tel. 35080321, ohnsorg.de

Der Plan7 für die Woche vom 11. April bis zum 18. April. MOPO
Der Plan7 für die Woche vom 11. April bis zum 18. April.
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