Ville Valo in Hamburg: Der wilde Finne ganz anders – „Jim-Morrison-Trip ist vorbei“
Hach, der Ville. Ende der 90er sorgte der Finne mit seiner Band Him für düstere Melodien und kollektives Schmachten. 2017 löste sich die Band nach 26 Jahren auf. Der Sänger, einst als charismatischer Posterboy des Düster-Rock angehimmelt, nennt sich nun VV. Am Samstagabend trat Ville Valo (46) in der Fabrik in Ottensen auf. Ausverkauftes Haus, Frauen mit Herzen in den Augen, melancholischer Herzschmerz-Sound – alles wie früher. Mit einem Unterschied ...
Hach, der Ville. Ende der 90er sorgte der Finne mit seiner Band Him für düstere Melodien und kollektives Schmachten. 2017 löste sich die Band nach 26 Jahren auf. Der Sänger, einst als charismatischer Posterboy des Düster-Rock angehimmelt, nennt sich nun VV. Am Samstagabend trat Ville Valo (46) in der Fabrik in Ottensen auf. Ausverkauftes Haus, Frauen mit Herzen in den Augen, melancholischer Herzschmerz-Sound – alles wie früher. Mit einem Unterschied: Der wilde Finne ist jetzt mild.
Das Publikum hat die alten schwarzen Klamotten von früher wieder aus dem Schrank geholt, in der Fabrik ist es voll und heiß. Die Bühne ist in pinkes Licht getaucht, darüber ein Pentagramm in Herzform – nicht nur sein Solo-Album „Neon Noir“ klingt schwer nach seiner alten Band, auch das Bandlogo hat er mit kleinen Änderungen recycelt.
Konzert von Ville Valo startet mit Stück vom neuen Album
Los geht es mit dem neuen „Echolocate Your Love“, einem der krachigsten Stücke auf dem ruhigen Album. Ville Valo, schick in Jackett, engem Shirt und schwarzer Hose, hat seine einst wallende Mähne unter eine Schiebermütze gestopft. Der schwarze Kajal um die Augen ist dezenter geworden. Der linke Arm schwingt beim Singen hin- und her, er steht nach vorn gebeugt am äußersten Bühnenrand, fast so, als wolle er am liebsten gleich hineintauchen. Er lächelt und fixiert das Publikum. Zwischendurch schäkert er mit seinen Musikern. Er genießt den Auftritt, das merkt man.
Ist das noch der wilde Ville? Dieser Mann ist ganz anders als der, der früher sein arrogantes Rockstar-Image pflegte, auf der Bühne durchgehend rauchte, Rotwein soff und dem Publikum gern auch mal den Rücken zudrehte. Zigaretten und Alkohol – mittlerweile tabu. Als die MOPO ihn kurz vor dem Auftritt zum Interview trifft, trinkt er Wasser und sagt: „Man muss den Job ernst nehmen. Es geht darum, Musik zu machen und nicht, es krachen zu lassen. Die Zeiten haben sich geändert, und das ist vielleicht auch besser so. Ich hätte die Kondition nicht mehr. Ich bin für die wilden Jahre früher dankbar, ich war lange auf dem Jim-Morrison-Trip. Aber das ist vorbei.“ Früher ging es nach den Auftritten in Hamburg noch auf den Kiez. „Comet“, „Clochard“, die Kneipen rund um die Reeperbahn – und immer schön hoch die Tassen. Nach diesem Auftritt geht es direkt in den Tourbus zum nächsten Auftrittsort, nach Amsterdam.
Ein Fan schenkt ihm in der Fabrik ein Lebkuchenherz
Aber das Publikum liebt auch den braven Ville. Eine Frau reicht ihm ein Lebkuchenherz mit seinem Namen auf die Bühne, Hände strecken sich ihm entgegen, „Ville“, brüllt es im Publikum. „Funeral Of Hearts“, „Right Here In My Arms“, „Poison Girl“ und natürlich „Join Me“ – mehr als die Hälfte des Sets besteht aus Him-Songs. Und sie klingen immer noch gut, die vier Gastmusiker lassen es ordentlich scheppern.
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Nach 90-minütigem Bad in Melancholie und Düsterheit ist Schluss. Das letzte Lied widmet Ville seiner anwesenden Mama, ruft vermutlich sehr liebe Dinge auf Finnisch und schickt ihr drei Küsschen. Auch das hätte es früher nicht gegeben. Seine Fans gehen glückselig nach Hause. Das wiederum hat sich nicht geändert.