Tourauftakt in Hamburg: US-Star Lizzo nimmt Rammstein auf die Schippe
US-Star Lizzo zeigt beim Tourauftakt in Hamburg vollen Körpereinsatz, um ihre wichtigen Botschaften rüberzubringen. Tänzerinnen und Band entsprechen dabei so gar nicht dem sonst üblichen Bild. Dazu bekommen Rammstein und deutsche Bratwürste bei der „Special“-Sängerin ihr Fett weg.
US-Star Lizzo zeigt beim Tourauftakt in Hamburg vollen Körpereinsatz, um ihre wichtigen Botschaften rüberzubringen. Tänzerinnen und Band entsprechen dabei so gar nicht dem sonst üblichen Bild. Dazu bekommen Rammstein und deutsche Bratwürste bei der „Special“-Sängerin ihr Fett weg.
„Guten Tag Hamburg! Könntet ihr bitte alle dem dicken Mädchen ‚Ich liebe dich‘ sagen?“, fordert Lizzo (34) am Montag in der Barclays Arena ihr Publikum auf und dreht sich dabei um die eigene Achse, sodass alle sie in ihrem hautengen Glitzer-Leo-Jumpsuit mit pinken Stulpen bewundern können.
Es ist das erste Arenen-Konzert in Deutschland für die frisch mit dem Grammy dekorierte US-Amerikanerin, die bürgerlich Melissa Viviane Jefferson heißt. Etwa 6000 Leute sind beim Auftakt ihrer „The Special Tour“ dabei – die aber jubeln so laut, als wäre die Halle bis zum letzten Platz besetzt.
US-Star Lizzo: Tänzerinnen für Konzert selbst gecastet
Der Abend ist ein einziges Manifest der Selbstliebe. Lizzos Uptempo-Hit „2 Be Loved (Am I Ready)“, den sie gleich zu Anfang präsentiert, gibt die Richtung für die kommenden zwei Stunden vor. „Hamburg, heute Abend ist hier jeder ein ‚Big Girl‘“, meint Lizzo. „Oder seid ihr etwa nicht froh, einen Arsch zu haben?“ Die Sängerin, Songwriterin und Rapperin zeigt auf ihr eigenes Prachtexemplar und erntet Beifall.
Um sich versammelt sie zehn Tänzerinnen, die sie in ihrer eigenen Talentshow „Watch Out for the Big Grrrls“ gecastet hat; in der Shapewear ihres eigenen Modelabels „Yitti“. Runde Körper in Spandexhöschen und Strapsen so weit das Auge reicht. Speckrollen, Hüftgold, Winkeärmchen, Orangenhaut, pralle Schenkel und twerkende XL-Hintern – was früher gesellschaftlich verhüllt werden musste, macht Lizzo sichtbar. Gewöhnt euch besser dran!
Lizzo-Konzert in Hamburg: Band besteht nur aus Frauen
Die Showbühne ist mit seinem ovalen XXL-Monitor und dem Steg ein echter Hingucker mit 70er-Jahre-Touch. Stilvolle Videoeinspieler zeigen die kurvenreiche Truppe bei körperlicher Ertüchtigung. „Mein Körper ist stark, mein Körper ist schön, mein Körper geht niemanden etwas an!“, sagt Lizzo, während sie über die Leinwand joggt. Zum Song „Naked“ steht sie nur im hautfarbenen Body bekleidet auf der Bühne. Handylichter sorgen für die wunderschöne Atmosphäre. Und der Applaus will gar nicht mehr aufhören!
Wenn eine dicke Frau im knappen Body in Deutschland minutenlangen Jubel erntet, weiß man, dass sich schon einiges getan hat in Sachen Akzeptanz und Diversity. Auf der Leinwand wird der Slogan „My body, my choice“ eingeblendet, der für das Recht auf Abtreibung und Selbstbestimmung steht. Dass Lizzo durch und durch Feministin ist, zeigt sie auch mit ihrer Band, die mit Frauen besetzt ist. DJ Sophia Eris sorgt für die Backingtracks vom Band.
Das könnte Sie auch interessieren: Konzert in Hamburg: George Ezras Valentinstags-Party und ein One-Hit-Wonder
Lizzo präsentiert sich als Sängerin mit Botschaft, aber auch als MC zu Breakdance-Beats – schließlich begann sie ihre Karriere als Rapperin. Und sie flötet! Gleich mehrmals dekoriert sie Songs mit einem Querflötensolo. Das sorgt für schöne Inseln in ihrer High-Energy-Show. „I love you, you are beautiful and you can do anything.“ Das Intro ihres Hits „Special“ dient gleichzeitig als Affirmation. „Schließe die Augen, und sag es dir selbst“, empfiehlt Lizzo, die sich mittlerweile in ein Regenbogen-Glitzerkleid gehüllt hat.
Positive Vibes only: Ähnlich wie Harry Styles schafft sie bei ihren Konzerten einen Safe-Space, an dem niemand befürchten muss, für das, was er ist, blöd angemacht zu werden. Im Gegenteil: Man kommt sogar gestärkt wieder raus. Mit ihrer witzigen, offenen Art wickelt Lizzo alle um den Finger. Kaum hat sie ihren Song „Birthday Girl“ für irgendeine Oma gesungen („Ich liebe dich, Oma!“), verquickt sie die neu erlernte Deutsch-Vokabel mit einem Rammstein-Song: „Du, du hast, du hast mich – Oma!“ Die Lacher hat sie damit auf ihrer Seite.
Lizzo bedankt sich für „Black Lives Matter“-Banner in Hamburg
Auch ihre Ausführungen über Hamburger (gemeint ist das Essen) und Bratwürste tragen zur Belustigung bei. „Ich bin Veganerin, also spreche ich hier von ganz anderen Würstchen“, witzelt sie. Ihre Verbindung mit dem Publikum intensiviert sie noch, als sie sämtliche Tribünen in Augenschein nimmt und die Mode der Hamburger:innen kommentiert. „I see all of you“, sagt Lizzo und meint es genau so.
Ihren Song „I Love You Bitch“ widmet sie den lesbischen Pärchen im Saal. Und weil sie am Nachmittag ein Banner der „Black Lives Matter“-Bewegung in Hamburg entdeckt habe, bedankt sie sich im Namen aller Schwarzer für die Unterstützung. Mehr Inklusion geht nicht.
Das könnte Sie auch interessieren: Schlagerstar erhält Gastrolle in Hamburger Musical
Ein paar Hits hebt sie sich bis zum Schluss auf: Für „Good As Hell“ tanzt sie unter der Discokugel. Und es sieht einfach wunderschön aus, wenn sie danach stumm dasteht, die Windmaschine ihr gewelltes Haar aufplustert, ihr Lidschatten grün glitzert und sie den Applaus genießt. Denn zur Selbstliebe gehört schließlich auch, Komplimente annehmen zu können.
Hinternwackeln, Querflöten-Einlage – beim Rausschmeißer „About Damn Time“ zieht sie mit ihren Tänzerinnen noch mal alle Register. Ach, hätte es eine Lizzo doch schon viel früher gegeben. Dann wäre uns so mancher Kummer erspart geblieben.