Swiss & Die Andern gelingt in Hamburg das Kunststück – mit genialem Trick
Um in der Alsterdorfer Sporthalle, mit ihrem Teppichlager-Anticharme, für Stimmung zu sorgen, dazu braucht es ja immer etwas mehr als als bloß eine gute Band. Am Samstag gelang der Hamburger Punkrock-Truppe Swiss & Die Andern das Kunststück – mit einem genialen Trick.
Um in der Alsterdorfer Sporthalle, mit ihrem Teppichlager-Anticharme, für Stimmung zu sorgen, dazu braucht es ja immer etwas mehr als als bloß eine gute Band. Am Samstag gelang der Hamburger Punkrock-Truppe Swiss & Die Andern das Kunststück. Ihr Trick war, das Konzert (das nach zwei Mal verschieben nun endlich stattfinden konnte) zu ihrem eigenen kleinen Festival auszubauen.
„Ich habe die Scheiße hier so vermisst!“, rief Swiss in die Menge. Da performte der Frontmann ohne Band ein paar funky Tracks von seiner neuen EP „Linksradikaler Schlager“, da tauchten Gaststars wie Dirk „Diggen“ Jora (der direkt seinen ersten Einsatz verpasste, dafür dann mit Swiss ein fabulöses „Deutschland muss sterben“ darbot), die Rapper Tamas und Mortis und natürlich Ferris MC auf. Und das Publikum in der ausverkauften Halle feierte einfach alles, was da vonstatten ging.
Swiss & Die Andern begeistern in der Sporthalle – mit Hilfe von Ferris MC und Diggen
Maskenpflicht bestand nicht mehr – was man gut oder schlecht finden kann. Für die Fans schien es okay zu sein, fast niemand trug den Mundschutz freiwillig. Dafür hatten sich alle in (Punk-)Schale geworfen, manch junger Mann gönnte dem Bierbauch unter der Jeansjacke Frischluft, sogar einige prächtige Iros wurden spazierengetragen. Man muss Punkmusik nicht einmal mögen, um auf einem Punkkonzert Spaß haben zu können – so viel Bier, Schweiß, Liebe und Gesellschaftskritik! Wer das nicht sympathisch findet, dem ist nicht zu helfen. Arme fliegen in die Luft, Bierbecher auch. Crowdsurfer versuchen ihr Glück. Am Rand der Halle werden konspirativ Glimmstängel angezündet, trotz Verbot.
Ärzte, Scooters, Bloodhound Gang: Wilder Genremix und schnelle Beats
Und was genau Punkmusik ist, das lässt sich ja ohnehin dikutieren: Bei Swiss & Die Andern schließt das jedenfalls Rap, Rock und Reggae mit ein. Sie covern die Ärzte („Junge“, „Schrei nach Liebe“), jammen zu Scooters „Döp döp döp“, lassen die Bloodhound Gang in einen Song einfließen („Immer, wenn wir den Song spielen, bekommen die eine Million Euro“, scherzt Swiss), und in der Umbaupause läuft Mando Diao. Der wilde Genremix stört keinen. Hauptsache, die Haltung stimmt, und wenn der Beat schnell genug zum Mithüpfen ist, passt das schon. Punk ist Anarchie.
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Der schier unermüdliche Swiss treibt die Menge fast drei Stunden bis zur völligen Erschöpfung durch eine Setlist voller Hits. Sogar den neuen Track „Orphan“ spielt die Band, obwohl sie das eigentlich erst auf ihrer anstehenden Clubtour tun wollte. Kompromiss: Statt „Orphan“ wird im Chorus „Thorben“ gesungen. Ich sagte ja: Anarchie. Nach einem Abend, der sich wie drei Tage Festival angefühlt hat, sind Fans und Band glücklich. Und der Boden so getränkt mit Bier, dass auf dem Weg nach draußen jeder klebrige Schritt das Erlebnis noch ein bisschen nachwirken lässt. (wt)