Peter Gabriel in Hamburg – ein umjubelter „Avatar“ am Lagerfeuer
Auf einmal steht am Montagabend ein Mann mit Flatcap auf der noch schwarzen Bühne der ausverkauften Barclays-Arena und fängt an, eine Rede auf Deutsch mit süßem Akzent abzulesen. „Das ist er, oder?“, wird gefragt. Ja, das ist er: Superstar Peter Gabriel (73). Ein unfassbarer Abend soll folgen – mit kleiner Panne, Lagerfeuer, begnadeten Musiker:innen, Welthits und einem Kämpfer gegen die Apartheid.
- Deutsch (Deutschland)
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Auf einmal steht am Montagabend ein Mann mit Flatcap auf der noch schwarzen Bühne der ausverkauften Barclays-Arena und fängt an, eine Rede auf Deutsch mit süßem Akzent abzulesen. „Das ist er, oder?“, wird gefragt. Ja, das ist er: Superstar Peter Gabriel (73). Ein unfassbarer Abend soll folgen – mit kleiner Panne, Lagerfeuer, begnadeten Musiker:innen, Welthits und einem Kämpfer gegen die Apartheid.
Gabriels Rede handelt von der Zeit, die den Ton angibt, und der Grenzenlosigkeit der Fantasie. Und der Aufforderung, dass wir, die 12.000 Menschen, uns viereinhalb Milliarden Jahre zurückversetzen sollen, als unser Planet noch ein toter war: „Was er durchaus wieder sein könnte, wenn wir nicht vorsichtig sind“, sagt Gabriel und bekommt dafür mächtig Applaus. Um dann gleich die Lacher auf seiner Seite zu haben: Er sei nur ein Avatar – wie ABBA in ihrer neuen Show – nur viele Jahre älter, viele Kilo schwerer und kahlköpfig.
Peter Gabriel in Hamburg: Der Meister schart begnadete Musiker:innen um sich
Nachdem das Piano noch mal eingestellt werden muss („Ihr wisst ja, ich bin nur ein Avatar, dem passiert sowas!“) geht’s endlich los. Vor künstlichem Lagerfeuer sitzt Gabriel mit seinen sieben begnadeten Mitmusiker:innen – darunter etwa Tony Levin, David Rhodes, Manu Katche oder Ayanna Witter-Johnson – und spielt zunächst die deutsche Version von „Here Comes The Flood“ und dann „Growing Up“.
Bei den ganz neuen Songs – „Panopticom“, „Four Kinds Of Horses“, „i/o“ oder „Playing For Time“ – wird erst das Ausmaß der krassen Bühne bewusst. Eine riesige Rund-Leinwand gibt’s da, weitere Vorhänge mit Projektionen und natürlich Live-Video-Wände.
Ein visuelles Gesamtkunstwerk – natürlich mit „Sledgehammer“
Es wird ein visuelles Gesamtkunstwerk gezeigt, ganz im Sinne des „Sledgehammer“-Videos, das schon 1986 bahnbrechend war. Apropos „Sledgehammer“: Erst bei diesem Welthit mit einem der wohl coolsten und ansteckendsten Beats überhaupt erhebt sich das Publikum – denn die Halle ist vollbestuhlt, auch im Innenraum.
Tiere, Spermien, Eizellen und Flüssigkeiten flimmern über die Leinwände, der Song-Meister macht synchron mit Levin und Rhodes einen lässigen Walk und kickt bei „I kicked the habit“ tatsächlich in die Luft. Nach so viel Anstrengung braucht’s erst mal eine Pause.
Ein Black-Lives-Matter-Gänsehautmoment bei „Biko“
Der zweite Show-Teil startet mit einem Plastik-Vorhang, der natürlich auch Leinwand ist und hinter dem Peter Gabriels Silhouette zu sehen ist. Darauf kann er sogar selbst Projektionen mit einer Art Stift aufmalen. So etwas hat man auch noch nicht gesehen. Stark!
Bei „Don’t Give Up“ bekommt Cellistin und Sängerin Ayanna Witter-Johnson großen Applaus für ihren Kate-Bush-Part. Bei „Big Time“ stehen wieder alle und reißen die Arme in die Höhe, nachdem Peter Gabriel sie dazu animiert hat. „Live And Let Live“ ist so schön wie die Regenbogen-Farben, die dazu projiziert werden. Und „Solsbury Hill“ ist noch so ein Song für die Ewigkeit.
Als Zugaben folgen „In Your Eyes“ und die Hymne „Biko“, bei dem die ganze Halle für den Anti-Apartheids-Kämpfer Steve Biko (der auch groß auf der Leinwand gezeigt wird) die Fäuste in die Höhe reckt. Black Power! Black Lives Matter! Gänsehaut!
Peter Gabriel in Hamburg: ein über alles erhabener Universalkünstler
Durch diesen Abend ist klar geworden, dass Peter Gabriel im besten Sinne hochpolitisch, universalkünstlerisch – und über alles erhaben ist: Er kann Genesis verlassen (das ist doch fast in einem anderen Leben passiert), seine Songs immer nur zum Vollmond veröffentlichen (macht er gerade wirklich – das Album „i/o“ lässt noch auf sich warten) und die besten Musiker:innen um sich scharen – auf und auch neben der Bühne.
Denn gerade zuletzt beim Konzert in Köln war Bruce der „Boss“ Springsteen sein berühmtester Gast. Uff!