Pet Shop Boys in der Arena: Wie man im Pop würdevoll altert
Zwei Jahre mussten Fans auf das Konzert der „Dreamworld – The Greatest Hits Live“-Tour in der fast voll besetzten Barclays Arena warten. Am Pfingstsonntag gaben die Pet Shop Boys eine Lehrstunde darin, wie man würdevoll im Pop altert. Lichtdesign mit tollen Visuals auf der XL-Leinwand, perfekter Sound, eine Mini-Band und gut zwei Dutzend Hits brachten Sänger Neil Tennant (67) und Klangtüftler Chris Lowe (62) mit und präsentierten damit zum 40-jährigen Jubiläum der Bandgründung alles andere als eine Nostalgie-Show.
- Deutsch (Deutschland)
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Zwei Jahre mussten Fans auf das Konzert der „Dreamworld – The Greatest Hits Live“-Tour in der fast voll besetzten Barclays Arena warten. Am Pfingstsonntag gaben die Pet Shop Boys eine Lehrstunde darin, wie man würdevoll im Pop altert. Lichtdesign mit tollen Visuals auf der XL-Leinwand, perfekter Sound, eine Mini-Band und gut zwei Dutzend Hits brachten Sänger Neil Tennant (67) und Klangtüftler Chris Lowe (62) mit und präsentierten damit zum 40-jährigen Jubiläum der Bandgründung alles andere als eine Nostalgie-Show.
Ein Käfig-Gitter in einem Industrial-Setting geht nach oben und gibt den Blick auf die Herren in ihren weißen Trenchcoats frei. Noch tragen sie eigenartige schwarze Brillen, die aussehen wie Hörner, und stehen unter einer Art Lichtduschen. „Suburbia“ ist der erste Hit des Abends, 11.000 Leute sind längst von ihren Sitzen gesprungen und klatschen mit.
Pet Shop Boys in der Arena: Neil Tennant und Chris Lowe sind ein Gesamtkunstwerk
Auch wenn den ganzen Abend keiner mehr sitzen wird, passt der bestuhlte Innenraum dennoch zur Art der Aufführung: Die Pet Shop Boys sind nämlich längst ein Gesamtkunstwerk, weshalb sie auch gänzlich darauf verzichten, sich von Live-Kameras in Großaufnahme einblenden zu lassen. Ihre Show ist höchst konzeptionell; Symbole, Songzeilen und sogar Bühnenteile ziehen sich wie ein roter Faden durch den Abend.
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Während Lowe unter seiner Baseball-Kappe den wortlosen Maschinisten hinter der Computer-Station gibt, ist Tennant der Conférencier, der mit weit ausgebreiteten Armen vor dem Mehrgenerationenpublikum steht oder über die Bühne schreitet und freudig den Vorklatscher gibt. Er unterhält mit Garderobenwechseln, Anekdoten und Deutsch-Brocken wie „Vielen Dank“. Und setzt mit seinem nasalen Gesang helle Kontrapunkte zur pumpenden Musik, die hier und da ein zeitgemäßes Update erfährt, so dass sie auch Clubgängern in Ibiza Beine machen dürfte.
Pet Shop Boys: Radio-Ohrwürmer mit Mitsing-Potential
„In dreamworld being boring is a sin“, triggert Tennant die Freude der noch zu erwartenden Hits und zitiert noch eine Reihe weiterer Songtitel ihres üppigen Repertoires. Es ist schlichtweg Wahnsinn, wie viele Radio-Ohrwürmer mit Mitsing-Potential die Briten im Laufe der Jahre angesammelt haben – zu Recht haben sie es damit nun endlich in die Arenen in Deutschland geschafft.
Bei „Rent“ sieht man auf der bühnenbreiten Leinwand den jungen Tennant bei einer Party – damals noch mit vollem Haarschopf. Bei „Single-Bilingual/ Se a vida é“ sind es Popart-Bilder. Tennant erzählt die Entstehungsgeschichte eines Titels: Nächtelang hätten sie Domino gespielt – gewonnen hätte aber ein anderer, der daraufhin ein Siegestänzchen um den Tisch vollzog. Zack, war der Track „Domino Dancing“ geboren. Für „You Only Tell Me You Love Me When You’re Drunk“ wechselt der Frontmann – mittlerweile im schwarzen Blazer mit weißem XL-Revers – seine weiße Kappe gegen die Akustikklampfe. Ein schöner ruhiger Moment in der Show. Zu „Love Comes Quickly“ schreitet Tennant wie ein Pfau als Schattenfigur die Bühne ab.
Bei „Go West“ die Party aus
Bei „Go West“ bricht noch mal die Party aus: Tennant trägt mittlerweile einen silbernen Mantel und alles singt mit. Ihre zwei besten Songs gibt es in der Zugabe. Das mit einem langen Intro ausgestattete „West End Girls“ brachte ihnen 1985 den Durchbruch und klingt alles andere als gestrig. „Wir lieben euch! Danke für das wundervolle Willkommen heute“, sagt Tennant und leitet zum letzten Song „Being Boring“ über.
„Wir schauen zurück auf unser Leben, ohne Scham. Und erinnern uns an die Menschen, die wir auf dem Weg verloren haben.“ Das Lied wird zum emotionalen Höhepunkt des Abends, gerade auch wegen der spartanischen Umsetzung. Geradezu leise verabschieden sich die Gentlemen des Elektropop. Ein Winken noch. Dann sind sie verschwunden. Aber bitte bald mehr davon!