„Magische Nacht“ in Hamburg: Der bittersüße Abschied von Panic! At The Disco
Sie sagen Hamburg „Tschüs“: Zum letzten Mal stand die Alternative-Rockband Panic! At The Disco in der Hansestadt auf der Bühne, im März wird das Projekt von Brendon Urie (35) beendet. Zum Abschied haben ihm die Hamburger Fans sogar eine Choreographie vorbereitet, es wird zusammen „High Hopes“ geschmettert – und mit einer Formulierung macht Urie sogar selbst Hoffnung, dass es doch ein Wiedersehen geben könnte.
Sie sagen Hamburg „Tschüs“: Zum letzten Mal stand die Alternative-Rockband Panic! At The Disco in der Hansestadt auf der Bühne, im März wird das Projekt von Brendon Urie (35) beendet. Zum Abschied haben ihm die Hamburger Fans sogar eine Choreographie vorbereitet, es wird zusammen „High Hopes“ geschmettert – und mit einer Formulierung macht Urie sogar selbst Hoffnung, dass es doch ein Wiedersehen geben könnte.
Ein paar Luftküsse noch, ein Zuprosten mit dem Drink, dann verschwindet Brendon Urie unter tosendem Applaus in den Untiefen der Barclays Arena – und seine Band Panic! At The Disco aus Las Vegas sind nach fast 20 Jahren Geschichte. Schluss, aus, vorbei.
Der Frontmann will mit 35 in Poprente gehen, um sich um seine wachsende Familie kümmern. Die Ankündigung im Januar kam überraschend. Urie hatte viele Jahre gebraucht, um den Stempel des Emo-Posterboy loszuwerden und als respektabler Songwriter wahrgenommen zu werden; so viele Jahre, um sich von kleinen Clubs bis in die Arenen hochzuspielen. Die wenigstens schaffen es, auf dem Höhepunkt aufzuhören. Auf der anderen Seite sind Panic! At The Disco schon lange das Soloprojekt von Urie, dem einzig verbliebenen Originalmitglied. Den Bandnamen trägt er wie eine Altlast mit sich rum.
Panic! At the Disco machen Schluss – und drehen in Hamburg nochmal richtig auf
Zu den ersten Tönen von „Say Amen (Saturday Night)“ sieht man ihn via Videoübertragung aus dem Backstage auf die Bühne kommen. Feuersalven schießen aus dem Boden, und Urie singt in schwarzer Uniformjacke mit Goldkante vom Samstagabend. „Wie geht’s?“, fragt er auf Deutsch. Die Fans brauchen keine Aufwärmphase. Beim vergangenen Auftritt schwebte Urie mit seinem Piano durch die Arena. Diesmal hat er sein Geld vor allem in die Band gesteckt: Viele Songs werden von einem Streicher-Trio eingeleitet; der wehmütige Klang des Cellos lässt den Abschied wie ein Requiem wirken. Zusätzlich veredelt ein Bläser-Trio den Sound.
Brendon Urie ist ein fantastischer Sänger: Alle Töne wirken bei ihm spielend leicht, selbst wenn er seinen Falsett in höchste Höhen schraubt. Worte macht er nicht viele. All das Erlebte der letzten 20 Jahre, die Exzesse, die Höhenflüge, die Abhängigkeiten von Plattenfirmen, die Liebe der Fans und Huldigungen des Rock’n‘Rolls stecken in den Songs. Gleich das zweite Lied „Hey Look Ma, I Made It“ erzählt von den zwei Seiten des Erfolgs.
Ganz schön düster ist mitunter, was über die Monitorwand hinter ihm flimmert: Totenköpfe, kryptische Symbole und Friedhöfe sieht man da. Es ist im Showbusiness eben nicht alles Gold, was glänzt. Nach einem Videoeinspieler, in dem man die deformierten Gesichter von Urie und seinen Kollegen sieht, gibt es das siebte und finale Album der Band in der Reihenfolge wie auf Platte. „Viva Las Vengeance“ (zu deutsch: Es lebe die Rache) frönt dem Siebziger-Rock’n’Roll und hat viele Queen-Anleihen.
Eine Formulierung von Brendon Urie macht Hoffnung
Urie lebt damit einmal mehr seine theatralische Seite aus, während er nun in ein Sakko gehüllt ist, das so bunt ist wie ein Papagei. „God Killed Rock’n’Roll“ und „Do It To Death“ heißen die Songs. Vielleicht hätte man bei Erscheinen der Platte im August 2022 schon erahnen können, dass das Ende naht. „Das ist für uns hier eine bittersüße Angelegenheit“, meint Urie. „Es wird das letzte Mal sein, dass wir als Panic! At The Disco zusammenspielen.“ Die Formulierung seiner Worte weckt Hoffnung: Weitere Karrierepläne sind für Urie also doch nicht ausgeschlossen.
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Toll ist das, was sich die Fans an Choreografie ausgedacht haben: Zu „Don’t Let The Lights Go Out“ heben und senken sie die Handylichter im Takt. „Das war unglaublich, vielen Dank!“, meint Urie lächelnd, mittlerweile im weißen Sakko. Nach einem Streicher-Intermezzo im ersten Song der Zugabe, in dem Urie von „Girls love girls and boys“ singt und hinter ihm Regenbogen-Regen über die Leinwand regnet, leuchtet jeder Sitzblock in einer anderen Farbe: Die Fans halten dafür buntes Papier vor ihr Handy-Licht. Sie sind offenbar besser untereinander vernetzt als manche Familien!
„Heute ist der Geburtstag meiner Frau. Ich liebe dich, Babe“, meint Urie und ist wohl mit den Gedanken schon bei seinem zukünftigen Leben als Familienvater. Applaus erntet er dafür trotzdem. Und dankt es mit einem Hitfeuerwerk: Beim beatlesken „Nine In The Afternoon“ zeigt sich Uries ganze Spiel- und Singfreude, zu „Death Of A Bachelor“ gibt er den Crooner mit Bläser-Unterstützung, zur Durchbruchs-Single „I Write Sins Not Tragedies“ von 2006 singt der ganze Saal jedes Wort mit. „Das war eine magische Nacht. Danke für euren unendlichen Support über all die Jahre“, verabschiedet sich der Frontmann. „Ich wertschätze euch, ich liebe euch, danke, dass ihr existiert und kommt gut nach Hause.“ Aber nicht ohne „High Hopes“, den größten Hit von Panic! At The Disco aus dem Jahr 2018, dekoriert mit Konfetti-Kanonen. Ach, war das schön! Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…