Metallica in Hamburg: Backpfeifen-Spektakel vom Zen-Meister
In Sandhausen weinen die HSV-Fans. In ihrem Wohnzimmer wird derweil James Hetfield gefühlig. Der zärtelnde Holzfäller. Die auf Highspeed ballernde Backpfeifen-Maschine. Der Metallica-Frontmann kann beides sein. Bei der zweiten Show des gigantischen Doppel-Live-Packs im Hamburger Volksparkstadion nimmt er sich am Sonntagabend dabei mehr Raum für breitbeinige Männer-Emotionalität. Am Ende aber war auch dies vor allem eines: eine zweistündige Machtdemonstration in Sachen Metal. Vorgetragen in unglaublicher Souveränität.
In Sandhausen weinen die HSV-Fans. In ihrem Wohnzimmer wird derweil James Hetfield gefühlig. Der zärtelnde Holzfäller. Die auf Highspeed ballernde Backpfeifen-Maschine. Der Metallica-Frontmann kann beides sein. Bei der zweiten Show des gigantischen Doppel-Live-Packs im Hamburger Volksparkstadion nimmt er sich am Sonntagabend dabei mehr Raum für breitbeinige Männer-Emotionalität. Am Ende aber war auch dies vor allem eines: eine zweistündige Machtdemonstration in Sachen Metal. Vorgetragen in unglaublicher Souveränität.
Ein paar tapfere Unentwegte sind in Trikots im Stadion zu sehen, wenige Stunden nach der kalten Dusche im Aufstiegs-Endspurt. „Nur der HSV“ steht über dem Zugang zum Innenraum. Und den Song, der den Albtraum aller HSV-Anhänger thematisiert, das ewige Warten auf bessere Zeiten, die ständige Enttäuschung, der kommt nach knapp 80 Minuten. „The Day That Never Comes“.
Und Hetfield, dieser alte Therapie-erprobte emotionale Hoch-Tief-Bauer, ist auf den acht LED-Schirme tragenden gigantischen Säulen rund um die riesige ringförmige Laufsteg-Bühne in der Mitte der Arena in Großaufnahme zu sehen. Verwittertes Gesicht, das Herz in der Hand: „When they stand up and feel the warmth – but the sunshine never comes …“ Das ganze Hadern und Zweifeln und schließlich das wütende Zerren an den Fesseln: Ein hartherziger Hund muss das sein, den das kalt lässt.
Metallica in Hamburg: Seit 42 Jahren im Geschäft – und ungebrochen
Gut singt er das, der er ja lange kein Sänger sein wollte. Und wie massiv die Wucht ist, mit der diese Band, die seit unfassbaren 42 Jahren im Geschäft ist, auch heute meist prügelt, swingt, tackert und groovt – das ist ein Spektakel an sich.
Das könnte Sie auch interessieren: So war das erste Volkspark-Konzert von Metallica am Freitag
Die Rahmenbedingungen für Tag 2 optimal, das war schon vorher klar gewesen. Der frühe Abendhimmel blau. Temperaturen: sommerlich. Bier: In Strömen. Väter mit ihren Söhnen. Ältere Paare im Partner-Metalli-Look. Wie viele der heute wieder geschätzt 50.000 anwesenden Fans bereits am Freitag zum Auftakt da waren? Ein paar der in zeitlosem Neongelb beschrifteten Tour-Shirts waren jedenfalls schon auf dem Weg zum Stadion zu sehen. Und als Hetfield später fragt, heben – natürlich – alle die Hände.
Zum Auftakt ein knüppelhartes Potpourri
Die Band selbst hatte die Pause zwischen der Show am Sonntag genutzt, um die Hamburger Hilfseinrichtungen „CaFée mit Herz“ und „Dein Topf“ mit insgesamt 80.000 Euro Spenden zu bedenken. Und Hetfield und Trujillo schauten im Miniatur Wunderland vorbei. Eisenbahn statt Exzess – die Zeiten haben sich geändert.
Aber jetzt erstmal zum Auftakt ein knüppelhartes Potpourri: „For Whom The Bell Tolls“ – und tausende Fäuste in der Luft. Die Thrash-Hymne „Ride The Lightning“. „Through The Never“. „Seid ihr am Leben, Hamburg? Danke, dass ihr das Leben feiert, mit Freunden und Metallica“, sagt Hetfield, der mit seinen 59 Jahren 100 Lieder singen kann über Höhen und vor allem Tiefen desselbigen.
Kein Song wird doppelt gespielt beim „No Repeat Weekender“
Das Schlagzeug taucht an einer Stelle des Bühnen-Rings auf und an einer anderen wieder auf. Alles kreiselt und knallt. Und die Fans, die extra gezahlt haben, damit sie inner- und außerhalb des Rings quasi auf Augenhöhe und Tuchfühlung sind, sie filmen und filmen mit ihren Handys, weil das ja sonst keiner glaubt, wie nah sie dran sind.
- Fabian Lippke Groß, größer, Metallica: Das Stadion wurde für zwei Abende zum Tempel des Thrashmetal
Groß, größer, Metallica: Das Stadion wurde für zwei Abende zum Tempel des Thrashmetal - Fabian Lippke Robert Trujillo, Kirk Hammett und Lars Ulrich (v.l.) auf der Bühne im Volksparkstadion.
Robert Trujillo, Kirk Hammett und Lars Ulrich (v.l.) auf der Bühne im Volksparkstadion. - Fabian Lippke Kirk Hammett (l.) und Lars Ulrich werden von den Metallica-Fans bejubelt.
Kirk Hammett (l.) und Lars Ulrich werden von den Metallica-Fans bejubelt. - Fabian Lippke Metallica-Drummer Lars Ulrich nimmt den Applaus der Menge entgegen.
Metallica-Drummer Lars Ulrich nimmt den Applaus der Menge entgegen. - Fabian Lippke Metallica-Frontmann James Hetfield. Müssen wir mehr sagen? Eben.
Metallica-Frontmann James Hetfield. Müssen wir mehr sagen? Eben.
Kein Song wird sich heute doppeln, zum Programm vom Freitag. Das ist Prinzip bei diesem „No Repeat Weekender“. Und das ist die schlechte Nachricht, für alle die sich auf „One“ und „Enter Sandman“ gefreut hatten. Die gute Nachricht ist: Es gibt genug Hits auch für heute.
Metallica in Hamburg: Die zweite Show hat hier und da Längen
„Fade To Black“ zum Beispiel. Auch so ein düsteres, todessehnsüchtiges Stück, zu dem auf der Leinwand die gepeinigten Gesichter gesandstrahlter Gestalten zu sehen sind. Hetfield ruft zwischendurch mal „You are never alone“, weil er ja weiß, dass das manchmal gut tut. „1984 – und ich mag den Song noch immer“, sagt er danach, ganz aufgeräumter und in sich ruhender Conferencier. „Das fühlt sich an wie 100 Jahre her.“
Das könnte Sie auch interessieren: Metallica macht einen Abstecher ins Miniatur Wunderland
Heute, und das ist anders als am Freitag, gibt es hier und da ein paar Längen. „Sleepwalk My Life Away“ vom aktuellen Album „72 Seasons“ wird, nun ja, freundlich aufgenommen. „Orion“, das instrumentale Opus mit sägendem Gitarren-Part, ohne den es die Grunge-Heroen Alice In Chains vielleicht nicht gegeben hätte, versuppt und verhakelt ein bisschen.
Metallica in Hamburg: „Obey your Master!“
Aber dann: Der Mega-Hit „Nothing Else Matters“. Der Breitkreuz-Stampfer „Sad But True“. Ein erbarmungsloses Highspeed-Finale mit „Blackened“, „Fuel“ und der räudigen Straßenschläger-Mitsing-Hymne „Seek & Destroy“.
Und am Ende noch ein gewaltiges Riff-Opus für die Ewigkeit. 8.30 Minuten „Master Of Puppets“. Und die Gewissheit: Die sind zwar alterweise, und neuerdings offenbar Modellbau-Eisenbahn-Fans. Aber der unfassbare Wumms – der ist noch da. „Come crawling faster – obey your Master!“ Geht klar.