Billy Talent in Hamburg: Es menschelt im Moshpit
Wuchtiger Sound, Festival-Stimmung und originelle Moshpit-Choreografien: Beim Konzert von Billy Talent in der Sporthalle Hamburg gab es am Mittwochabend verschiedene Phänomene zu bestaunen. Vor allem aber eine charismatische Band, die auf der Bühne eine wunderbar unaffektierte Weise von Humanismus vorlebt und nebenbei für den FC St. Pauli schwärmt.
- Deutsch (Deutschland)
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Wuchtiger Sound, Festival-Stimmung und originelle Moshpit-Choreografien: Beim Konzert von Billy Talent in der Sporthalle Hamburg gab es am Mittwochabend verschiedene Phänomene zu bestaunen. Vor allem aber eine charismatische Band, die auf der Bühne eine wunderbar unaffektierte Weise von Humanismus vorlebt und nebenbei für den FC St. Pauli schwärmt.
Während bei vielen Konzerten in Multifunktionsarenen vor Showbeginn gerne Produktwerbung für Statussymbole über die Leinwände läuft, wähnte man sich bei Billy Talent am Mittwochabend einem etwas anderen Kosmos. Hier wurde vorab für eine NGO geworben, die sich für Kinder in Krisengebieten einsetzt, gefolgt von einem FC St. Pauli-Shirt mit Billy-Talent-Schriftzug und dem Zitat „You don’t have to battle this alone” aus dem Song „I Beg To Differ”. Die Erlöse aus dem Shirt gingen komplett an das Sozialprojekt „Kiezhelden“. Noch am Nachmittag hatte das kanadische Quartett eine Stadiontour am Millerntor gemacht.
Und dass ihr soziales Gewissen auch Haltung ist und nicht (wie ein Parfüm aufgetragene) Meinung, betonte Sänger Benjamin Kowalewicz bei jeder sich bietenden Gelegenheit: „Bei einem Billy-Talent-Konzert passt jeder auf den anderen auf, okay? Wenn jemand hinfällt, dann helft ihr der Person wieder hoch“, sprach er mahnend gen Zuschauer im entfesselten Moshpit, die sich bereits im Vorprogramm bei Pabst und Frank Turner ordentlich verausgabten, aber sich jederzeit solidarisch zeigten. Billy Talent brauchten nur zwei Songs („Devil In A Midnight Mass“, „This Suffering“), um die eigentlich so steril anmutende Alsterdorfer Sporthalle in ein kleines Hurricane-Festival zu verwandeln.
Konzert-Rezension: Billy Talent live in Hamburg
Vor allem der Pogo-Mob in den vorderen Reihen beherrschte dabei die vielen Spielarten der kollektiven Tanzchoreografie im Punkrock. Ob Circle Pit (Zuschauer bilden einen Kreis, rennen dann aufeinander los), Windmill (kreisförmiger Zuschauerstrudel) oder verloren gegangene Schuhe, die hochgehalten wurden – es war großes Kino.
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Besonderes Lob gebührt den knapp 100 Fans, die eine Choreo auf dem Boden sitzend ausführten und an die Ruderbewegungen von Sklaven auf einer Galeere erinnerte. Das Quartett aus Toronto spielte sich derweil gutgelaunt durch ein Best-of-Set mit Songs wie „Surrender“, „Rusted From The Rain“ oder „Devil On My Shoulder“.
Die Info von Benjamin Kowalewicz, dass Billy Talent einen Euro jeder Eintrittskarte für wohltätige Zwecke spenden und dass die Pandemie ihn gelehrt hätte, dass man sich auf die „Liebe, Familie und Freunde“ konzentrieren sollte, statt sich „den vielen Hatern“ zu widmen, hatte fast schon etwas Pastorales. Zwar nicht erleuchtet, aber zumindest beseelt, ging ein Großteil der knapp 8000 Zuschauer an diesem Abend nach Hause.