Whisky, Flammenwerfer und „Gangbang“: Mein Tag als Helfer im Kult-Club
Das „Logo“ an der Grindelallee, die „lauteste Sauna“ Hamburgs: Hier haben Rammstein gespielt, Beatsteaks, Oasis. Große Namen, kleine Bühne, legendäre Nächte. Seit einiger Zeit kämpft der Live-Club ums Überleben. Corona und so. Richtig geile Konzerte gibt es aber noch immer. Und ich, der MOPO-Reporter, bin für ein Konzert als „Roadie“ mittendrin.
Das „Logo“ an der Grindelallee, die „lauteste Sauna“ Hamburgs: Hier haben Rammstein gespielt, Beatsteaks, Oasis. Große Namen, kleine Bühne, legendäre Nächte. Seit einiger Zeit kämpft der Live-Club ums Überleben. Corona und so. Richtig geile Konzerte gibt es aber noch immer. Und ich, der MOPO-Reporter, bin für ein Konzert als Helfer mittendrin.
Heute spielen Maggers United. Hamburger Schnodderrock. Titel u.a. „Hackenkacken dicht“, „Leck mich wie()der Sommer“. Die Richtung ist klar. Noch sind es aber fünf Stunden bis zum Einlass. Ich beginne mein Kurzzeit-Praktikum und werde von Valery Vilman eingesammelt. Er macht seit einem halben Jahr eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann, hat hier zahlreiche Jobs, klebt Plakate, macht Büroarbeit, sorgt für das leibliche Wohl der Musiker:innen – und der Gäste.

Ob Bar oder Backstage: Azubi Valery bereitet das „Logo“ vor
Kleine Würstchen stehen auf dem Tisch im Backstage-Bereich, es gibt Käsewürfel, Kekse, Äpfel, Bananen, Weintrauben und Getränke. „Die Bands sollen sich wohlfühlen, damit sich auch die Zuschauer wohlfühlen und alle ein gutes Konzert haben“, erklärt er. Das sei das Motto, das über allem stehe. Alles klar. Ist notiert. Ich hatte eine etwas andere Catering-Ausstattung erwartet, kommt aber vielleicht noch.
Das „Logo“ ist bald ein halbes Jahrhundert alt. Angefangen hat es mit einem Ausruf. „Logo, Alder!‘ war im Hamburg der 70er Jahre ein Standardspruch bei allen, die sich für Rockmusik interessierten und lange Haare hatten“, erinnerte sich ehemalige Geschäftsführer Eberhard Gugel vor Jahren in der MOPO über die Anfänge. Der Name stand also fest. Zunächst war der Mini-Club Anlaufpunkt für Studierende, irgendwann die heißeste Adresse für Rock `n` Roll. Nicht nur, weil Rammstein auf der Bühne mit einem Flammenwerfer hantierten oder Wolfgang Wendland, Sänger von „Die Kassierer“, auf der Bühne sein großes Geschäft verrichtete. Immerhin: Er legte eine Zeitung darunter.
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Lang, lang ist es her. Gugel hat den Laden mittlerweile verkauft, war aber mehrere Jahrzehnte die Seele des Clubs.
Valery Vilman und ich stehen vor dem Logo, müssen noch die Bands des heutigen Abends anbringen. Schwarze Buchstaben auf weißem Grund. Groß und fett. Kein Schnickschnack. Kennt man in Hamburg. Gehört zum „Logo“.
Als Hobby-Musiker: Valery spielte schon selbst im „Logo“
Mein Vorarbeiter stammt ursprünglich aus Engels in Russland, bis 1941 war das der Verwaltungssitz der autonomen Wolgadeutschen Republik. Vor 13 Jahren kam er nach Deutschland. Er schloss ein Fernstudium ab, machte verschiedene Jobs. Mit fast 30 folgte der Wechsel ins „Logo“.

„Ich habe immer schon Musik gemacht. Daraus ist die Idee gewachsen, meine Leidenschaft mit meinem Leben zu verbinden“, sagt Valery Tilman. Mit seiner eigenen Band stand auch er schon auf der „Logo“-Bühne.
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Wenn er nicht an der Bar oder am Einlass arbeitet, übernimmt er Büroaufgaben. Verträge mit den Musiker:innen fallen darunter, oder das Nachordern von Getränken. Zwei Tage pro Woche verbringt er in der Berufsschule. Hinter uns proben derweil die Bands – krachend laut.

Sechs Leute arbeiten heute, um den Konzertabend durchzubringen. Maggers United setzt sich im Backstage-Bereich zu mir. Es gibt Jacky-Cola für alle. „Das ‚Logo‘ ist eine große Familie“, sagt Sänger Piet Mosh. Das wissen die Musiker zu schätzen: Seit drei Jahrzehnten gehören sie hier zu den Stammgästen. Ob sich viel verändert hat? Bis auf die Mitarbeiter:innen offenbar wenig. „Irgendjemand hat im Backstage mal durchgewischt“, sagt Piet und lacht.
Piet Mosh: „Das ‚Logo‘ ist eine große Familie“
Eine halbe Stunde vor Kick-off warten die ersten Fans vor der Bühne. Einige tragen Weihnachtsmütze. Dazu hatte die Band aufgerufen und Merchandise als Geschenk versprochen. Schließlich ist das Konzert der große „X-Mas-Gangbang“, bloß um einige Wochen nach hinten verschoben.
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Mein Arbeitstag ist damit vorbei. Ich schnappe draußen kurz frische Luft und kann danach das Konzert genießen. Valery Vilman hat dazu keine Zeit. Er steht jetzt an der Garderobe und hilft mit, dass dort niemand lange warten muss. Anschließend ruft uns die Bar – mich für ein kaltes Getränk, Valery zum Ausschenken. Ist auch dringend nötig. Die Meute schwitzt – und ist durstig.