x
x
x
Rosafarbener Raum, rechts steht Woyzeck, links liegt neben einer blutverschmierten Wand eine Person
  • Was treibt diesen Woyzeck (Josef Ostendorf, r.) an? Man weiß es nicht.
  • Foto: Thomas Aurin

„Woyzeck“ am Schauspielhaus: Nichts als billige Komik

Mann tötet Frau. Auch in Deutschland ist das Alltag – neun Femizide allein in den ersten beiden Wochen des vergangenen Monats. Erfreulich, dass eine junge Regisseurin diese Tatsache mit einem knapp 200 Jahre alten Drama von Georg Büchner in Beziehung setzen will, in dem es genau darum geht: „Woyzeck“ tötet seine Freundin Marie. Doch was Lucia Bihler (34) vollmundig ankündigt, kam ihr offenbar während des Inszenierens abhanden.

Nichts ist übrig geblieben von der Darstellung männlicher Gewalt und deren Ursachen, noch nicht einmal der großartige Text überstand ihre Regie-Arbeit unbeschadet. Bei Büchner wird „Woyzeck“ als einfacher Soldat von seinem Vorgesetzten gedemütigt und durch einen Arzt zu medizinischen Versuchen missbraucht, die Eifersucht auf einen Nebenbuhler lässt ihn schließlich zum Mörder an der Mutter seines Sohnes werden.

Neue Inszenierung des Klassikers: Alles nur Show

Bei Bihler ist alles Show: Ihre Figuren tragen Lack- und Glitzer-Outfits, endlose Fingernägel und Teufelshörnchen. Alle Spieler:innen bewegen sich durch mehrere kleine Gummizellen, in die das Publikum auf erhöhter Drehbühne wechselnd begrenzten Einblick hat; und jedes Zimmerchen ist in augenreizender rosa Farbe ausgestattet.

Der 66-jährige Josef Ostendorf verkörpert die Titelrolle, Bettina Stucky spielt Marie. Die beiden zeichnen sich – wie großartige Schauspieler:innen überhaupt – auch dadurch aus, dass sie jeden Schwachsinn spielen können, den ihnen eine Regisseurin zumutet, ohne dabei auszusehen, als ob sie sich für ihr Tun in Grund in Boden schämen, obwohl das in diesem Fall angebracht wäre. Das Kind der beiden lässt Bihler wörtlich unter den Tisch fallen: Dort hockt ein kleiner Junge ohne Aktionsradius.

Großartige Schauspieler:innen, substanzloses Stück

Anleihen bei der für Robert Wilson typischen Körpersprache sind unübersehbar, wenn auch im gesteigert hektischen Tempo. Statt Substanz setzt die Regisseurin auf billigste Komik und das grelle Auffallen um jeden Preis. Fazit nach 90 Minuten: Stück tötet Abend.

Schauspielhaus: 3./4./10./11.11., diverse Zeiten, 9-40 Euro

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp