Ohnsorg-Legende spricht übers Altern, Lebensfreude und das Glück
„Herausforderungen halten mich jung“, sagt Herma Koehn. Und das glaubt man ihr sofort. Der Terminkalender der engagierten Hamburger Schauspielerin – über Jahrzehnte eine feste Größe am Ohnsorg-Theater und im vergangenen Jahr 80 geworden – ist wie eh und je gut gefüllt. Eine der Rollen, die sie gerade mit Leidenschaft verfolgt: In „Kröten in Not“ spielt sie an der Komödie Winterhuder Fährhaus die wohlhabende Witwe Hedwig, die Opfer eines Enkeltricks wurde (auch wenn nicht alles so ist, wie es zunächst scheint). Über ihren Spaß an der neuen Aufgabe und warum Lebensfreude keine Frage des Alters ist, sprach Herma Koehn vor der Premiere mit der MOPO.
MOPO: Was macht die Figur der Hedwig für Sie so attraktiv?
Herma Koehn: „Kröten in Not“ ist eine moderne Alltagskomödie, die einige aktuelle Themen anspricht. Hedwigs Enkelin demonstriert für Klimaschutz, ihr Enkel züchtet im Keller seines Elternhauses Hanfpflanzen, die Ehe ihres Sohnes bröckelt, und Hedwig selbst fällt scheinbar auf einen Enkeltrick herein. Diese herrlich pointiert geschriebene Rolle zu spielen, die hoffentlich auch dem Zuschauer viel Vergnügen bereiten wird, erschien mir äußerst reizvoll.
Hedwig ist also eine Frau ganz nach Ihrem Geschmack?
Ja. Als Besitzerin eines Waldgrundstücks und eines Tresors voller Schmuckstücke ist Hedwig eine materiell unabhängige Frau. Doch Geld allein macht eben nicht glücklich. Sie wünscht sich, vor allem mit ihrem Sohn, der Immobilienmakler und sehr auf Geld erpicht ist, einen liebevolleren Umgang. Durch die Sache mit dem Enkeltrick werden nun die familiären Beziehungen auf den Prüfstand gestellt. Wie die Geschichte ausgeht, werde ich hier natürlich nicht verraten, nur so viel: Der Tresor ist leer.
Sie haben offenbar eine Schwäche für besondere Frauenfiguren: Riesenerfolg hatten Sie auch als Frauke Petersen in „Die heilige Johanna der Einbauküche“.
Frauke Petersen war eine Rolle, die ich sehr geliebt und über 300-mal im ausverkauften Haus gespielt habe. Wie jetzt Hedwig hat auch sie ihr Leben in die eigenen Hände genommen. Genauso bin ich auch. Zwar besitze ich keine Immobilie, aber ich habe einen Sohn, eine Schwiegertochter und Enkelkinder, die sich sehr liebevoll um mich kümmern. Aber mein eigenes Geld verdienen und alles allein schaffen – das wollte ich immer. Vielleicht weil ich in Zeiten groß wurde, in denen ich eben „nur“ ein Mädchen war.
Jetzt blicken Sie zurück auf eine fast 60-jährige Bühnenkarriere. Hatten Sie überhaupt jemals Zeit für ein Familienleben?
Im Rückblick frage ich mich das auch manchmal. Ich bin ja immer im Dauerlauf gewesen, nach den Theatervorstellungen sofort ins Auto gesprungen, um nach Hause zu meinem Kind zu kommen. Als mein Sohn mir einmal sagte, er könne sich nicht daran erinnern, dass mal kein warmes Essen auf dem Tisch stand, habe ich das als großes Kompliment genommen. Aber ganz ohne Hilfe durch eine gute Freundin, meine Schwestern und zwei wunderbare Nachbarinnen ging das natürlich nicht. Bei den Männern, die mir in meinem Leben begegnet sind, musste ich allerdings immer befürchten, dass sie mir als ihrer Frau sofort die Schauspielerei verbieten. Dieses Risiko aber wollte ich auf gar keinen Fall eingehen.
Alter ist nichts für Feiglinge – würden Sie diese vielzitierte Aussage auch für sich unterschreiben?
Ehrlich gesagt, denke ich gar nicht groß über mein Alter nach. Ich weiß, ich bin jetzt 80, aber ich glaube es eigentlich selber nicht. Ich mache einfach immer weiter, bin neugierig auf interessante Charaktere und freue mich, dass immer wieder neue Aufgaben auf mich zukommen. Ob Drehtage wie für „Nord Nord Mord“ oder jetzt in der Komödie Winterhuder Fährhaus. Ich glaube, das Textlernen und die Begegnungen mit meistens jüngeren Kolleginnen und Kollegen halten fit.
Gibt es eine Glücksformel in Ihrem Leben?
Ich bin sehr glücklich über meine gute Gesundheit. Und es ist für mich ein ausgesprochen gutes Gefühl, dass ich mir mein Leben, so wie ich es mir gewünscht habe, unabhängig und durch meine eigene Arbeit ermöglichen konnte. Eingebettet zu sein in eine liebevolle Familie ist natürlich noch ein zusätzliches Glück.
Komödie Winterhuder Fährhaus: 9.5.-15.6., diverse Termine und Uhrzeiten, Karten 25-39,50 Euro, Tel. 48068080
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.