Pippi Langstrumpf mit Rastas: Der Kampf gegen den Kinderbuch-Mainstream
Max & Moritz, Heidi, Pippi Langstrumpf oder Petronella Apfelmus – jede Generation hat ihre eigenen Kinderbuch-Helden. Doch eines haben sie alle gemein: Sie sind weiß. Die Hamburgerin Dayan Kodua will das ändern. Sie hat einen Verlag gegründet, um mehr Diversität in deutsche Kinderbücher zu bringen. Haare spielen hierbei eine besondere Rolle, aber auch die Suche nach Glück, Toleranz und Respekt. Prompt wurde sie von der Bundesregierung ausgezeichnet.
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Max & Moritz, Heidi, Pippi Langstrumpf oder Petronella Apfelmus – jede Generation hat ihre eigenen Kinderbuch-Helden. Doch eines haben sie alle gemein: Sie sind weiß. Die Hamburgerin Dayan Kodua will das ändern. Sie hat einen Verlag gegründet, um mehr Diversität in deutsche Kinderbücher zu bringen. Haare spielen hierbei eine besondere Rolle, aber auch die Suche nach Glück, Toleranz und Respekt. Prompt wurde sie von der Bundesregierung ausgezeichnet.
Dayan Koduas Pippi Langstrumpf heißt Akoma. Sie geht mit Maja und Lucas in die Klasse von Frau Hildebrandt. Bei einem Ausflug auf einen Bauernhof passiert es: Die Bäuerin greift in Akomas Afro-Haare. Einfach so. Ohne zu fragen. „Aber deine Haare sind doch so schön“, sagt die Frau. So, als ob das wieder gut macht, was eigentlich gar nicht okay ist: ein distanzloser Übergriff.
Griff ins Afro-Haar: Viele Kinder erleben das
Fast jedes schwarze Kind in Deutschland kennt diesen Griff ins Haar. Er gehört zu ihrem Lebensalltag. Doch in der Realität von Pippi Langstrumpf oder Conni kommt er nicht vor. Dayan Kodua hat selbst erlebt, wie ihre Söhne (8 und 12) Helden vermissten, denen ähnliches passierte wie ihnen selbst.
„Mein Jüngster fragte mich irgendwann, warum die Hauptfiguren in unseren Büchern eigentlich immer Weiße sind“, sagt die Autorin, die eigentlich Schauspielerin ist und schon im „Tatort“, „Die Pfefferkörner“ oder „Der Dicke“ mitspielte. Die in Ghana geborene und in Kiel aufgewachsene Kodua beschloss, neue Heldinnen und Helden zu erschaffen. Nach „Odo“ und „Emmanuels Traum“ ist nun auch die Geschichte von Akoma in Dayans 2019 selbst gegründetem „Gratitude Verlag“ erschienen. Der Titel: „Wenn meine Haare sprechen könnten“ (17 Euro).
Auszeichnung der Bundesregierung für Dayan Kodua
Für ihr Anliegen, neue Vorbilder zu erschaffen, welche die gesellschaftliche Realität in Deutschland besser abbilden, ist Dayan Kodua nun zur Kultur- und Kreativpilotin 2022 ernannt worden, einer Auszeichnung durch die Bundesregierung.
Vorbilder schaffen ist aber nur das eine. Vor allem aber will die 42-Jährige, die mit ihrem weißen Mann, einem Finanzinvestor, und den beiden Söhnen in Rosengarten lebt, Brücken bauen. Auch die Kinder der Mehrheitsgesellschaft können etwas lernen von Akoma oder Odo – nämlich Verständnis für die Gefühle anderer zu entwickeln, Respekt und Toleranz zu zeigen.
Gegen Rassismus und Intoleranz: Hamburger Schauspielerin will Brücken bauen
„Es geht in meinen Büchern um universelle Werte“, betont Dayan Kodua. Darum, dass Kinder lernen müssen „Nein“ zu sagen, wenn Fremde etwas von ihnen wollen, das sie nicht möchten. Darum, seine eigenen Talente zu erkennen. Und darum, Mut zu entwickeln, seine Ziele durchzusetzen.
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„Kinder müssen wissen, dass man nicht alles geschenkt bekommt“, sagt Dayan Kodua. Dass man an seinem Schicksal arbeiten kann. Sie selbst habe das auch lernen müssen. So habe ihr Vater sich ein Medizinstudium für seine Tochter vorgestellt. „Er wollte, dass ich Ärztin werde.“ Schauspielerei – das waren für den studierten Flugzeugingenieur, dessen Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt wurden und der daher als Schlosser arbeiten musste, nur Flausen.
Dayan hat ihren Traum dennoch verwirklicht. Und auch Akoma schafft es im Kinderbuch, ihre Ziele durchzusetzen: „Sagt immer, was euch wichtig ist. Nur ihr wisst, was euch glücklich macht“, sagt Akomas Bilderbuch-Papa zu seiner Tochter. Vielleicht auch eine versteckte Botschaft der Autorin an ihren eigenen Vater.