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Die Band Faust 1971
  • Legendäre Krautrock-Helden: die Hamburger Band Faust (Foto von 1971)
  • Foto: Bureau B

Na? Kennen Sie diese Hamburger Rock-Superstars?

Der Journalist Christoph Dallach hat ein „Krautrock“-Buch geschrieben, in dem er 66 Gespräche mit Pionieren des Genres zu einem Zeitzeugendokument zusammenfügt: Die Musiker führen durch ihre Geschichte, in der das Nachkriegs-Deutschland, Terrorismus, LSD und Aufbruchsstimmung genauso vorkommen wie jede Menge Anekdoten aus erster Hand. Der MOPO erzählt Dallach vor seiner Lesung auf Kampnagel am 12. November, wie die moderne Rockmusik in Deutschland erfunden wurde und warum die wichtigsten Vertreter aus Hamburg kamen – Superstars, die (fast ausschließlich) im Ausland gefeiert werden.

MOPO: Herr Dallach, Sie haben ein Buch über Krautrock geschrieben. Was versteht man überhaupt unter dem Begriff?

Christoph Dallach: Ein schwieriger Begriff: „Kraut“ ist ein Schimpfwort der Briten für Deutsche aus dem Krieg, und mit Rock hat die damit bezeichnete Musik eher selten zu tun. Aber besagte Musiker aus den Siebzigern wie Can, Neu!, Faust, Tangerine Dream oder Kraftwerk haben gelernt damit zu leben.

Hamburger Autor: „LSD und Gras gehörten wohl dazu!“

Waren die eigentlich alle auf Drogen?

Ja, so gut wie alle! LSD und Gras gehörten wohl einfach dazu. Wie gefährlich LSD aber letztlich war und ist, wird in meinem Buch auch klar. Einige haben den Absprung nicht geschafft. Es gab auch Tote.

Gibt es verrückte Sachen, die das Buch offenbart?

Einige. Man erfährt beispielsweise, wie ein bissiger Mike Oldfield zeitweilig unter dem Esstisch hockte, als die Hamburger Band Faust in England ihr Album einspielte. Oder wie Techniker eine Tangerine-Dream-Platte rückwärts masterten – und es keiner bemerkte.


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Wie lange haben Sie daran gearbeitet?

Ich habe mir Zeit gelassen und die Geduld des Verlages überstrapaziert. Angefangen habe ich vor acht Jahren. Über die Zeit habe ich mal mit Holger Czukay in seinem Studio in Köln im Hochsommer schmelzende Lebkuchen gegessen, Jean-Michel Jarre vor einem Konzert befragt und Iggy Pop und Brian Eno so lange mit Mails bezüglich Interviewanfragen gequält, bis sie aufgegeben haben.

„Wenn es in Deutschland so coole Musik gegeben hat, wieso war sie dann ausgerechnet hier so ein Geheimnis?“, fragen Sie zu Beginn des Buches. Wieso ist das Genre hierzulande nie bei der breiten Masse angekommen?

Das ist die alte Geschichte vom Propheten, der im eigenen Land nichts gilt. Außerdem scheint mir das deutsche Publikum besonders intolerant gegenüber herausfordernder Kunst. Da waren Engländer, Franzosen oder Amerikaner immer offener als wir. Dass Tangerine Dream aus Berlin in den 70ern hunderttausende Alben in UK verkauften und hier quasi unbekannt waren, ist schon irre.

Zusammen auf Kampnagel: Autor Christoph Dallach (l.) und Musiker Andreas Dorau Stefanie Dallach
Christoph Dallach und Musiker Andreas Dorau an einem Bahngleis
Zusammen auf Kampnagel: Autor Christoph Dallach (l.) und Musiker Andreas Dorau

Müssen sich Menschen schämen, die nicht gleich fünf Krautrock-Titel nennen können?

Quatsch. Vieles davon ist sehr obskur, war aber schon lange unter Musikern enorm einflussreich. Coldplay haben Kraftwerk gesampelt, und Kanye West hat sich bei Can bedient. Der erste prominente Krautrock-Fan war wohl David Bowie, der, als er in Berlin lebte, auf den Geschmack gekommen ist. Er saß mal bei „Wetten, dass..?“ auf dem Sofa und wunderte sich, dass kaum einer im Saal wusste, wer Neu! oder Harmonia sind. Gottschalk hatte übrigens auch noch nie von ihnen gehört.

Krautrock-Fans: Coldplay, Kanye West, David Bowie

Mit welchen drei Platten sollte man einsteigen? Was sind die Must-haves?

So was ist immer subjektiv, aber drei zugängliche Klassiker sind „Neu!“ von Neu!, „Ege Bamyasi“ von Can und Tangerine Dreams „Phaedra“.

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