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Steffi von Wolff
  • Die Autorin Stephanie von Wolff zuhause in Eppendorf.
  • Foto: hfr

Diese Hamburger Autorin erklärt die faszinierendste Epoche der TV-Unterhaltung

Die Hamburger Autorin Stephanie von Wolff hat über kontaktlinsentragende Krokodile auf dem Kiez („Reeperwahn“), über Swingerclubs („Fremd küssen“) und Frauen, die mit 97 noch mal von vorn anfangen, geschrieben („Rostfrei“). Aber jetzt ist Schluss mit lustig – naja, nicht ganz: Ihre Trilogie „Fräuleinwunder“ ist zwar humorvoll und unterhaltsam – aber gleichzeitig beleuchtet sie historisch versiert eine faszinierende Epoche der TV-Unterhaltung: deren Anfang nämlich, die Fünfzigerjahre. Und, wie der Titel sagt: Es geht um ein Fräulein, so sagte man ja damals noch, und ihre Karriere. Die war zu der Zeit nämlich wirklich ein Wunder …

MOPO: Worum geht es im Buch?
Stephanie von Wolff: Um Elly Bothsen, Tochter aus reichem Haus, die beim NWDR, so hieß der NDR früher, arbeitet – und das im Jahr 1954. Elly hat Erfolg, arbeitet zum Beispiel mit dem ersten deutschen Fernsehkoch Clemens Wilmenrod zusammen. Sie hat viele Ideen, was nicht nur Lob, sondern auch Neid bringt. Gerade die Männer sind nicht begeistert davon, dass eine Frau so durchstartet. Also Elly ist natürlich fiktiv, aber wir treffen viele echte Persönlichkeiten. Peter Frankenfeld wird auftauchen und auch Romy Schneider. Und noch mehr!

Warum ausgerechnet diese Zeit?

Die 1950er Jahre haben mich schon immer fasziniert, weil da die Wirtschaftswunderzeit in vollem Gange war. Die Leute waren wieder fröhlich und konnten nach vorn schauen. Nach außen wirkte das alles so Heile-Welt-mäßig. Aber das war es zumindest für die Frauen nicht. Die durften ohne Zustimmung des Ehemannes weder arbeiten noch den Führerschein machen. Eine alleinerziehende Mutter war in der Gesellschaft undenkbar. Die „kann das ja gar nicht“. Da kam sofort die Fürsorge. Auch darin geht’s natürlich im Fräuleinwunder!

„Frauen durften ohne Zustimmung des Mannes ja nicht einmal arbeiten“

Haben Sie mit Frauen aus der Zeit gesprochen?

Hätte ich gern, aber leider ist das zu lange her. Zu gern hätte ich mich der ersten Fernsehansagerin Irene Koss unterhalten, aber leider lebt sie nicht mehr. Zum Glück hat gerade, als ich es brauchte, der NDR seine Archive geöffnet und ich konnte mich durch die ganze Retro-Mediathek gucken. Das war herrlich. Die erste Zeit hat man ja aus dem Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld gesendet. Man musste wahnsinnig viel improvisieren, hat ohne Klimaanlage unter den Scheinwerfern geschwitzt, und draußen tobte der Hamburger Dom. Irene Koss sagt in einem Interview, es sei eine tolle, einzigartige Zeit gewesen, unwiederbringlich.

Der zweite Teil der Trilogie „Die Fernsehfrauen“, das Buch „Fräuleinwunder Damenwahl“ ist jetzt erschienen und kostet 15 Euro. hfr
Buchcover
Der zweite Teil der Trilogie „Die Fernsehfrauen“, das Buch „Fräuleinwunder Damenwahl“ ist jetzt erschienen und kostet 15 Euro.

Wie läuft denn so ein Arbeitstag bei Ihnen ab? Brauchen Sie künstlerische Inspiration? Haben Sie Rituale?

Völlig unspektakulär. Ähnlich wie eine gewissenhafte Finanzbeamtin. Aufgeräumter Schreibtisch, 9-17 Uhr. Im Sommer schreibe ich gern auf dem Balkon. Nur mit einer Funk-Tastatur ohne Monitor, weil ich das gute alte 10-Finger-System noch beherrsche. Ich habe das sogar noch auf einer alten Adler-Schreibmaschine gelernt wie die Damen damals. Da tun einem schnell die Finger weh!

„Ich würde überall anecken, wenn ich in den Fünfzigern leben würde“

Im Vergleich zu damals hat sich schon einiges getan in Sachen Emanzipation …

Oh ja, wir dürfen Kinder alleine großziehen, können alleine ausgehen, ohne als liederliches Flittchen bezeichnet zu werden, wir können unsere Männer wegen häuslicher Gewalt anzeigen und einfach so arbeiten gehen und Karriere machen. 

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Ist Ihnen das beim Schreiben nochmal bewusst geworden?

Ja, absolut. Je tiefer man in diese Zeit eindringt, desto mehr wird einem klar, dass zwar immer noch viel zu tun ist, aber heute schon alles besser ist als damals.

Sie haben gesagt, die Fünfziger hätten Sie schon immer fasziniert. Aber hätten Sie zu der Zeit leben wollen?

Ja und nein. Ja, weil ich zu gern wüsste, wie es damals so im täglichen Leben zugegangen ist, und nein, weil ich überall anecken würde. Weil ich mir nämlich von Männern nicht so gern was sagen lasse. Und das ist auch gar nicht schlimm.

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