Der Künstler steht zwischen zwei übergroßen Leinwänden
  • Ein Bild aus der Kino-Doku: Daniel Richter entscheidet, welche Gemälde bei einer Ausstellung in New York gezeigt werden.
  • Foto: B14 Film/Daniel Gottschalk

Darum sind einige Bilder voller Kacke: Doku über Maler-Star Daniel Richter verrät’s

In seiner neuen Kino-Doku gewährt Oscar-Preisträger Pepe Danquart („Am Limit“) intime Einblicke in den Arbeitsalltag des international renommierten Künstlers Daniel Richter (60), der lange Jahre in Hamburg gelebt hat und dessen Werke auf dem Kunstmarkt mitunter Millionensummen erzielen. Der schlicht „Daniel Richter“ betitelte Film läuft seit diesem Donnerstag in den Kinos. Ein Gespräch über Scharlatane in der Kunstszene, gastronomische Investitionen und frei umherfliegende Vögel im Atelier.

MOPO: Herr Richter, Sie haben sich gewünscht, dass durch den Film Ihre Arbeit diskutierbar und überprüfbar wird. Sind Sie mit dem Resultat zufrieden?

Daniel Richter: Ich habe den Film bisher nur einmal gesehen. Mir war es ein bisschen peinlich, aber ich glaube, dass das normal ist, wenn man nicht gewohnt ist, sich selbst zu sehen. Man schaut sich an und denkt: „Ah, das hätte ich besser formulieren können. Wie bewege ich mich eigentlich? Das ist ja peinlich.“ Aber im Großen und Ganzen kommt es dem Ziel nahe.

Sie erwähnen im Film, dass Sie sich schon als Kind für jede Art von Bild begeistert haben, aber Ihre Herkunft und auch Ihre Zeit in Hamburg bleiben außen vor. War das Ihr Wunsch?

Ja. Wir haben uns darauf konzentriert, was im Atelier und drum herum passiert. Wenn ich über mein Vorleben geredet hätte, wäre es ein biografischer Film geworden. Das wollte ich nicht. Ich wollte einen Film, der sich mit der Kunst beschäftigt: ein Versuch, die Bedingungen klarzumachen, unter denen ich arbeite. Ansonsten beginnt man irgendwann aufzuzählen: „Dann habe ich eine Lehre gemacht, bin rausgeflogen, dann war ich Hausbesetzer, dann war ich Autonomer.“ Das ist alles lange her und wird zu einer Mystifikation. Was hat das mit dem Typen zu tun, der abstrakte Bilder malt?


Zur Person

Daniel Richter (60) gilt als einer der wichtigsten deutschen Gegenwartskünstler. Seine Werke erzielen auf Auktionen bis zu 1,4 Millionen Euro. Er wuchs in Lütjenburg auf, zog 1980 nach Hamburg, wurde Zivi, Punk und Sympathisant der Hausbesetzerszene. Später studierte er an der HfBK – unter anderen mit Jonathan Meese. Heute ist er Professor in Wien und lebt in Berlin. Hamburg ist er als Inhaber des Plattenlabels „Buback“ weiterhin verbunden.


Eine sehr populäre Schauspielerin hat einmal gesagt, dass sie sich noch immer wie eine Hochstaplerin fühle und Angst habe, dass jemand sagen könnte: „Du bist entlarvt, du kannst das gar nicht!“ Sind Ihnen solche Gefühle fremd?

Jetzt habe ich das Gefühl, mir einen Bereich erarbeitet zu haben, in dem ich souverän bin. Es hat aber Phasen gegeben, wo ich selbst so gedacht habe, weil ich auch nicht wirklich beherrscht habe, was ich machte. Da habe ich schon öfter gedacht, dass man eigentlich sehen kann, dass ich bestimmte Sachen übers Knie breche, weil ich musste. Wenn du irgendetwas nicht kannst, du es aber unbedingt willst, hast du, wenn du es trotzdem machst, das Gefühl, dass du gelogen hast. Du hast dich selbst angelogen. Du wolltest Muskatnuss verwenden. Die gab es aber nicht, also hast du Salbei genommen. Das hat auch irgendwie funktioniert. Sehr viele Leute, die wichtige Positionen in der öffentlichen Welt innehaben, sind meiner Meinung nach geistige Hochstapler. Das sind aber meistens keine Künstler, sondern bedeutende Führer politischer Parteien. (lacht)

Gibt es in der Kunstszene auf Ihrem Level Leute, die Sie als Scharlatane bezeichnen würden?

Massenweise! (lacht) Nein, das nicht. Das ist wie bei allen Kulturprozessen. Bei dem meisten denkt man: „Ich habe keine Ahnung, warum es das gibt.“ Ich finde mehr Freude beim Lesen von Büchern und Comics als bei Besuchen von Galerien. Es ist wie beim Musikhören. Es gibt nicht jede Woche eine neue Motörhead, Napalm Death oder Tyler, The Creator. Dann bin ich auch noch in der Malerei, einem kleinen Spezialsektor. Die Leute reden immer wegen der Auktionsmärkte darüber und weil dort irgendwelche Preise erreicht werden. Scharlatane sind da selten. Du kannst natürlich recht weit mit einer großen Klappe kommen. Aber auf lange Sicht funktioniert das nicht.

Der Künstler in seinem Berliner Atelier mit den beiden Grünzügelpapageien. Inzwischen hat er einen Pudel. B14 Film/Marvin Hesse
Er sitzt auf einem Sofa und schaut auf seine linke Hand, auf der zwei Vögel sitzen
Der Künstler in seinem Berliner Atelier mit den beiden Grünzügelpapageien. Inzwischen hat er einen Pudel.

Was haben Sie sich von Ihrem ersten großen Scheck geleistet?

Gute Frage. Essen! Ich habe sehr viel gegessen. Jonathan (Meese, der Künstler; Anm. d. Red.) ist ein sehr guter Freund von mir. Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre haben wir zum ersten Mal wirklich Geld verdient. Dann haben wir unfassbare Mengen gefressen. Wir sind teilweise zum Mittag zum guten Italiener gegangen und haben da bis spätabends weitergegessen. Das kann ich aber körperlich nicht mehr. Was ich wirklich gut fand, war, Schallplatten, Bücher und Comics zu kaufen, ohne drüber nachzudenken. Einfach zu sagen: „Interessantes Label, ich kaufe jetzt alles.“ Das hat sich nicht geändert. (lacht) Ich habe mir ein paar mehr Fahrräder gekauft, bescheiden will ich nicht tun. Uhren und Autos interessieren mich aber nicht. Insofern besteht der Luxus darin, alles, was einen interessiert, anhäufen zu können. Das ist schon cool.

Haben die Vögel, die frei in Ihrem Atelier umherfliegen, eigentlich schon mal Kunst ruiniert?

Die haben tatsächlich auf die Bilder geschissen. Es gibt aus der Zeit viele Bilder, auf denen Vogelkacke drauf ist. Das ist aber egal. Was wirklich verheerend war, ist Folgendes: Es gibt dieses englische Konvolut „The English 7“ Between 76 And 80“. Das ist die Bibel für jeden, der 7“-Platten sammelt. Die Vögel haben das komplett zernagt. Ich habe das zu spät gemerkt, weil sie sich dahinter ein Nest gebaut haben. Jedes Mal, wenn ich dieses Buch in die Hand nehme, bin ich stinksauer. Es ist mittlerweile teurer als jede Single. Das haben die Vögel kaputt gemacht, was ich ihnen nie verzeihen werde. Ich habe sie dann auch weggegeben, weil sie angefangen haben, eifersüchtig zu werden. Wenn sie drei bis vier Jahre alt werden, kommen sie in die Pubertät. Sie fingen an, Studiobesucher, meinen Sohn oder meine Frau zu attackieren. Das ist unangenehm, weil die dir ins Gesicht beißen. Die krallen sich da fest und beißen dir Fleischstücke aus deinem Körper. Deswegen musste ich sie weggeben. Jetzt habe ich einen Pudel, das ist ein super Tier.

„Daniel Richter“: seit diesem Donnerstag in den Kinos. In Hamburg im Abaton, Blankeneser-Kino, Koralle, Passage, Zeise. Premiere wird am 2.2. im Passage gefeiert (20 Uhr) – in Anwesenheit von Daniel Richter und Pepe Danquart

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