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  • In Europa gibt es zwei Konzerne, bei denen man Bier-Aktien kaufen kann: Heineken und Carlsberg.
  • Foto: picture alliance/dpa

Aktien-Trends mit Philipp Westermeyer: Komm’ ich mit Bier zu Geld?

Mit Aktien kann man viel Geld verdienen – aber genauso kann man eine Menge Geld verlieren. Soll ich mich trotzdem trauen? Und ist es nicht längst zu spät zum Einsteigen? OMR-Gründer Philipp Westermeyer (41) erklärt jeden Samstag in der MOPO aktuelle Themen und Trends an der Börse. Diesmal geht’s unter anderem um Bier, Lieferdienste und gute Geschäfte mit der schlechten Sicht.

1. ​Trotz Corona – den Börsen geht’s gut!

Geld anlegen ist schwer geworden, seit es so gut wie keine Zinsen mehr gibt. Während die Wirtschaft unter Corona leidet, geht es den Börsen aber sehr gut: Nach dem Einbruch im März haben sie sich mehr als erholt: DAX, Dow Jones und Co notieren auf Höchstständen. Diese Chance nutzen mehr und mehr Leute. Nach Schätzungen von „Finance Forward“ sind allein 2020 mehr als 4 Millionen Deutsche neu dabei und haben erstmalig „ETFs“ („Exchange Traded Funds“; siehe auch links) oder Aktien gekauft.

Der sicherste Weg mitzumachen sind „ETFs“, bei denen man in eine Gruppe von Firmen investiert. Die „ETFs“ bilden zum Beispiel den DAX, eine Region oder Branche ab. Das geht bereits mit wenigen Euro im Monat bei jeder Bank oder mit Trading Apps. „ETFs“ haben den Vorteil, dass das Risiko über viele Aktien verteilt wird und sie in der Regel nur sehr geringe Gebühren kosten.

2. Zwei Gruppen von Aktien: Wert oder Wachstum?

„ETFs“ sind natürlich nur eine Option. Man kann auch auf einzelne Firmen wetten. An den Börsen wird nicht nur fortlaufend der Preis der Aktien ermittelt, sondern damit auch der Wert der ganzen Firma: die „Marktkapitalisierung“ oder der „Market Cap“. Wenn man Aktien kauft, wettet man darauf, dass der „Market Cap“ der Firma in Zukunft steigen wird.

Es gibt – grob gesagt – zwei Gruppen, auf die man wetten kann: etablierte Unternehmen, die (meistens) Gewinne machen („Value“), oder junge Unternehmen, die stark wachsen wollen („Growth“). „Value“ ist dabei die sichere Variante, „Growth“ bietet mehr Gewinnchance und damit auch mehr Risiko.

Typische „Value“-Aktien sind etwa die Deutsche Post oder SAP. Die Unternehmen sind profitabel, könnten aber im Wert noch zulegen und zahlen üblicherweise eine Dividende aus. „Growth“-Aktien sind zum Beispiel in Deutschland Delivery Hero oder Auto1. Hier wettet man, dass das „Market Cap“ steigt, eine Dividende gibt es eher nicht.

3. Na, prost! Sollen wir jetzt auf Bier wetten?

Vergangene Woche stand in der MOPO: „Bierkonsum im Keller“. Es ging nicht um illegale Partys, sondern darum, dass ohne Stadion, Konzert und Kneipe einfach viel weniger Bier getrunken wird. In ganz Europa muss jetzt sogar hektoliterweise Bier weggeschüttet werden. Vielleicht ist das der richtige Zeitpunkt in Bier-Aktien zu investieren und als Aktionär dabei zu sein, wenn der Zapfhahn wieder aufgeht?

In Europa gibt es zwei Konzerne, bei denen das geht: Heineken und Carlsberg. Heineken hat im Verlauf der Woche Geschäftszahlen berichtet und tatsächlich: Der Gewinn hat sich halbiert, der Umsatz ist um 20 Prozent geschrumpft. Allerdings ist der Firmenwert, circa 50 Milliarden Euro, im vergangenen Jahr nur um neun Prozent gesunken, bei Carlsberg sogar nur um 3,5 Prozent. Die Märkte gehen offenbar davon aus, dass es bald wieder losgeht.

Über die Zukunft wird aber in China entschieden. Denn (nur) dort wächst der Markt, jedes Jahr steigt die Biernachfrage um zehn Prozent. Und noch ist viel Luft nach oben, da die 1,45 Milliarden Chinesen pro Kopf bisher nur ein Drittel so viel trinken wie wir.

Die Bier-Aktien sind zwar nicht ganz so günstig, wie man erwarten könnte, aber wenn man glaubt, Heineken oder Carlsberg treffen den chinesischen Geschmack, könnte man hier richtig liegen.

4. Sind Lieferdienste im Kommen?

Gerade durch Corona haben Menschen viel häufiger Essen nach Hause bestellt. Das zeigt sich auch bei Delivery Hero. Das digitale DAX-Vorzeigeunternehmen meldet diese Woche, dass sich der Umsatz 2020 auf 2,8 Milliarden Euro fast verdoppelt hat. Der Wert der Firma ist in den vergangenen zwölf Monaten um 60 Prozent gewachsen. Seit dem Börsengang im Sommer 2017 hat er sich sogar verfünffacht. Heute liegt das Market Cap bei ca. 27 Milliarden Euro. Aber: Es ist weiterhin kein Gewinn in Sicht. Vielmehr soll in Wachstum investiert werden. Es handelt sich um eine „Growth“-Aktie.

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Interessant ist, wo die Kollegen unterwegs sind. Während in Nordamerika knallharter Wettbewerb herrscht, macht Delivery Hero über 70 Prozent des Umsatzes in Asien und Arabien. In einigen Ländern setzen die Berliner seit Kurzem zudem auf „QuickCommerce“ à la „Gorillas“, Lebensmittel sollen in zehn Minuten nach Hause geliefert werden.

Fazit: Die Firma ist schon hoch bewertet, aber die Wachstum-Story könnte weitergehen. Wer glaubt, dass sich weiter mehr Leute mehr Essen liefern lassen, ist hier vielleicht richtig.

5. Brillen-Aktien: Geschäfte auf Sicht?

Auch mit schlechter Sicht kann man gute Geschäfte machen. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Brillenträger bei den 20- bis 30-Jährigen verdoppelt. Vermutlich ist zu viel Screentime die Ursache. Diese News sind Rückenwind für die größte deutsche Brillen-Aktie Fielmann. Fielmann betreibt zwar nur jeden 20. Optiker, verkauft damit aber jede zweite Brille in Deutschland. Damit machte die Hamburger Firma 2020 1,4 Milliarden Euro Umsatz und 170 Millionen Euro Gewinn.

Fielmann ist mit einem Markt Cap von sechs Milliarden Euro ziemlich teuer. Es entspricht etwa 35 Mal dem Jahresgewinn. Die Aktie hat aber in den vergangenen zwölf Monaten durch den Lockdown fünf Prozent an Wert verloren. Zwar ist Fielmann nicht besonders hip, aber die Firma hat eine ultrastarke Position im wachsenden Massenmarkt für Brillen. Wer daran glaubt, der könnte möglicherweise eine „Value“-Wette eingehen.

Die Börsen produzieren jeden Tag viele spannende Geschichten. Um die geht’s jeden Morgen von Montag bis Freitag im „Ohne Aktien wird schwer“-Podcast: ohneaktienwirdschwer.de und https://sptfy.com/i3YH (mp)

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