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  • Ein leeres Klassenzimmer
  • Foto: picture alliance/Hans Punz/APA/dpa

Schulen und Kitas geschlossen: Darf ich freimachen, um auf mein Kind aufzupassen?

Köln/Düsseldorf –

Die Forderungen wurden immer lauter, nun bleiben immer mehr Kindergärten und Schulen geschlossen, unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Was bei der Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus helfen soll, wirft bei vielen Eltern zunächst praktische Fragen auf. Wer betreut mein Kind, wenn es ab Montag nicht in die Schule muss, ich aber zur Arbeit? Darf ich dann zu Hause bleiben? Und werde ich trotzdem weiter bezahlt?

Wie sieht die rechtliche Lage aus, darf ich bei meinem Kind zu Hause bleiben, wenn die Schule geschlossen ist?

Bleiben Kindergärten oder Schulen als Vorsichtsmaßnahme geschlossen, dürfen Arbeitnehmer notfalls für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben. Solange keine andere Betreuungsmöglichkeit besteht, sei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Arbeitsleistung unmöglich, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. Das bedeutet, dass sie nicht zur Arbeit kommen müssen.

Bekomme ich weiter mein Gehalt, wenn ich zu Hause bleibe?

Das kommt auf den Tarif- oder Arbeitsvertrag an. Ist ein solcher Fall dort geregelt, gilt das im Vertrag festgehaltene Vorgehen. Für den Fall, dass ein solches Szenario nicht abgesichert ist, verweist der Kölner Arbeitsrechtler Patrick Klinkhammer gegenüber dem EXPRESS auf Paragraf 616 BGB. Dieser räumt dem Arbeitnehmer das Recht ein, bei einem zeitlich verhältnismäßigen Fernbleiben von der Arbeit weiter bezahlt zu werden, sollte er aus einem persönlichen Grund, den er nicht selbst verursacht hat, verhindert sein.

„Auf dieses Recht können sich Arbeitnehmer, die als Eltern von einer Schul-/Kita-Schließung betroffen sind, zumindest für die ersten Tage nach Beginn der Schließung berufen“, so Klinkhammer. Der Experte erwähnt ausdrücklich die zeitliche Verhältnismäßigkeit, im Gesetz ist die Rede von einer „nicht erheblichen“ Zeit. Im Zweifel bestehe das Recht nur „für einen Zeitraum von wenigen Tagen.“ Zudem müsse zuvor ausgehend geprüft worden sein, ob es alternative Lösungen gibt. Sollte dies nicht der Fall sein, müsse das Fernbleiben inklusive Grund schnellstmöglich dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.

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Was mache ich, wenn Kita oder Schule länger als dieser Zeitraum geschlossen bleibt?

Dann besteht aus rechtlicher Sicht kein Anspruch auf bezahlte Freistellung mehr, so Nathalie Oberthür. Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen, müssen zwar nicht zur Arbeit kommen, haben aber eben auch keinen Gehaltsanspruch. Arbeitnehmer können alternativ Urlaub nehmen – bezahlt oder im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber unbezahlt.

Kann ich im Home Office arbeiten, damit ich mein Kind betreuen kann?

Im Einzelfall kann sich ein Anspruch auf die Arbeit im Homeoffice ergeben, erklärt Oberthür. Dieser kann in Kraft treten, wenn keine andere Betreuungsmöglichkeit besteht und betriebliche Interessen nicht dagegen sprechen. Zudem soll der Arbeitgeber bei der Wahl des Arbeitsplatzes die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Ein grundsätzlicher Anspruch auf die Arbeit im Home Office bestehe aber nicht. Lediglich wenn dies im Vertrag geregelt sei oder mehrere(n) vergleichbaren Mitarbeitern bereits Homeoffice ohne einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung gewährt worden sei, könne Anspruch auf Home Office bestehen, so Klinkhammer.

Ich arbeite in einer Kita oder Schule. Muss ich jetzt Zwangsurlaub nehmen?

Nein. Patrick Klinkhammer weist darauf hin, dass Schul- und Kitaträger ihre Angestellten weiter zu bezahlen haben. „Weder besteht für diese Zeit das Recht des Arbeitgebers, einseitig Urlaub anzuordnen, noch die Verpflichtung der Arbeitnehmer, Urlaub für diese Zeit in Anspruch zu nehmen.“

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Wie sollte ich am besten vorgehen?

„Nach Ablauf des kurzen Zeitraums („nicht erhebliche“ Zeit) können Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres der Arbeit fernbleiben“, so Klinkhammer. So sollten Eltern rechtzeitig Kontakt zu ihrem Arbeitgeber aufnehmen und mögliche Lösungen absprechen. Dies könnte kurzfristig genommener Urlaub, die Arbeit aus dem Home Office, eine vorübergehende Freistellung, die Reduzierung oder Flexibilisierung des Arbeitsvolumens sein. „In jedem Fall ist ein eigenmächtiges Fernbleiben ohne Einvernehmen mit dem Arbeitgeber zu vermeiden, das wäre eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die den Arbeitgeber (zumindest) zur Abmahnung berechtigen würde“, warnt Klinkhammer vor eigenmächtigem Handeln. (fsa/tli/dpa)

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