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Intensivpfleger auf der Corona-Intensivstation. (Symbolbild)
  • Intensivpfleger auf der Corona-Intensivstation. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Neue Studien: Wen Long Covid vor allem betrifft

Obwohl die Infektionszahlen derzeit sinken: Noch immer macht eine Corona-Infektion vielen Menschen Angst – vor allem wegen der teils schlimmen Langzeitfolgen. Die Forschung zum sogenannten „Long Covid“-Phänomen steckt weitestgehend noch in den Kinderschuhen, aber einiges weiß man darüber bereits.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte erst kürzlich, dass in Deutschland rund 350.000 Menschen an Spätfolgen einer Covid-Infektion leiden. Die Symptome sind dabei vielfältig: Erschöpfung und geringe Belastbarkeit („Fatigue-Syndrom“), Muskelschmerzen, Atemnot, Depressionen und Angstzustände zählen unter anderem dazu. Ebenfalls: neurologische Probleme, zum Beispiel Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Geschmacks- und Geruchsveränderungen, Seh- und Höreinschränkungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Trakts. 

Frauen, ältere Menschen und Menschen mit Übergewicht gefährdet

Wissenschaftler haben nun vor allem die Frage im Blick: Lässt sich vorhersagen, welche Beschwerden während einer akuten Infektion darauf hindeuten, dass sich Langzeitfolgen entwickeln könnten? Dazu untersuchte ein internationales Forscherteam die Daten von über 4000 Infizierten, die ihre Symptome in einer App protokollierten. Ergebnis: Bei etwa 13 Prozent traten Beschwerden über mindestens 28 Tage auf, bei etwas über zwei Prozent über zwölf Wochen und länger. 

Sie stellten dabei auch fest: Risikogruppen dafür scheinen neben Frauen auch ältere Patienten sowie Patienten mit Übergewicht, die einen höheren Body-Mass-Index als normal haben, zu sein.

Eine zweite, internationale Studie kam in Sachen Risikogruppe zu einem ähnlichen Ergebnis und fand heraus, dass besonders Frauen im Alter von unter 50 Jahren von Long-Covid-Symptomen betroffen sind. Im Vergleich zu Männern im gleichen Alter war die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung dieser Beschwerden bei ihnen bis zu fünfmal höher.

Je mehr Symptome, desto höhere Wahrscheinlichkeit für Long-Covid

Ein weiteres wichtiges Ergebnis: Wenn im Verlauf der ersten Krankheitswoche fünf klassische Covid-Symptome auftauchten, war die Wahrscheinlichkeit für eine Long-Covid-Erkrankung wesentlich erhöht. Die fünf Symptome sind: Erschöpfung, Kopfschmerz, Atemlosigkeit, Heiserkeit und Muskelschmerz 

Noch konkreter beschrieben die Forscher: Je mehr dieser Beschwerden zusammen auftreten, desto wahrscheinlicher sind Spätfolgen. Wenn dann noch weitere Symptome wie zum Beispiel Fieber und Geruchsverlust dazu kommen, erhöht sich das Risiko von Langzeitfolgen noch weiter.

Doch wie genau wird Long-Covid ausgelöst? Vermutet wird, eine Autoimmunreaktion des Körpers, die durch das Virus hervorgerufen wird. Dabei greift der Körper eigene Zellen oder eigenes Gewebe an. 

Gegenüber „t-online“ bestätigt auch Dr. Jördis Frommhold, Chefärztin der Median Klinik in Heiligendamm, die Long-Covid-Patienten behandelt, die Forschungsergebnisse. „Long-Covid trifft unserer Erfahrung nach tatsächlich eher Frauen, meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Sie kommen überwiegend nach leichten oder moderaten Verläufen zu uns“, erklärt sie. 

Gravierende neurologische Ausfälle mit Long-Covid

Doch warum trifft es besonders Frauen? „Mildere Krankheitsverläufe führen einfacher zu Autoimmunerkrankungen. Das lässt sich leicht erklären: Bei einem schweren Verlauf bietet der Körper alles auf, um sich gegen die vom Virus verursachten Schäden zu wehren. Bei leichten bis milderen Verläufen schwelen die Entzündungsreaktionen zwar im Körper, werden aber nicht konsequent niedergekämpft. Die Folge: Die Prozesse können chronisch werden. In unserer Klinik behandeln wir auch immer noch Menschen, die in der ersten Welle im März letzten Jahres erkrankt sind“, erläutert die Medizinerin. 

Sie stellt bei ihrem Patienten vor allem gravierende neurologische Ausfälle fest: „Sie können sich nichts mehr merken, lesen Texte, verstehen sie aber nicht. Sie vergessen ihre eigenen Handlungen, Termine oder Orte. In ihren Gehirnen lassen sich aber nur unspezifische Veränderungen finden.“ 

In solch einer Ausnahmesituation kommen für die Patienten häufig noch psychischer Stress hinzu: „Belastend ist es für die Patienten vor allem, weil sie nicht wissen, wann dieser Zustand endet und ob er jemals endet. Und wir können ihnen das auch nicht sagen, weil einfach niemand dieses neue Virus kennt. Sich damit abfinden zu müssen, dass das Leben jetzt nicht mehr ist wie vorher, ist ungeheuer belastend“, so Frommhold. 

Studie: Wenig Menschen können mit Long-Covid so arbeiten wie zuvor

Außerdem: Menschen mit schweren Krankheitsverläufen werden nur langsam wieder vollständig gesund. Häufig müssen sie sich in der Reha erholen – und finden nur schwer in ihr altes Leben zurück.

Auch britische Wissenschaftler analysierten in einer Studie die Krankheitsverläufe von insgesamt 1077 Patienten, die stationär behandelt werden mussten.

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Davon fühlten sich nur 29 Prozent fünf Monate nach ihrer Entlassung aus der Klinik vollständig erholt. Erschreckend: 68 Prozent der Studienteilnehmer arbeiteten vor ihrer Erkrankung in Vollzeit. Nur 18 Prozent waren jedoch danach in der Lage, wieder ganz in ihren Job zurückzukehren. 

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