Immer mehr Markt-Turbulenzen: Werden Immobilien in Hamburg jetzt günstiger?
Nach jahrelangen rasanten Preissteigerungen häufen sich am Immobilienmarkt die Turbulenzen. Mit steigenden Zinsen sind die Rekordpreise für Wohnungen und Häuser immer schwerer zu finanzieren – nicht nur in Hamburg. Heißt das, jetzt fallen die Preise?
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Nach jahrelangen rasanten Preissteigerungen häufen sich am Immobilienmarkt die Turbulenzen. Mit steigenden Zinsen sind die Rekordpreise für Wohnungen und Häuser immer schwerer zu finanzieren – nicht nur in Hamburg. Heißt das, jetzt fallen die Preise?
Nach mehr als zehn Jahren Immobilienboom in Deutschland und enorm steigenden Preisen erwarten einige Experten eine Wende am Wohnungsmarkt. Besonders wegen der steigenden Zinsen können sich immer mehr Leute den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht mehr leisten.
Tatsächlich steigen vor allem die Bauzinsen schneller als erwartet, noch in diesem Sommer wird laut Experten die Drei-Prozent-Marke bei Hypotheken-Darlehen erreicht. Damit verteuert sich der Kauf von Wohnungen und Häusern deutlich. „Der Immobilienmarkt ist wie eine donnernde Dampflok“, sagte Makler René Müller, Immobilienökonom von Bauwerk Hamburg, jüngst zur MOPO. „Sie wird jetzt durch steigende Zinsen keine Vollbremsung hinlegen, aber es ist weniger Kohle im Kessel und sie wird langsamer.“ Dadurch werde es wohl zu einer Dämpfung der Preise kommen, glaubt Müller.
„Zinssätze von vier Prozent in diesem Jahr sind keine Schwarzmalerei“
Die Zinsen etwa für zehnjährige Standardkredite haben sich laut der Frankfurter FMH-Finanzberatung seit Dezember von 0,9 Prozent auf zuletzt rund 2,5 Prozent erhöht – der schnellste Anstieg seit 1980. Tendenz weiter steigend, glaubt FMH: „Zinssätze von vier Prozent in diesem Jahr sind keine Schwarzmalerei, sondern sehr realistisch.“
Wirkt sich das bereits auf die Immobilienpreise aus? Bisher seien vor allem Vorzieheffekte von Menschen zu sehen, die noch schnell Immobilien kaufen wollten, bevor die Bauzinsen noch weiter steigen, sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Im zweiten Quartal sollten wir dann aber eine Wende am Immobilienmarkt sehen“, meint er. „Klar ist, dass mit rapide steigenden Zinsen mehr und mehr Käufergruppen aus dem Markt fallen.“
Das unterstreicht auch Müller: Vor allem bei jungen Familien in der Altersgruppe Mitte 20 bis Mitte 30 „nimmt einfach die Erschwinglichkeit für den Kauf einer Immobilie ab.“ Und auch bei großen Investoren ändere sich das Bild, sagt Voigtländer. „Sie wollen noch kaufen, aber angesichts der höheren Zinsen zu niedrigeren Preisen.“
Denkbar sei aber auch eine längere Preisstagnation, bis der Markt über steigende Einkommen wieder ein Gleichgewicht gefunden habe, so Voigtländer weiter. Auch die Neuvertragsmieten dürften nicht mehr so stark wachsen. „Die hohen Energiekosten schlagen bei den Nebenkosten durch und belasten die Zahlungsfähigkeit der Menschen.“
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Zwar seien die Bauzinsen historisch gesehen noch vergleichsweise niedrig, schrieb Stefan Mitropoulos, Ökonom bei der Landesbank Helaba, kürzlich in einer Analyse. Dennoch solle man den Zinsanstieg nicht unterschätzen. „Die deutlich höheren Finanzierungskosten dürften die Nachfrage nach Wohnimmobilien insgesamt dämpfen und stärker in das preisgünstigere weitere Umland der großen Städte lenken.“ Damit sollte sich im Jahresverlauf der Preisanstieg am Wohnungsmarkt „spürbar verlangsamen“.
Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg zeigte sich im MOPO-Gespräch weniger optimistisch: „Im Moment steigen die Immobilienpreise in Hamburg und im Umland weiter. Ob die Nachfrage durch steigende Bauzinsen wirklich sinkt, das bleibt abzuwarten.“ Ein solcher Effekt mache sich wahrscheinlich erst mit großer Verzögerung bemerkbar. „Nämlich wenn Immobilien verkauft werden müssen, weil bei Käufern die Anschluss-Finanzierung durch höhere Zinsen scheitert.“
Wohnungsmarkt: Experten erwarten keine weitere Preisspirale nach oben
In den vergangenen Jahren sind die Immobilienpreise immer schneller gestiegen – trotz aller Warnungen vor einer Blase. Im Jahr 2021 mussten Käufer für Wohnungen und Häuser im Schnitt elf Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Der Trend zu überhöhten Immobilienpreisen alarmiert die Bundesbank seit Jahren. Die Immobilienpreise in den Städten lägen zwischen 15 Prozent und 40 Prozent über dem Preis, der sich fundamental begründen lasse, warnte sie im Frühjahr.
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Auch Fachleute der Deutschen Bank erwarten, dass der Aufwärtszyklus am Wohnungsmarkt vor dem Ende steht und nach ihren Modellen im Jahr 2024 ausläuft. Die Preisüberbewertungen nähmen zu, während in der Pandemie weniger Menschen nach Deutschland gezogen seien und der Neubau dynamisch zugelegt habe, schrieb Experte Jochen Möbert. Er rechnet eher mit einer „verhaltenen Preiskorrektur“ als mit Einbrüchen.
Immobilien: „Neue Projekte sind kaum kalkulierbar“
Auch am lange boomenden Bau läuft es nicht mehr rund. In einer Umfrage des Ifo-Instituts klagten kürzlich rund die Hälfte der Hochbau- und Tiefbauunternehmen über Lieferengpässe – so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebungen 1991. Die Baufirmen erleben auch mehr Auftragsstornierungen. „Neue Projekte sind kaum kalkulierbar“, sagt Ifo-Experte Felix Leiss. Wegen der schlechteren Aussichten hat die deutsche Bauindustrie schon ihre Umsatzprognose gesenkt.
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Auch Hamburger Krolzik warnt: Es könne „noch zu einem Rückgang der Bautätigkeit kommen“ – nämlich wegen der aktuellen und zu erwartenden Rohstoff-Knappheit. Bauträger können daher weniger Wohnungen fertigstellen. „Das entspannt den Markt natürlich gar nicht.“
Die Baupreise, die 2021 um 9 Prozent gestiegen waren, dürften auch deshalb hoch bleiben. „Da ist weiter Druck auf dem Kessel“, meint auch Björn Reineke, Partner bei der Strategieberatung EY-Parthenon. Für private Bauherren werde es nicht billiger, so der Experte. Fachkräfte am Bau blieben knapp. Die Nachfrage am Wohnraum sei riesig und der Wohnungsbau intakt. „Kosten für Baumaterial und Zinsen sind hoch, aber Projekte werden noch durchgeführt.“ Künftige Vorhaben würden aber wegen Inflation und Zinssteigerungen mit spitzerem Bleistift gerechnet.
Neubauziel der Bundesregierung wurde im vergangenen Jahr drastisch verfehlt
Dass ein starker Neubau den Wohnungsmangel in vielen Ballungszentren beseitigt, ist indes nicht zu erwarten. Im vergangenen Jahr wurden überraschend nur gut 293.000 Wohnungen fertiggestellt – meilenweit entfernt vom Neubauziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen jährlich. Wohnraum bleibt also vielerorts ein knappes und teures Gut.
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Helaba-Experte Mitropoulos glaubt denn auch nicht an Preiseinbrüche. Die steigenden Zinsen sprächen für eine langsamere Gangart. „In unserem Basisszenario, in dem sich der Zinsanstieg nicht in diesem Tempo fortsetzt und die deutsche Volkswirtschaft nicht in eine Rezession gerät, ist aber eine Abschwächung am hiesigen Immobilienmarkt viel wahrscheinlicher als eine Korrektur.“