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Juckenden und tränende Augen
  • Die Augen brennen und jucken - sind trockenen Augen die Ursache?
  • Foto: 2021 Getty Images

Wenn die Augen ständig jucken: Das hilft bei trockenen Augen

Sie jucken, brennen, tränen und sind gerötet. Man sieht verschwommen oder hat das Gefühl, einen Fremdkörper im Auge zu haben. All das können Anzeichen für trockene Augen sein – ein übrigens sehr weit verbreitetes Problem. Fast die Hälfte aller Deutschen leidet unter trockenen Augen – und die Zahl der Betroffenen nimmt zu. Michael Probst ist Optometrist und Spezialist für medizinische Optik. Er betreibt das Zeiss Vision Center an der Bleichenbrücke in der Hamburger Innenstadt. Mit ihm haben wir über Ursachen und Behandlung von trockenen Augen und über Lidrand-Entzündung gesprochen.

MOPO: Zunächst einmal: Was ist ein Optometrist?

Michael Probst: Zum Verständnis: Ich bin in Deutschland geboren und dann aber schon früh nach Norwegen gegangen. Dort ist die Ausbildung zum Optometristen eine fast fünfjährige Universitätsausbildung. Der Optometrist steht zwischen dem Optikermeister und dem Augenarzt. Er macht auch Sehhilfen und führt Augenkontrollen durch, aber der große Unterschied ist, dass der Optometrist auch Erkrankungen am Auge feststellt. In Deutschland gehen die Menschen zum Augenarzt, um ihre Augen untersuchen zu lassen. In Norwegen übernimmt diese Routine-Untersuchungen wie Augendruck-Messungen und das Scannen der Netzhaut zum Beispiel  im Zusammenhang mit der Kontrolle einer Sehhilfe ein Optometrist und stellt ggf. Erkrankungen deswegen schon früher fest. Einige darf er in Norwegen auch selbst behandeln – sonst überweist er an den Augenarzt. Übrigens: Auch in Deutschland kann man sich nach der Meister-Ausbildung zum Optometristen weiterbilden – allerdings darf man hier nicht behandeln.

Da sind die Norweger uns voraus?

Ja, das würde ich so sagen. Ich kenne ja die Arbeit in beiden Ländern.

Michael Probst ist Optometrist in Hamburg und Fachmann für trockene Augen. hfr
Fachmann für trockene Augen: Michael Probst
Michael Probst ist Optometrist in Hamburg und Fachmann für trockene Augen.

Die entsprechenden Geräte haben Sie aber trotzdem hier …

Durch meine langjährige Erfahrung als Optometrist in Norwegen sind Veränderungen am Auge und am Augenhintergrund gut zu erkennen. Die Ausstattung für die Augenuntersuchung hilft mir dabei, Veränderungen zu erkennen und ggf. den Patienten zu empfehlen, einen Augenarzt aufzusuchen.  Aber die Ausstattung ist das eine – wichtig ist zu verstehen und die Ergebnisse richtig zu interpretieren.

Viele von uns sitzen den ganzen Tag vor dem Computer, in der Freizeit wird auf das Tablet, das Handy oder den Fernseher geschaut. Schadet das den Augen?

Jein. Es kommt auf das Maß an. Wenn ich über viele Stunden permanent auf den Bildschirm schaue, ist das nicht gut. Die Frequenz, in der wir blinzeln, nimmt ab und die Feuchtigkeit auf den Augen verdampft schneller. Die Gefahr, trockene Augen zu bekommen, ist dadurch viel höher. Zum anderen gibt es noch das „Blaulicht“ in den Bildschirmen. Das kann für die Retina schädlich sein und dadurch können die Erkrankungen des Alters schon früher auftreten. Viele unserer Kunden kommen wegen einer Arbeitsplatzbrille, weil sie eben den ganzen Tag am Computer sitzen.


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Stichwort trockene Augen. Sind die schon eine Volkskrankheit?

Ja, das stimmt. Man sagt, dass weltweit mehr Menschen unter trockenen Augen leiden, als dass es Kontaktlinsenträger gibt. Das hat auch wieder mit unserer Arbeitsplatzsituation zu tun. Wir sind tief im Innern immer noch Jäger und Sammler. Wir sollen in die Ferne schauen, um etwas zum Essen zu finden, und nicht acht Stunden mit 40 Zentimeter Abstand auf einen Bildschirm.

Wie diagnostizieren Sie die trockenen Augen?

Kurios ist, dass auch ständig tränende Augen eine Folge von trockenen Augen sein kann. Oder genau das Gegenteil: nämlich das Gefühl von Sandpapier in den Augen. Der Tränenfilm besteht aus drei Teilen. Der oberste ist ein Lipid, das in den so genannten Meibomschen Drüsen produziert wird. Wird dieses Lipid nicht mehr richtig produziert, dann reißt der Tränenfilm schneller auf und die Augen beginnen zu tränen. Es gibt unterschiedliche Tests, um die Ursachen festzustellen. Meiner Meinung nach ist einer der besten Tests der, der die Osmolarität des Tränenfilms misst, dieses passiert mit dem Tearlab. Dabei wird ein kleiner Mikrochip auf die Lidkante aufgesetzt, um eine Probe des Tränenfilms zu entnehmen. Anhand des Resultats können wir – vereinfacht erklärt – mit einer Skala ermitteln, wie stark die Augen von Trockenheit betroffen sind. Diesen Test führen wir auch bei uns durch. Im Gespräch mit dem Patienten durch Anamnese sowie durch Tests erkennen wir in den meisten Fällen den Grund der trockenen Augen. Warum jemand trockene Augen bekommt, kann sehr viele Gründe haben: Kontaktlinsen, die Arbeitsplatzsituation, Medikamenteneinnahme, Erkrankungen und auch die Ernährung spielt eine große Rolle. Oft sind ältere Frauen betroffen. Manchmal sind auch die Meibomschen Drüsen gestört oder verstopft. 

Wie sehen die Lidränder von MOPO Chef vom Dienst Stefan Fuhr aus? Michael Probst (re.) schaut mal nach. Ergebnis: Alles OK. Stefan Fuhr
Michael Probst untersucht die Augen von Stefan Fuhr
Wie sehen die Lidränder von MOPO Chef vom Dienst Stefan Fuhr aus? Michael Probst (re.) schaut mal nach. Ergebnis: Alles OK.

Können Sie jedem Patienten helfen?

Dazu muss man wissen, dass die trockenen Augen nicht plötzlich über Nacht da sind. Es ist ein Prozess, der oft über Jahre andauert. Immer mal wieder ein paar Tropfen zu nehmen, hilft hier und da, ist aber nicht nachhaltig. Das Ziel einer jeden Behandlung sollte sein, dass den Patienten der Leidensdruck genommen wird und sie am Ende keine Tropfen mehr benötigen. Dies kommt natürlich nicht für jeden infrage. Wichtig ist dabei, dass wir die Ursache behandeln. Solange man immer weiter Augentropfen zur Befeuchtung nimmt, wird das Problem bestehen bleiben. Leider können wir nicht alle Patienten völlig beschwerdefrei machen. Aber für eine Linderung können wir immer sorgen. Dies hat mir auch meine langjährige Arbeit in Norwegen bewiesen.

Stichwort Meibomsche Drüsen. Die sind auch für den Tränenfilm wichtig …

Sehr sogar. Wir haben etwa 40 Meibomsche Drüsen am oberen und etwa 20 am unteren Augenlid. Diese Drüsen produzierten ein Lipid – also das Fett – für den äußeren Teil des Tränenfilms. Wenn der Tränenfilm instabil ist, dann erleben Patienten oft, dass selbst die neue Brille keine Verbesserung des Sehens bringt.

Kann man etwas dagegen tun?

Wir benutzen eine Infrarotkamera, um die Beschaffenheit und Ausfälle der Drüsen zu erkennen. Mit Tests am Mikroskop bestimmen wir Qualität und Quantität der Lipide.  Wir können die Meibomschen Drüsen auch stimulieren:  Dazu benutzen wir ein sehr modernes IRPL-Impulslicht-Gerät, das ein bisschen wie ein Ultraschall aussieht.  Wir tragen reichlich Gel am unteren Lid auf und durch das IRPL-Licht werden die Meibomschen Drüsen angeregt. Dies ist eine absolut schmerzfreie Behandlung, die sehr gute Ergebnisse erzielt. Jeder kann auch selbst etwas tun: Die Lidhygiene ist wichtig.  Mit Wärmepads können die Lipide wieder verflüssigt werden und anschließend empfehle ich, vorsichtig mit leichtem Druck die Meibomschen Drüsen zu massieren.  Dazu streicht man mit dem Finger sanft am unteren und oberen Lid von innen nach außen. Das stimuliert die Drüsen. Wer eine Lidrandentzündung, eine Blepharitis hat, sollte seine Lidränder zweimal am Tag besonders pflegen – z.B. mit gründlicher Reinigung oder mit Blephaclean.

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… und stimmt es, dass wir oft auch kleine Tierchen am Auge haben?

Ja, das stimmt – Demodex folliculorum, die die Meibomschen Drüsen verstopfen. Sie sind nicht lebensgefährlich, aber führen oft zu entzündeten Lidrändern und damit auch zu trockenen Augen. Die wird man aber durch eine gute Lidhygiene wieder los.

Kann man Augentropfen auch über einen längeren Zeitraum benutzen?

Anders als z.B. bei abschwellenden Nasensprays können Augentropfen lange benutzt werden. Man sollte jedoch darauf achten, dass die Tropfen keine Konservierungsstoffe enthalten. Die Tropfen sind nicht nur für den Notfall gut. Aber wie schon gesagt, man sollte immer die Ursache abklären lassen. Ich bespreche mit meinen Patienten auch immer eine individuelle Anwendungsweise. Mit ein paar Tropfen ist es meistens nicht getan. Man braucht auch schon Durchhaltevermögen. Und jeder sollte bedenken: Die Augen gibt es nicht noch einmal zu kaufen – man muss auch seine Augen hegen und pflegen.

Zum Abschluss möchte ich aber noch einmal betonen, dass ich in Deutschland weder diagnostizieren noch behandeln darf.

Dieses Interview mit Michael Probst ist ein Ausschnitt aus der neuen Folge des MOPO-Gesundheitspodcasts  Butter bei die Nierchen . Den finden Sie überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Oder Sie klicken gleich hier unten auf den Player. Im Podcast erzählt Michael Probst auch noch, was der letzte Schrei in Sachen Brillen-Mode ist.

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