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  • Die Pneumokokken-Impfung soll lebensbedrohlichen bakteriellen Lungenentzündungen vorbeugen. Gegen viele Typen schützt eine Standard-Impfung. 
  • Foto: picture alliance/dpa

Schutz vor Lungenentzündung in der Corona-Krise: Was bringt die Pneumokokken–Impfung?

Köln –

Um Doppelinfektionen zu verhindern und gerade auch ältere Menschen und chronisch Kranke besser vor einer Verschlimmerung von Atemwegsinfekten zu einer lebensgefährlichen Lungenentzündung zu schützen, empfehlen viele Experten, einschließlich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), für Risiko-Gruppen eine Pneumokokken-Impfung.

Diese Impfung gibt es seit vielen Jahren. Doch in der Corona-Krise stößt der Standard-Pieks plötzlich auf riesiges Interesse.

„Die Pneumokokken-Impfung macht für alle über 60-Jährigen, für Immungeschwächte und chronische Kranke Sinn“, sagt der Leverkusener Lungenfacharzt Norbert K. Mülleneisen, „unabhängig von Corona.“

Pneumokokken-Impfung: Nachfrage steigt sprunghaft

Doch auch in seiner Praxis steigt die Nachfrage gerade in diesen Tagen der Verunsicherung sprunghaft an. „Ich habe schon Impfstoff nachbestellt.“ Beim Standardimpfstoff für Erwachsene (Pneumovax 23) gibt es aber schon Lieferengpässe. 

Doch was kann diese Impfung bewirken, für wen wäre es vielleicht wichtig, sich jetzt darum zu kümmern?

Pneumokokken: Häufigste Verursacher bakterieller Lungenentzündungen

Pneumokokken sind im Nasen-Rachen-Raum vieler Menschen zu finden, ohne dass diese erkranken. Die Bakterien sind aber auch der häufigste Verursacher bakterieller Lungenentzündungen.

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Gegen was bin ich geimpft? Antwort auf diese Frage gibt der Impfpass.

Foto:

dpa-tmn

Wenn sie in die Atemwege wandern, können sie bei geschwächter Körperabwehr z. B. im Schlepptau von Virusinfekten Nasennebenhöhlen-, Mittelohrentzündungen oder eben Lungenentzündungen auslösen, bis hin zu Hirnhautentzündung und Blutvergiftung.

Pneumokokken-Erkrankungen: Über 5000 Tote pro Jahr

Schätzungsweise über 5000 Menschen in Deutschland sterben pro Jahr an einer Pneumokokken-Erkrankung.

Husten oder Lungenentzündung – ab wann wird mein Husten gefährlich?  (hier lesen Sie mehr)

Aber wer ist besonders empfänglich für Komplikationen? Wer sollte sich gegen Pneumokokken impfen lassen?

STIKO: Ab 60 Jahre gegen Pneumokokken impfen lassen

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut rät standardmäßig älteren Menschen ab 60 Jahre, chronisch Kranken (z. B. Herz-, Lungen-, Nierenkranken, Diabetikern) und Immungeschwächten zur Pneumokokken-Impfung. Diese Altersgrenze wurde angesichts der zeitweisen Knappheit jetzt bis auf Weiteres heraufgesetzt auf mindestens 70 Jahre.

Unverändert gilt die Empfehlung zur Grundimmunisierung von Säuglingen ab zwei Monaten bis zum Alter von zwei Jahren.

Pneumokokken: Wer 40 Jahre und älter ist, sollte Impfpass überprüfen

„Alle, die heute 40 Jahre und älter sind, wurden als Kind nicht routinemäßig gegen Pneumokokken geimpft“, weiß Mülleneisen. Es lohnt sich also durchaus, mal seinen Impfpass zu überprüfen.

Zur Infektabwehr sollte man sich darauf aber nicht verlassen.

Lungenfacharzt: Die Pneumokokken-Impfung ist nur ein relativer Schutz

„Der Impfschutz ist nur ein relativer Schutz“, betont der Pneumologe. Die Impfantwort sei zudem bei Jüngeren besser als im Alter. „Aber man hat deutlich weniger schwere septische Verläufe, die auf den Intensivstationen landen und beatmet werden müssen.“

Verschlimmerung zur Sepsis – an diesen Symptomen erkennen Sie eine Blutvergiftung (hier lesen Sie mehr)

Im Abstand von mindestens sechs Jahren soll die Pneumokokken-Impfung bei Senioren und Risiko-Patienten laut STIKO aufgefrischt werden. Aber auch nicht öfter – bei kürzeren Zeitintervallen sei mit stärkeren Nebenwirkungen zu rechnen.

Bei gesunden Kindern ist eine Wiederholungsimpfung nach erfolgter Grundimmunisierung im Säuglingsalter nicht nötig.

Pneumokokken-Impfung: Auffrischung alle 6 Jahre nicht generell empfohlen

Das Portal www.impfen-info.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) relativiert die Aussage der STIKO im Hinblick auf Senioren ab 60 wie folgt:

„Eine generelle Auffrischung wird dieser Altersgruppe trotzdem aktuell nicht empfohlen, da der Impfstoff hierfür zurzeit nicht zugelassen ist.“ Die Wiederholungsimpfung gesunder über 60-Jähriger sollte der Arzt oder die Ärztin beurteilen. Doch auch wer nicht direkt zum Zuge kommt, muss nicht gleich in Panik verfallen.

Virologe: Pneumokokken sind bei Covid-19 weniger gefährlich als bei Grippe

Der positive Effekt, durch eine Pneumokokken-Impfung den Infektverlauf zu mildern, scheint bei Covid-19 zudem schwächer ausgeprägt als bei der Grippe, weiß Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité, der sich als Wissenschaftler speziell mit der Erkrankung durch das neuartige Corona-Virus beschäftigt. „Nach den Fallberichten, die wir inzwischen kennen, ist bei Covid-19 die Pneumokokken-Überinfektion nicht so häufig wie bei der Influenza“, erklärt er im NDR-Podcast.

Dennoch sei es nicht schädlich, wenn Menschen, denen diese Impfung sowieso empfohlen wird, sie vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie jetzt erst recht machen lassen.

Virologe: Grippe-Impfung „auf den letzten Drücker“ macht noch Sinn

Und was ist mit einer Impfung gegen die „normale“ Grippe auf den letzten Drücker?

Auch das sieht der Virologe sehr pragmatisch. Die nächste Influenza-Saison käme bestimmt, das Corona-Virus werde es weiter geben. „Und deswegen lohnt es sich auch jetzt noch, mal eine Grippeschutzimpfung mitzunehmen.“ Man müsse sie dann aber im Herbst auffrischen. „Denn dann hat man zusammen einen ganz besonders guten Influenzaschutz in der dann kommenden, gleichzeitigen Influenza- und Sars-CoV-2-Infektionswelle.“ (sn)

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