Herr Doktor, warum lassen sich Männer die Samenleiter durchknipsen?
Pille, Spirale, Ring, Spritze: Verhütung ist in den meisten Beziehungen Frauensache. Doch zunehmen lassen sich auch Männer sterilisieren. Um ihre Partnerin zu entlasten - oder um sicher zu gehen, nicht aus Versehen ein Kind zu zeugen. Im MOPO-Interview erklärt Facharzt Sascha Wilken von der Urologischen Praxis Eppendorf, welche Männer den Schnitt warum machen lassen, was die "Vasektomie" kostet, ob sich Sex und Orgasmus danach anders anfühlen - und ob schon mal ein Kunde in letzter Minute vom OP-Tisch geflüchtet ist.
Wer lässt das machen: Ist das eine bestimmte Altersgruppe, ein bestimmter Typ Mann?
Wir haben hier alle Schichten und auch alle Altersgruppen. Gerade heute hatte ich wieder einen Mann Anfang 60 da. Der hat eine jüngere Partnerin und würde gerne auf Nummer sicher gehen. Aber ich habe auch schon 22-Jährige sterilisiert.
Geht es da wirklich um die Entlastung der Partnerin, oder spielt auch die absolute Sicherheit eine Rolle, definitiv nicht mehr mit der Partnerin – oder gar einer anderen Frau – ein Kind zu zeugen?
Bei dem einen oder anderen mag auch die Sicherheit, nicht mit dem Seitensprung ein Kind zu kriegen, eine Rolle spielen. Aber offiziell hat jetzt noch niemand hier gesagt, er würde gerne „sicher fremd gehen“. Tatsächlich geht es den meisten darum, die Partnerin zu entlasten und keine Hormone mehr nehmen zu müssen.
Ist es für den Körper nicht ein Problem, wenn er die Samen nicht loswird?
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Pille, Spirale, Ring, Spritze: Verhütung ist in den meisten Beziehungen Frauensache. Doch zunehmend lassen sich Männer sterilisieren, um ihre Partnerin zu entlasten – oder um sicher zu gehen, nicht aus Versehen ein Kind zu zeugen. Im MOPO-Interview erklärt Facharzt Sascha Wilken von der Urologischen Praxis Eppendorf, welche Männer den Schnitt warum machen lassen, was die Vasektomie kostet, ob sich Sex und Orgasmus danach anders anfühlen – und ob schon mal ein Kunde in letzter Minute vom OP-Tisch geflüchtet ist.
Herr Dr. Wilken, warum lassen sich Männer die Samenleiter durchknipsen?
Sascha Wilken: Nun, die Vasektomie ist einfach eine sehr gute Alternative zu anderen Verhütungsmethoden. Sehr sicher, auf Dauer sehr kostengünstig, es müssen keine Medikamente eingenommen oder andere Mittel genutzt werden.
Und wer lässt das machen? Ist das eine bestimmte Altersgruppe, ein bestimmter Typ Mann?
Wir haben hier alle Schichten und auch alle Altersgruppen. Gerade heute hatte ich wieder einen Mann Anfang 60 da. Der hat eine jüngere Partnerin und würde gerne auf Nummer sicher gehen. Aber ich habe auch schon 22-Jährige sterilisiert.
Haben die meisten bereits Kinder und oder sind es eher Kinderlose, die das auch bleiben wollen?
Da ist alles vertreten. Die einen haben zwei, drei, vier oder fünf Kinder und sagen: „Jetzt ist mal Ende Gelände.“ Aber es gibt auch Leute, die sind 30 und in fester Beziehung und wollen definitiv keine Kinder.
Vasektomie: Darum lassen Männer das machen
Bei denen in der Partnerschaft – sind da eher die Männer die treibende Kraft oder die Partnerinnen?
Viele Männer sagen tatsächlich, dass die ganzen Jahre vorher die Verhütung Frauensache war und dass sie selbst jetzt die Verantwortung tragen wollen.
Geht es da wirklich um die Entlastung der Partnerin, oder spielt auch die absolute Sicherheit eine Rolle, definitiv nicht mehr mit der Partnerin – oder gar einer anderen Frau – ein Kind zu zeugen?
Bei dem einen oder anderen mag auch die Sicherheit, nicht mit dem Seitensprung ein Kind zu kriegen, eine Rolle spielen. Aber offiziell hat jetzt noch niemand hier gesagt, er würde gerne „sicher fremdgehen“. Tatsächlich geht es den meisten darum, die Partnerin zu entlasten und keine Hormone mehr nehmen zu müssen.
Nimmt die Zahl der Eingriffe zu?
Ja, deutlich. Vor drei Jahren hatten wir Wartezeiten von zwei bis drei Wochen, jetzt sind wir bei zwei Monaten. Es gibt aber keine zentrale Erfassung der Eingriffe.
Wie genau läuft die Operation ab?
Grundsätzlich gibt es immer ein Vorgespräch zum Kennenlernen. Da kläre ich die Patienten über die Operation auf, über Risiken, Nebenwirkungen und die richtige Vor- und Nachbereitung, damit alles gut verheilt. Ich untersuche das Genital auf alles, was die OP beeinflussen könnte. Der Eingriff selbst, einige Tage nach dem Vorgespräch, dauert etwa 40 Minuten.
Bei der OP erfolgt der Zugang zum Samenleiter über einen winzigen Hautschnitt. Was passiert dann?
Es gab Zeiten, da haben Operateure nur ein Stück aus dem Samenleiter rausgeschnitten. Das hat letztendlich nicht ausgereicht und es gab in der Folge ungewollte Schwangerschaften, die Natur hat das quasi wieder repariert. Deswegen haben wir vier Sicherheitsschritte. Erst werden die Samenleiter durchtrennt, dann die Enden versiegelt, umgeknickt und dann nochmal verknotet und vernäht.
Hatten Sie mal jemand, der in letzter Sekunde abgesagt hat?
Es haben schon Leute kalte Füße bekommen, nachdem sie das zu Hause haben sacken lassen. Aber das passiert nur selten.
Vom OP-Tisch ist ihnen noch niemand gehüpft?
Nein. Aber ich frage immer nochmal nach: Wollen Sie jetzt wirklich?
Operation kann manchmal rückgängig gemacht werden
Kommt es vor, dass Männer oder Paare nach Jahren wieder kommen und sagen: Mist, das war falsch, können Sie das rückgängig machen?
Wir haben tatsächlich einige wenige Fälle, die nach einiger Zeit wiederkamen und doch noch mal die Familie erweitern wollten. Die haben dann den Hoden biopsieren lassen. Da operiert man sich zum Hodengewebe und entnimmt etwas Gewebe mit eingefassten Spermien für eine künstliche Befruchtung. Die Alternative ist, die vier Sicherheitsschritte aus der Sterilisation rückgängig zu machen.
Das ist teuer und nicht unbedingt erfolgsversprechend, oder?
Genau. Der Preis ist deutlich höher als die Sterilisation selbst. Die Erfolgsquote der Rückgängigmachung ist abhängig von der Zeit seit der Sterilisation und von der Expertise des Operateurs.
Und was kosten all diese unterschiedlichen Schritte?
Bei der Vasektomie gibt es, je nachdem, wo man es machen lässt und wie viele Kontrolluntersuchungen gemacht werden, in Hamburg deutliche Preisunterschiede. Die meisten Angebote liegen zwischen 400 und 700 Euro. Wir rufen knapp 600 Euro aktuell auf. Wenn man die Vasektomie rückgängig machen lassen möchte, dann liegen Sie bei 4000 Euro, bei der Biopsie etwa bei 1000 Euro zuzüglich der Kosten für die künstliche Befruchtung.
Was bekommen Sie für Rückmeldungen von den operierten Männern? Sind die alle zufrieden? Waren welche dabei, die sagen, irgendwie fühlt sich das jetzt komisch?
In den meisten Fällen positive. Viele sagen direkt nach der Operation: Das habe ich mir viel schlimmer vorgestellt.
Nach Vasektomie: Gefühl beim Orgasmus bleibt gleich
Und was das Gefühl angeht beim Orgasmus?
Hormonstatus, Erektionsfähigkeit, Orgasmusgefühl – das ist alles gleich nach der Vasektomie.
Und ist es für den Körper nicht ein Problem, wenn er die Samen nicht loswird?
Nein, wenn man im Zölibat lebt, dann ist das auch nicht schädlich. Da vegetiert nichts vor sich hin, nichts schimmelt, es gibt keinen Samenstau oder Hodenschwellung. Der Körper kompensiert das und baut die Samen nach einiger Zeit einfach ab.
Hatten Sie schon mal einen Fall, wo es trotzdem zu einem Kind kam?
Nein, von meinen Patienten nie. Ich weiß von einem Fall, wo ein Mann mal kam, weil seine ehemalige Frau ihm ein Kind anhängen wollte und das war dann tatsächlich von jemand anderem.
Haben Sie auch den Schnitt machen lassen?
Ja, nach dem dritten Kind.
Dr. Sascha Wilken ist Facharzt für Urologie und einer von drei Ärzten der Urologischen Praxis Eppendorf. Infos unter: www.uro-eppendorf.de