• Wildkräuter sind mehr als bloß Unkraut am Wegesrand.
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Apotheke vom Wegesrand: Das ist kein Unkraut, das ist gesund – aber Vorsicht

Köln –

Brennnesseln stechen, Löwenzahn ist Unkraut – und Giersch hat im Garten nichts zu suchen? Von wegen!

Wenn Dr. Markus Strauß, einer der bekanntesten Wildpflanzenexperten Deutschlands, die Wanderschuhe schnürt, hat er garantiert einen Korb dabei, um auf Wiesen, in Hecken, an Feldfluren und Ufern von Bächen und Seen seine Wildpflanzen-Apotheke aufzufüllen. Und das Schönste: Die Schätze der Natur kosten keinen Cent.

Arzneien und leckere Gerichte aus Wildkräutern

Der Naturfreund mahlt Blätter zu Pulver, trocknet Blüten für Tee, stellt Tinkturen her, mixt sich seine Schmerzcreme selbst, kreiert immer wieder neue Gerichte – und ist fit wie ein Turnschuh.

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Markus Strauß ist Geograf und Biologe. Er vermittelt sein Wissen über Wildkräuter auch an andere.

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Denn Dr. Markus Strauß hat erkannt: „Es ist falsch, einzelne Wirkstoffe aus einem natürlichen Rohprodukt herauszulösen und im Labor künstlich nachzubauen. Eine Pflanze muss als Ganzes gesehen werden.“ Auch, was ihre Wirkstoffe angeht. Der Biologe ist davon überzeugt, dass die derzeitige Explosion der Kosten im Gesundheitswesen zu einer erneuten Wertschätzung der essbaren Wildpflanzen führen wird – und fordert deshalb in Deutschland die „flächendeckende Schaffung von essbaren Wildpflanzenparks“.

Experte warnt aber vor Verwechslungen

Die Rückkehr zu den „Wilden“ ist für den Laien natürlich erst mal neues Terrain. Von welchen Pflanzen sollte man vielleicht eher die Finger lassen, weil die Verwechslungsgefahr zu groß ist?

Der Pflanzenexperte warnt im Gespräch uns: „Junge Bärlauchblätter ähneln denen von giftigen Maiglöckchen und sehr giftigen Herbstzeitlosen. Giersch-Blätter sind mit ihrer Dreiteilung relativ leicht zu erkennen.“

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„Die Wildpflanzenapotheke“ ist der neueste Ratgeber von Dr. Markus Strauß (Knaur-Verlag, 19,99 Euro).

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picture alliance / Knaur Verlag/

Doch die ersten fein gefiederten Blätter anderer essbarer DoldenGewächse wie Möhre und Kerbel könnte man gerade jetzt im Frühling mit den Blättern des Schierlings leicht verwechseln. Giersch sei ansonsten aber eine dicke Empfehlung. „Schmeckt gut und tut gut, da bin ich mit Hildegard von Bingen einer Meinung.“

Brennnesseln sind wahre Immun-Booster

Einen Tipp, um gerade in Corona-Zeiten sein Immunsystem zu stärken, hat er auch parat: „Greifen Sie bei der Brennnessel zu – natürlich mit Handschuhen. Pflücken Sie insbesondere die oberen zehn Zentimeter.“

100 Gramm der Frischpflanze enthalten 300 Milligramm echtes, natürliches Vitamin C! Dagegen können Zitrusfrüchte nicht anstinken – 100 Gramm Zitrone haben gerade mal 50 Milligramm.

In diesen Wildkräutern steckt mehr, als Sie gedacht haben:

Brennnesseln

Gesundheit: Ideal für einen Frühjahrsputz im Körper und gut, wenn sich eine Blasenentzündung anbahnt. Die Pflanze wirkt harntreibend, regt den Stoffwechsel an. Die Wurzel wirkt außerdem auf bei gutartiger Vergrößerung der Prostata.

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Junge Brennnessel-Pflanzen schmecken besonders aromatisch.

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Standort: Naja, eigentlich weiß das jeder – überall. Die Blätter sind grobzahnig, die Staude kann zum Leidwesen von Hobbygärtnern bis zu zwei Metern hoch werden.

Anwendung: Mit Handschuhen pflücken. Beim Kochen und Mixen werden das hauptsächlich in den Brennhaaren enthaltene Histamin sowie die Ameisensäure zerstört.

Giersch

Gesundheit: Toppt jeden Kopfsalat im Supermarkt, ist unser einheimisches Superfood – dank hohem Eiweißgehalt, Magnesium, Kalzium, Eisen, Kupfer. Super für regelmäßige Fleischesser, um Harnsäure auszuleiten, aber auch, um Übersäuerung entgegenzusteuern oder Verstauchungen.

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Der Giersch ist zwar ein Unkraut, aber statt ihn zu vernichten, kann man die jungen Blätter auch ernten und essen.

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Standort: Quasi überall, im Garten, am Waldrand, an Gebüschen – von Frühjahr bis Herbst. Die Blattränder haben Zähnchen, die weiße Blüte wächst als flache Dolde.

Anwendung: Im Frühling roh im Salat oder als Kräuterquark, später wie Spinat anrichten oder mit Blüten als essbare Deko servieren.

Bärlauch

Gesundheit: Mobilisiert den Stoffwechsel und eignet sich damit hervorragend für eine effektive Entgiftungskur, um sich von Winteraltlasten wie Müdigkeit, fehlender Energie und einem geschwächten Immunsystem zu befreien.

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Bärlauch hat im Frühling eine kurze Saison.

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Standort: Typisch sind Auwälder an Bächen und Flüssen. Hier tritt Bärlauch meist massenhaft auf. Aber Vorsicht: Nicht mit dem giftigen Maiglöckchen verwechseln (Tipp: Bärlauch riecht nach Knoblauch).

Anwendung: Bärlauchpesto, Bärlauchbutter, Bärlauchpasta – kann hervorragend als Genuss- und Gewürzpflanze eingesetzt werden.

Brunnenkresse

Gesundheit: Die Pflanze ist blutreinigend, blutaufbauend, harntreibend und entgiftend, reich an Vitamin C und Scharfstoffen (Senföle), die auch bei Erkrankungen der Atemwege eingesetzt werden. Sollte allerdings nicht täglich verzehrt werden, es kann dann zu Magenreizungen kommen.

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Brunnenkresse ist reich an Vitamin C.

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Standort: Dicht verzweigte Polsterbestände mit unpaarig gefiederten Blättern, die ein Kreuz bilden. Bei einem Ausflug in Eifel, ins Siebengebirge oder ins Bergische Land findet man sie an Quellen und Bachufern!

Anwendung: Einfach nur abschneiden, über den Salat streuen.

Margeriten

Gesundheit: Die kleine Schwester, das Gänseblümchen, hilft bei blauen Flecken, Akne und unterstützt die Wundheilung (als Salbe, Badezusatz oder Tinktur). Frische Blätter helfen bei Insektenstichen. Die Wiesen-Margerite empfiehlt sich bei Erkältungskrankheiten – dank ihrer ätherischen Öle, Harze und Tannine.

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Margeriten findet man fast überall.

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Standort: Quasi überall, sogar auf dem Rasen. Wenn man um sie herummäht
bis Mitte Juni, verstreuen sie sich selbst.

Anwendung: Junge Blätter, Blütenknospen und Blüten schmecken im Salat, gekocht oder gedünstet als Gemüse.

Löwenzahn

Gesundheit: Wird nicht umsonst das „Ginseng Europas“ genannt. Der Löwenzahn ist Strauß’ persönlicher Geheimtipp, ein echtes Kraftpaket. Die Bitterstoffe haben auf die Entgiftungsorgane wie Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse eine anregende Wirkung. Ideal für eine gesunde Darmflora.

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Löwenzahn wird auch „Ginseng Europas“ genannt.

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Standort: Quasi überall, selbst zwischen Steinen. Man sollte ihn allerdings nicht gerade dort pflücken, wo die Gefahr von Abgasen und Überdüngung besteht.

Anwendung: Die Pflanzen sind komplett essbar, gut im Salat, die Stiele kann man auch knabbern.

Wilde Malve

Gesundheit: Sie schützt die Schleimhäute, wirkt super bei Husten, Schnupfen und Magen-Darm-Beschwerden, kann aber auch bei Hautproblemen und Insektenstichen eine wohltuende Wirkung entfalten.

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Wilde Malve mögen nicht nur die Bienen gerne.

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Standort: Als typisches Ackerbegleitkraut ist sie schon von Weitem zu sehen. Zum Sammeln eignen sich am besten biologisch bewirtschaftete Ackerflächen. Man kann sie aber auch gut selbst ziehen.

Anwendung: Als essbare Dekoration ist sie super in der Kombi mit Salaten. Die Malve wird in der Küche aber auch gern als Bindemittel genutzt, macht Soßen sämiger.

Schafgarbe

Gesundheit: Bei krampfartigen und entzündlichen Zuständen von Magen und Darm oder Gebärmutter wird sie gern als Tee oder Tinktur verabreicht. Sie desinfiziert Verletzungen, die Bitterstoffe wirken entgiftend auf die Leber.

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Die Schafgarbe wächst auf Wiesen, an Feldrändern und auf Schuttplätzen – aus ihr lässt sich eine Tinktur gegen unreine Haut herstellen.

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Standort: Man findet sie auf Wiesen, aber auch auf Öd – und Brachland, an Böschungen und Schuttplätzen.

Anwendung: Die zarten, jungen Blättchen schmecken besonders im Frühjahr gut als Zugabe im Mischsalat, verleihen ihm eine leicht bittere Note. Man kann sie aber auch prima trocknen und als Tee trinken.

Hirtentäschel

Gesundheit: Wirkt auf den ersten Blick ja recht unscheinbar, findet aber bis heute bei der Blutstillung Verwendung, zum Beispiel bei zu lange andauernden Menstruationsblutungen oder nach Geburten, bei Nasenbluten und Hämorrhoiden.

Standort: Typisch an Ackerrändern, aber auch auf Ödland oder entlang von Feldwegen zu finden. Bitte nicht entlang befahrener Straßen auflesen!

Anwendung: Als Tee, als Umschlag aus Pflanzenbrei oder als Sitzbad mit dem Sud kann die Pflanze schnell Abhilfe schaffen. Für eine Teekur alle Teile der Pflanze verwenden.

Spitzwegerich

Gesundheit: Ein schleimlösendes Hustenmittel in Tees und Säften, zudem antibakteriell und entzündungshemmend. Die frischen Blätter sind ein SOS-Paket bei Insektenstichen, Blasen und kleinen Schürfwunden.

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Spitzwegerich ist vielseitig einsetzbar.

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Standort: Auf trockenen Wiesen und an Wegrändern, in beinahe jedem natürlichen Garten. Auffallendes Erkennungsmerkmal sind die parallel laufenden Leitungsbahnen in den Blättern.

Anwendung: Legen Sie einen Vorrat für die Erkältungszeit an. Blätter beim Pflücken nicht knicken und einzeln trocknen lassen.

Mädesüß

Gesundheit: Ist in der Pharmaindustrie die Mutterpflanze eines bis heute meistverkauften schmerzstillenden und blutverdünnenden Medikaments. Ihre Inhaltsstoffe machen Mädesüß zu einem hervorragenden Mittel bei Kopf- und Gliederschmerzen sowie grippalen Effekten.

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Mädesüß ist mehr als ein Unkraut vom Wegesrand.

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Standort: An Feuchtwiesen, Seen und Auenwäldern. Schon von weitem sieht man im Sommer die weißen Blüten und riecht den Duft nach Vanille und Mandeln.

Anwendung: Wirkt in Kombination mit Linden- und Holunderblüten vor allem bei grippalen Infekten gut als Teemischung.

Rezeptideen: Wildkräuter lecker verarbeitet

Möhrensalat mit Malvenblüten: Zwei Biomöhren waschen, schälen und fein raspeln. 1 EL Leinöl oder Walnussöl, 1 EL Apfelessig oder Zitronensaft, Salz und Pfeffer zu einem Dressing verrühren und mit den Möhren mischen. Die Nüsse entkernen, fein hacken und unter die Möhren geben. Schließlich kommen die Malvenblüten als essbare und überaus gesunde Dekoration über den Salat.

Brennnessel-Quinoa: 100 Gramm Quinoakörner in Gemüsebrühe aufkochen, 20 Minuten quellen lassen. In einer Pfanne eine Knoblauchzehe und eine kleine rote Zwiebel anrösten, klein geschnittene Zucchini sowie vier Handvoll gewaschene Brennnesselblätter und Triebspitzen hinzugeben, nur kurz dünsten, mit etwas Wasser und Zitronensaft ablöschen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Alles unters Quinoa mischen.

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