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Bill Haley
  • Bill Haley & His Comets ziehen 1958 eine Spur der Verwüstung durch deutsche Konzerthäuser - auch in Hamburg zerlegen die Fans den Saal.
  • Foto: dpa

Bill Haley tritt auf und Hamburgs Halbstarke verlieren den Verstand

„Bill Haley & His Comets“ – im Herbst 1958 zieht diese Band eine Schneise der Verwüstung durch Deutschland. Wo immer sie auftritt, gibt’s Schlägereien, fliegen Stühle durch die Fenster, wird die komplette Saaleinrichtung demoliert. Hamburgs Polizeiführung ist in höchster Alarmbereitschaft, als der Star am 27. Oktober in der Ernst-Merck-Halle auftritt.

1958 heißen die „Beatles“ noch „The Quarrymen“ und sind in Deutschland völlig unbekannt. Elvis Presley steht ganz am Anfang seiner Karriere. Und den Begriff „Rock’n’Roll“ hat noch nie einer gehört. Stattdessen ist überall nur vom „Haley-Sound“ die Rede.

Halbstarke außer Rand und Band bei einem Konzert von Bill Haley & His Comets 1958 dpa
Halbstarke außer Rand und Band bei einem Konzert von Bill Haley & His Comets 1958

„Rock Around The Clock“, „Crazy, Man, Crazy“ – das sind zwei von Haleys berühmtesten Stücken. Anfang der 50er Jahre hat er weißen Country mit dem Rhythm ’n‘ Blues schwarzer Musiker gemischt und einen ganz neuen wilden und schrägen Stil kreiert. Eine unzufriedene Generation, die aufbegehrt gegen die Alten, hat ihren musikalischen Ausdruck gefunden.

Klar, dass Hamburgs Jugend dem Auftritt ihres Idols entgegenfiebert. Die Ernst-Merck-Halle ist ausverkauft. Vor den Zugängen stehen Beamte in Zehner-Gruppen. Rund um den Veranstaltungsort patrouillieren berittene Polizisten. Das massive Aufgebot an Sicherheitskräften soll die Besucher einschüchtern und von Gewalttaten abhalten. Das Gegenteil wird erreicht, wie sich bald zeigen wird.


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Alles beginnt friedlich. Als Vorgruppe tritt das deutsche Jazz-Orchester Kurt Edelhagen auf. Dann wird es abgelöst von einem Mann mit rotem Hemd und reichlich Pomade im Haar, auf dessen Stirn sein Markenzeichen klebt: eine Schmalzlocke, die davon ablenken soll, dass er mit vier Jahren das linke Auge verlor. Bill Haley!

Die Fans sind nicht mehr zu bändigen. Immer mehr Zuhörer erheben sich und fangen in den Gängen an ekstatisch zu zucken. Ordner versuchen die Tanzenden wieder auf ihre Plätze zurückzudrängen. Erfolglos.

„Los nach vorne!“ brüllen die Radaubrüder, dann geht’s los

„Los, nach vorne!“, brüllt einer der Radaubrüder, und sofort fließen die Massen nach vorne wie ein schreiender Lavastrom. Rund 100 Jugendliche nehmen die Bühne in Besitz. Die Deko wird zerfetzt, Gebrüll und Gekreische übertönt längst die Musik, Tumulte brechen aus.

Und der Star? Der versucht, die Masse zu beruhigen. „Ladies and Gentlemen“, setzt Haley mehrfach an, aber er dringt nicht durch. Schließlich nimmt er gemeinsam mit seinen Bandmitgliedern Reißaus. Sogar ihre Instrumente lassen sie zurück.

Das passiert bei jedem Bill Haley-Konzert 1958: Die Stühle in den Konzerthäusern gehen zu Bruch. dpa
Das passiert bei jedem Bill Haley-Konzert 1958: Die Stühle in den Konzerthäusern gehen zu Bruch.

Wie die Fans jetzt reagieren? Was noch alles zu Bruch geht in dieser Nacht? Vor allem: Was sich wenig später am Dammtorbahnhof ereignet? Hören Sie in unseren Podcast!

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