• Die erste Stadt in Bayern hat am Mittwoch wegen des Coronavirus eine Ausgangssperre verhängt. Das könnte bald auch andernorts drohen. Wir erklären, was das bedeutet.

Welche Strafen drohen?: Erste deutsche Stadt verhängt Ausgangssperre, folgen andere?

Köln –

Die Coronavirus-Krise wird immer ernster – und damit auch die Auswirkungen auf das Leben in Deutschland. Parallel zur Nachricht des 28. Corona-Toten in Deutschland, hat der bayerische Landkreis Tirschenreuth für das Stadtgebiet Mitterteich in der Oberpfalz die erste Ausgangssperre in Bayern verhängt.

Das Verbot sei ab sofort gültig und gelte bis einschließlich 2. April, teilte Landrat Wolfgang Lippert (Freie Wähler) am Mittwoch mit. „Das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund wird untersagt“, hieß es in der Verfügung, die sich nur auf das Stadtgebiet und nicht auf alle Ortsteile bezieht.

Ausgenommen von dem Verbot wurden auch absolut notwendige Wege wie Fahrten zur Arbeit, Einkäufe und Arztbesuche. In dem Landkreis gab es bis Dienstag 40 bestätigte Coronavirus-Infektionen, wobei der Raum Mitterteich mit etwa der Hälfte den Schwerpunkt darstellte.

Ausgangssperre wegen Coronavirus könnte kommen, wenn Maßnahmen nicht ausreichen

Eine bundesweite Ausgangssperre herrscht damit aber natürlich noch nicht. In anderen Staaten wie Italien oder Frankreich sieht das bereits anders aus. Eine Ausgangssperre wäre aber auch in Deutschland denkbar, falls die bisher beschlossenen Schritte sich als nicht ausreichend erweisen, um einen raschen Anstieg der Infektionen zu verhindern.

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Eine Ausgangssperre müsste man sich mit Ausnahmen für wichtige Erledigungen, Arztbesuche oder den Weg zur Arbeit vorstellen.

„Ausgangssperren könnte man auf Paragraf 28 im Infektionsschutzgesetz stützen“, sagt der Staatsrechtler Stephan Rixen von der Universität Bayreuth dazu. „Da das Robert Koch-Institut die Gefährdungslage mittlerweile als hoch einschätzt, wäre das begründbar.“ Das Institut stufte die Gefährdungslage am Dienstag von „mäßig“ auf „hoch“.

Coronavirus: „Erstaunt, dass manche den Ernst der Lage noch nicht erkannt haben“

Ärztevertreter äußerten sich teils skeptisch zu möglichen Ausgehsperren. Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery ist nach eigenen Angaben „kein Freund des Lockdown“. Er sieht Italien nicht als Positivbeispiel, im Gegenteil: „Die waren ganz schnell an ihren Kapazitätsgrenzen, haben aber die Virusausbreitung innerhalb des Lockdowns überhaupt nicht verlangsamt.“

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Die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag), vorrangiges Ziel müsse ein Abflachen der Kurve bei Neuinfektionen sein. Dies werde aber dazu führen, dass die Welle länger laufe. „Deswegen hilft es nicht weiter, zu strikte Maßnahmen zu ergreifen – oder, wie manche Länder in Europa, Ausgangssperren zu verhängen.“

Jedoch müsse die Bevölkerung weiter aufgeklärt werden, was in dieser Situation gehe und was nicht. „Ich nehme mit Erstaunen und Entsetzen wahr, dass manche den Ernst der Lage noch nicht erkannt haben“, sagte Johna. „Der Abstand zum anderen ist das alles Entscheidende. Und zwar ein Abstand von zwei Metern.“

Ausgangssperre wegen Coronavirus? Diese Strafen könnten drohen

Welche Strafen beim Verstoß gegen Ausgangssperren drohen könnten, hängt von der Lesart des Infektionsschutzgesetzes ab. Dort steht zwar in Paragraf 28, die zuständige Behörde könne „Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind“.

Wer einer solchen verbindlichen Anordnung zuwiderhandelt, müsste laut Infektionsschutzgesetz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Diese Regelung umfasst aber eher vorübergehende als längerfristige Ausgangssperren, erläutert Rixen.

Allerdings ist in einem anderen Satz des gleichen Paragrafen auch eine allgemeinere Klausel enthalten, wonach „die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen“ ergreifen könne, „soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist“.

Dieser Satz bezieht sich unter anderem – aber nicht ausschließlich – auf Maßnahmen wie Quarantäne für erkrankte oder positiv getestete Personen. Ob Strafandrohungen auch bei langfristigen Ausgangssperren greifen würden, bezweifelt Rixen: „Das Gesetz ist da nicht eindeutig genug.“ (dpa, afp, so)

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