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  • Im Irak haben Raketen einen US-Stützpunkt getroffen.
  • Foto: dpa

Neue Eskalation im Nahost-Konflikt: Angriff auf US-Stützpunkt im Irak – Verletzte

Bagdad/Teheran –

Mörsergranaten haben am Sonntag einen Stützpunkt von US-Soldaten getroffen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Militärkreise. Auch die Nachrichtenagentur AFP berichtet von einem Angriff auf die US-Basis.

Drei Personen sollen demnach durch den Beschuss nördlich bon Bagdad verletzt worden sein, hieß es weiter. Vorher habe es noch geheißen, dass es vier Verletzte gegeben habe. Die Zahlen wurden kurz darauf berichtigt. Bei den Verletzten handelt es sich den Berichten zufolge um vier irakische Soldaten.

Die geringe Zahl der Verletzten ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass die meisten US-Soldaten den Stützpunkt Al-Balad bereits wegen des Konflikts zwischen den USA und dem Iran verlassen hätten.

Mörsergranaten treffen US-Luftwaffenbasis nahe Bagdad

Insgesamt neun Mörsergranaten seien auf der von US-Truppen genutzten Luftwaffenbasis eingeschlagen. Dabei seien drei irakische Soldaten verletzt worden, die das Eingangstor der Basis bewacht hätten, teilte die Polizei in der Provinz Salah al-Din mit. Die Geschütze hätten das Rollfeld sowie den Eingangsbereich getroffen.

Wer hinter dem Angriff steckt, war zunächst unklar.

In den vergangenen Wochen waren im Irak mehrfach Raketen in der Nähe von Stützpunkten eingeschlagen, an denen US-Truppen stationiert sind. Davon war auch Balad getroffen. Der Verdacht richtet sich meistens gegen schiitische Milizen, die mit dem Nachbarland Iran verbündet sind. Sie wollen wie der Iran den Abzug der US-Truppen aus dem Land erreichen.

Auch im Stadtzentrum von Bagdad schlugen zuletzt mehrfach Raketen ein. Einige davon landeten in oder nahe dem Regierungsviertel, in dem unter anderem die US-Botschaft liegt. Berichte über Verletzte gab es dabei nicht.

Die Lage im Irak ist seit der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch einen US-Luftangriff und einen Vergeltungsschlag des Irans gegen amerikanisch genutzte Militärstützpunkte sehr angespannt. Schiitische Milizen haben Vergeltung angekündigt für die Tötung Soleimanis und eines hohen irakischen Milizenführers, der bei dem US-Angriff ebenfalls ums Leben kam. 

Iran gesteht Verantwortlichkeit ein

Nach tagelangem Leugnen hatte der Iran zuvor nun doch eingestanden, für den Absturz eines ukrainischen Passagierflugzeugs mit 176 Todesopfern verantwortlich zu sein. Das Militär habe die Maschine „unbeabsichtigt“ abgeschossen, es handele sich um „menschliches Versagen“, hieß es am Samstag in einer Presseerklärung.

Präsident Hassan Ruhani bedauerte den Abschuss, versprach eine gründliche Untersuchung und erklärte: „Dieser unverzeihliche Vorfall muss juristisch konsequent verfolgt werden.“ Die Familien der Opfer müssten entschädigt werden. So etwas dürfe nie wieder passieren.

Zuvor hatte der Iran tagelang einen Abschuss vehement bestritten und erklärt, ein technischer Defekt sei die Ursache gewesen.

Zum Hergang erklärte das iranische Militär, es habe an dem Unglückstag mehrere Drohungen der USA gegeben, iranische Ziele anzugreifen. Daher habe höchste Alarmbereitschaft geherrscht. Dann habe sich die ukrainische Maschine einer strategisch wichtigen Militäranlage genähert, sei versehentlich als Bedrohung eingestuft und schließlich abgeschossen worden.

USA verhängen weitere Wirtschaftssanktionen gegen Teheran 

Nach den iranischen Angriffen auf US-Truppen im Irak haben die USA weitere Wirtschaftssanktionen gegen Teheran verhängt. Das teilten US-Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister Steven Mnuchin am Freitag in Washington mit.

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Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister Steven Mnuchin teilten am Freitag mit, dass die USA neue Sanktionen gegen den Iran verhängen werden.

Foto:

AFP

Die neuen Strafmaßnahmen betreffen demnach unter anderem den Stahlsektor des Landes. Außerdem würden acht hochrangige Vertreter des iranischen Regimes mit Sanktionen belegt, die in die jüngsten Attacken auf US-Truppen involviert gewesen seien, sagte Pompeo.

Hinweise auf Abschuss einer Passagiermaschine

Ungeachtet dieser Schwierigkeiten verdichten sich nun die Hinweise auf einen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine im Iran.

Nach Kanada und Großbritannien gehen auch die USA von einem Abschuss des Flugzeuges durch den Iran aus. „Wir glauben, dass es wahrscheinlich ist, dass dieses Flugzeug durch eine iranische Rakete abgeschossen wurde“, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag im Weißen Haus. Pompeo betonte aber, man müsse die Untersuchung abwarten. Die Regierungen in Kanada und Großbritannien hatten zuvor mitgeteilt, sie hätten Hinweise, dass ein versehentlicher Raketenbeschuss durch den Iran die Unglücksursache sei.

Schweden will nach Absturz an Ermittlungen beteiligt werden

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven sei sich in einem Telefonat mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau am späten Donnerstagabend einig gewesen, dass Informationen zu einem vermuteten Abschuss durch den Iran „eine zügige, vollständige und transparente Untersuchung“ noch notwendiger machten, teilte Löfvens Büro am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Länder, deren Staatsbürger bei dem Absturz ums Leben gekommen seien, müssten die Möglichkeit zur Beteiligung an den Ermittlungen sowie volle Einsicht darin erhalten.

Hinweise auf versehentlichen Raketenbeschuss

Nach dem Absturz gab es Hinweise auf einen versehentlichen Raketenbeschuss durch den Iran. Die Regierungen in Kanada und Großbritannien verfügen nach eigenen Angaben über Informationen, die auf den Abschuss durch eine iranische Rakete hinweisen.

Das Flugzeug mit 176 Menschen an Bord war am Mittwoch abgestürzt, kurz nachdem der Iran zwei von US-Soldaten genutzte Stützpunkte im Irak angegriffen hatte. Bei dem Absturz gab es keine Überlebenden.

Schwedens Außenministerin Ann Linde teilte am Freitagnachmittag mit, dass 17 Personen aus Schweden bei dem Absturz ums Leben gekommen waren. Nach Angaben des Außenministeriums sind unter ihnen sieben Menschen mit schwedischer Staatsbürgerschaft sowie zehn, die im schwedischen Volksregister geführt sind. Das können zum Beispiel Menschen sein, die eine permanente Aufenthaltsgenehmigung haben.

Satelliten- und Radardaten weisen auf Abschuss hin

Bereits am Donnerstag hatten die Sender CBS und CNN unter Berufung auf Regierungsvertreter berichtet, das Flugzeug könnte irrtümlich vom iranischen Luftabwehrsystem abgeschossen worden sein. Darauf würden Satelliten- und Radardaten hinweisen.

US-Präsident Donald Trump sagte, er habe einen „Verdacht“; womöglich habe jemand einen „Fehler“ begangen. Ein mechanisches Problem am Flugzeug als Unglücksursache halte er für ausgeschlossen. Näher wollte er sich nicht äußern.

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Donald Trump hat den Verdacht, dass die Passagiermaschine über Teheran abgeschossen wurde.

Foto:

picture alliance/dpa

Die britische Regierung hatte kurz zuvor eine „vollständige und transparente Untersuchung“ zur Ursache des Absturzes der ukrainischen Passagiermaschine im Iran gefordert. Das sagte ein Downing-Street-Sprecher am Donnerstag vor Journalisten in London.

Die Medienberichte zu dem Absturz mit mehr als 170 Toten am Mittwoch bei Teheran – inmitten des bewaffneten Konflikts zwischen dem Iran und den USA – seien „sehr besorgniserregend“ und würden geprüft, so der Sprecher. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefongespräch zudem Unterstützung bei der Aufklärung der Absturzursache zu.

Die Krise zwischen den USA und dem Iran – eine Chronologie

  • 9. Januar 2020: Die kanadische Regierung geht davon aus, dass das ukrainische Passagierflugzeug im Iran abgeschossen wurde. US-Medien berichten, dass die Boeing-Maschine von einer iranischen Flugabwehrrakete getroffen worden sein könnte. US-Regierungsbeamte hielten dies für hoch wahrscheinlich, berichtet der TV-Sender CBS.
  • 8. Januar 2020: Nach US-Angaben schlagen in der Nacht elf Raketen aus dem Iran im Luftwaffenstützpunkt Ain al-Assad westlich von Bagdad und fünf in Erbil ein. Die Iraker sprechen von einem Vergeltungsschlag mit 22 Raketen. – Nahe Teheran stürzt ein ukrainisches Passagierflugzeug ab. Mehr als 170 Menschen kommen ums Leben.
  • 3. Januar 2020: Der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Ghassem Soleimani, wird in der Nacht bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen von Bagdad getötet. Die oberste Führung in Teheran droht den USA „schwere Rache“ an.
  • 31. Dezember 2019: Demonstranten greifen die US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad an und versuchen, sie zu erstürmen. Daraufhin machen sich Hunderte amerikanische Fallschirmjäger auf den Weg in Richtung Nahost. Die USA machen den Iran für die Ausschreitungen verantwortlich, dieser weist den Vorwurf zurück.
  • Ende Dezember 2019: Nachdem bei einem Raketenangriff auf eine Militärbasis nahe Kirkuk im Nordirak ein US-Amerikaner und vier weitere Menschen getötet wurden, fliegen die USA mehrere Angriffe im Irak und in Syrien – gegen Einrichtungen der pro-iranischen Miliz Kataib Hisbollah. Dabei kommen 25 Menschen ums Leben, 50 werden verletzt.
  • 5./6. November 2019: Der Iran wendet sich mit einem offenen Verstoß weiter vom Atomabkommen ab. Die iranische Atomorganisation teilt mit, dass 2000 Kilogramm Urangas in die Anlage Fordo befördert worden seien.
  • 11. Oktober 2019: Die USA verlegen zahlreiche weitere Soldaten nach Saudi-Arabien, außerdem Raketenabwehrsysteme und Kampfjet-Geschwader.
  • Mitte/Ende September 2019: Mehrere Raketen und Drohnen treffen zwei der wichtigsten Ölanlagen des US-Verbündeten Saudi-Arabien. Die USA – und später auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien – machen den Iran dafür verantwortlich. Die Regierung dort weist die Anschuldigungen zurück. Rund zwei Wochen später schicken die USA etwa 200 Soldaten nach Saudi-Arabien.
  • 30. Juli 2019: Die USA fordern Deutschland, Frankreich und Großbritannien auf, sich an der Sicherung des Handelsverkehrs in der Straße von Hormus zu beteiligen. Das Auswärtige Amt stellt klar, dass ein deutscher Beitrag nicht zu erwarten sei.
  • 7. Juli 2019: Der Iran verkündet, Uran nun über die im Atomabkommen erlaubte Grenze hinaus anzureichern: „Ab heute halten wir uns nicht mehr an die 3,67 Prozent und unsere Urananreicherung wird je nach Bedarf erhöht.“ Iran will die Urananreicherung je nach technischem Bedarf schrittweise auf 5 bis 20 Prozent erhöhen.
  • 20./21. Juni 2019: Der Iran schießt nach Spannungen in der Straße von Hormus eine US-Aufklärungsdrohne ab. US-Präsident Donald Trump bezeichnet dies als „sehr schweren Fehler“. Einen Militärschlag will er erst in letzter Minute gestoppt haben – wegen der befürchteten Todesopfer. Ob die Drohne iranischen Luftraum verletzt hatte, ist umstritten.

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