• Ein 67-jährige Nierenpatient wird in seinem Haus in Dänemark gegen das Coronavirus geimpft.
  • Foto: picture alliance/dpa/Ritzau Scanpix/AP

„Um zwei Wochen voraus“: Deshalb impft Dänemark schneller als Deutschland

Kopenhagen –

Anders als Deutschland bekommt Dänemark viel Lob für seine Impfkampagne. Zwar ist das Land auch deutlich kleiner, doch es startete mit ähnlichen Voraussetzungen. Trotz allem liegen uns die Dänen beim Impfen immer etwa zwei Wochen voraus. Woran liegt das?

Unregelmäßige Lieferungen von Präparaten, die nicht für alle reichen – Dänemark kennt dieses Problem genau wie Deutschland. „Trotzdem sind die Dänen uns seit Beginn der Impfungen ständig um etwa zwei Wochen voraus“, sagt Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen der TU Berlin im „Spiegel“.

Dänemark setzt auf Digitalisierung und Zentralisierung

In Dänemark sollen bald alle Menschen über 50 ein Impfangebot bekommen haben, gleichzeitig plant die Regierung bereits ab Mitte Mai größere Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Selbst der noch einmal um drei Wochen verlängerte Impfstopp für AstraZeneca steht diesen Plänen derzeit nicht im Weg.

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Doch was machen die Dänen anders als wir? Zwei Punkte sind hier entscheidend: Zentralisierung und Digitalisierung. „Die Impfkampagne kommt aus einer Hand und sie wird von der nationalen Gesundheitsbehörde orchestriert“, sagt Kjeld Pedersen, Professor für Gesundheitsökonomie an der Syddansk Universität.

Dänen haben digitales Gesundheits-Postfach

Die Terminvergabe und die Verteilung des Impfstoffs wird zentral und elektronisch geregelt – durch das Gesundheitsministerium und dessen Behörde für Gesundheitsdaten. Seit sechs Jahren haben alle Dänen dort ein digitales Postfach, auf das sie online zugreifen können, berichtet der „Spiegel“. Es ist mit dem Melderegister verknüpft. Den Behörden war es so schnell möglich, alle Menschen über 80 Jahren anzuschreiben und zu einem Impftermin einzuladen. 

Anders als in Deutschland sind in Dänemark alle Patientenakten elektronisch erfasst. Krankenhäuser, Praxen und Apotheken können sie landesweit einsehen und Diagnosen oder verschriebene Medikamente abrufen. Durch dieses System konnten Krankenhäuser Listen mit besonders gefährdeten Patienten erstellen und mit dem Statens Serum Insitut, dem nationalen Impfinstitut, teilen.

Regionen sind Gesundheitsministerium unterstellt

Die Impfstoffe wurden bisher in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen und Impfzentren in fünf Regionen gespritzt. Doch anders als bei uns die Bundesländer, organisieren diese Regionen die Impfungen nicht autonom: Sie sind dem Gesundheitsministerium unterstellt und bekommen die passende Anzahl an Impfdosen täglich aus dem nationalen Impfinstitut in Kopenhagen geliefert.

Das zentrale System erfasst genau, wie viel Impfstoff vorhanden ist, wo er sich befindet und wer wann mit welchem Präparat geimpft wurde. Es zeigt auch, welche älteren Menschen impfberechtigt sind, aber noch keinen Termin über die zentrale Plattform „vacciner.dk“ oder per Hotline gebucht haben. Diese Namen werden dann an die Kommunen weitergeleitet, damit sie bei den Menschen anrufen können.

Keine Impfdose bleibt ungenutzt

Falls Impfstoff bis abends übrig bleibt, wird der entweder in Krankenhäusern verimpft oder über eine Warteliste verteilt. Hier können sich Dänen einschreiben, die zwar impfberechtigt sind, aber noch keine Einladung bekommen haben. Zusätzlich zu dem straffen Impfprogramm gibt es zweimal pro Woche eine Art Feedback-Gespräch, wo die rund 20 Vertreter der fünf Regionen und der nationalen Gesundheitsbehörde zusammenkommen und die Kampagne besprechen – und überarbeiten.

In Deutschland ist man von dieser effizienten Struktur noch weit weg. Allein herauszufinden, wie viele Intensivbetten und Beatmungsgeräte es bundesweit gebe, sei mühsam gewesen, so Reinhard Busse von der TU Berlin. Hinzu komme der deutsche Datenschutz. Zwar ist man auch hier dabei, ein Netzwerk für Gesundheitsdaten aufzubauen, doch soll jeder selbst entscheiden können, was in den elektronischen Patientenakten gespeichert wird. Ein zentrales Register der Daten oder eigenmächtige Anrufe der Behörden bei den Bürgerinnen und Bürgern sind nicht vorgesehen. (vd)

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