• Voller Gipfel: Touristen beim Verweilen auf dem Bodenschneid bei Rottach Egern.
  • Foto: imago images/Sven Simon

Tourismus in Corona-Zeiten: Bayerns Berge vor dem Urlaubskollaps

Berchtesgaden/Kochel –

Verstopfte Straßen, Wildcamper an den schönsten Flecken und Kolonnen auf den Wanderwegen: In diesem Corona-Sommer stürmen Erholungssuchende mehr denn je Bayerns Alpenidylle. Das Problem: Schon vor der Pandemie erreichten manche Regionen ihre Kapazitätsgrenzen.

Frühmorgens im Nationalpark Berchtesgaden. Eine Touristin ist mit ihrem Auto an Schranken und Verbotsschildern vorbeigefahren, hat ihr Zelt aufgestellt – „zweifellos an einer wunderschönen Stelle“, sagt der Ramsauer Tourismusdirektor Fritz Rasp. „Es hat ausgesehen wie Kanada pur. Aber es ist halt so nicht akzeptabel.“ Rasp benachrichtigt die Ranger – die auch zum Ostufer des Königssees ausrücken müssen.

Dort steigt Rauch auf. Die Ranger finden einen mit Leinennachthemd und Schaffellen bekleideten jungen Mann, der im Schutzgebiet kampiert und ein Lagerfeuer angezündet hat – Anzeige!

Bayern: Corona-Sommer sorgt für Ansturm auf Bergwelt

Das Berchtesgadener Land, die Gegend um den Watzmann, der Königssee, das Zugspitzgebiet und Oberstdorf: Schon vor Corona kämpften einige Regionen gegen Staus, Überfüllung – und den Urlaubskollaps. Doch in diesem Jahr ist der Ansturm auf Bayerns Bergwelt noch größer.

Am malerisch zwischen Bergketten gelegenen Walchensee stehen tagsüber manchmal bis zu 4000 Autos. „Wir merken Corona extrem“, sagt der Gemeindeleiter des nahen Ortes Jachenau, Felix Kellner. „Man spürt sowohl am See als auch in den Bergen, dass extrem viele Leute da sind.“ Schon vor Wochen war der Andrang so groß, dass ein zusätzlicher Parkplatz für 300 Autos geschaffen wurde. Die rund 400 Gästebetten seien bis September ausgebucht. Auch Wohnmobile sind ausgebucht wie nie – dabei gibt es keine Stellplätze mehr.

Allgäu: Einheimische regieren zunehmend genervt auf Camper

Auch andere Seen kämpfen mit dem Touristenansturm: Am Schrecksee im Allgäu auf 1800 Metern Höhe standen schon früher teilweise Dutzende Zelte, Schlieren von Sonnencreme zogen auf dem grünblauen Wasser. Am Hintersee bei Ramsau standen laut Touristiker Rasp nach den ersten Corona-Lockerungen an die 50 Camper. Ein Problem sind auch die Hinterlassenschaften in den Büschen – nicht alle Camper haben mobile Toiletten. Die Einheimischen reagieren zunehmend genervt.

Besonders schlimm sei es gewesen, als die Grenzen nach Österreich und Italien zu waren, sagt Rasp. Nun habe sich die Lage entspannt. Es sei nicht so, dass man Touristen nicht wolle. Hotellerie und Gastronomie freuten sich über die Gäste. Das Problem sei die schiere Masse.

Video: Zu viele Touristen in den Bergen

„Die sozialen Medien spielen hier eine Rolle“, sagt Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein (DAV). Instagram-Bilder versprechen einsame Idylle – die längst überlaufen ist. Das Phänomen sei nicht neu, so Bucher. Aber: „In diesem Jahr ist es stärker als sonst.“ (mik/dpa)

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