Studie zeigt:: Weniger Spitzenjobs für Ostdeutsche und Nachfahren von Migranten
Berlin –
Ostdeutsche im Chefsessel? Auch 30 Jahre nach der Einheit sind Menschen, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geboren wurden, deutlich seltener in Führungspositionen. Sie besetzen nach jüngsten Forschungsergebnissen lediglich 10,1 Prozent der Spitzenjobs. Noch geringer ist der Anteil bei Menschen mit Migrationshintergrund.
Besonders in der Wissenschaft und Verwaltung geben Ostdeutsche selten den Ton an. In den Bereichen Sicherheit, Zivilgesellschaft und Gewerkschaft erreichen sie immerhin zweistellige Werte. Immerhin entspricht der Anteil der Ostdeutschen in politischen Elitepositionen in etwa ihrem Anteil an der Bevölkerung von 19,4 Prozent.
Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung
Noch geringer ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Spitzenjobs. Das zeigen erste Ergebnisse der am Montag vorgestellten Studie „Teilhabe ohne Teilnahme? Wie Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund in der bundesdeutschen Elite vertreten sind“ des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung. Danach liegt der Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte an der Bevölkerung bei 26 Prozent. In Führungspositionen finden sich aber nur zu 9,2 Prozent Menschen, bei denen mindestens ein Elternteil bei der Geburt keine deutsche Staatsbürgerschaft hatte. Am stärksten vertreten sind sie in den Bereichen Kultur (19,6 Prozent) und Religion (25,9 Prozent). Besonders wenige Menschen mit ausländischen Wurzeln gibt es dagegen in Justiz (1,3 Prozent), Gewerkschaften (3 Prozent) und Militär (2 Prozent). Allerdings ist für den Eintritt in die Bundeswehr – abgesehen von zivilen Jobs im Angestelltenverhältnis – auch die deutsche Staatsbürgerschaft erforderlich.
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In der Wirtschaftselite liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund laut Studie bei 13,8 Prozent. Zu denjenigen, die hier aufgestiegen sind, gehörten vor allem Westeuropäer und Menschen mit der Muttersprache Englisch, berichtete die Sozialwissenschaftlerin Sabrina Zajak. Bildung spiele hier natürlich eine wichtige Rolle, aber es sei auch erkennbar, dass Menschen mit Migrationsgeschichte selbst bei gleicher Qualifikation benachteiligt würden. Neben Diskriminierung sei dabei auch teilweise das Fehlen von Netzwerken und Seilschaften ein Faktor.
Mehr als 3000 Elitepositionen unter die Lupe genommen
Die Forscher haben sich für ihre Studie mehr als 3000 Elitepositionen angeschaut. Bei einer repräsentativen Befragung stellten sie zudem fest, dass nur weniger als ein Drittel der Bevölkerung eine gesetzliche Quote zur Erhöhung des Anteils von Ostdeutschen und Menschen mit Migrationshintergrund befürwortet. Mehr als 60 Prozent der Befragten könnten sich aber Maßnahmen zur Förderung von geeigneten Arbeitnehmern aus beiden Gruppen vorstellen.
Ostdeutsche fühlen sich als Bürger „zweiter Klasse“
Zu den Ursachen der Unterrepräsentation seien noch weitreichendere Untersuchungen notwendig, waren sich die Wissenschaftler einig. In Justiz und Wissenschaft sei die „soziale Herkunft weitaus prägender“ als in anderen Bereichen, erklärte Raj Kollmorgen von der Hochschule Zittau/Görlitz. Hier müsse man womöglich genauer auf die Rekrutierungsmechanismen schauen.
Die Forscher fanden heraus, dass Ostdeutsche, die wahrnehmen, dass die im Osten Geborenen in den Eliten unterrepräsentiert sind, deshalb nicht unzufriedener mit der Demokratie sind als andere. Sie fühlten sich aber häufiger als Bürger „zweiter Klasse“. Unter Menschen mit Migrationshintergrund gibt es diesen Zusammenhang laut Studie so nicht. Vielleicht hat das auch mit der unterschiedlichen Erwartungshaltung in beiden Gruppen zu tun. (wb/dpa)