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  • Das „Schwester Schwester“-Team: Micki (Caroline Maria Frier), Chefarzt Dr. Tümmler (Christian Tramitz), Charly (Anna Julia Antonucci)
  • Foto: TVNOW / UFA Fiction / Daniela Incoronato

Sitcom: Christian Tramitz erklärt, warum es mehr Spaß macht, Arschlöcher zu spielen

Köln –

Als Kaiser Franz, Ranger oder Kapitän Kork drangsalierte er unsere Lachmuskeln. Seit einigen Jahren ermittelt Christian Tramitz (64) als Polizeiobermeister Franz Hubert regelmäßig in der ARD. Jetzt spielt er auch noch einen Klinikchef (ab 2. Januar 2020, 21.45 Uhr auf RTL und schon jetzt bei TVNow).

Im Interview mit uns verrät der Schauspieler, warum es mehr Spaß macht Arschlöcher zu spielen, dass er sich nur wiederwillig verkleidet und wo er sich regelmäßig mit den alten Kollegen Michael „Bully“ Herbig und Rick Kavanian trifft. 

Herr Tramitz, erzählen Sie uns etwas zu „Schwester, Schwester“ und ihrer Rolle.

Christian Tramitz: Meine Rolle ist Friedrich Tümmler, Klinikchef, großer Egomane, aber leider komplexbeladen. Er wird von seiner Frau dominiert, hat eigentlich nichts zu sagen. Und sein größtes Anliegen ist es, eine Klinikkapelle zu bauen, da liegt sein ganzer Ehrgeiz drin. Medizinisch hat er nicht so viel auf dem Kasten. Es geht ihm eher um die Anzüge, die er trägt. Er schreit irrsinnig rum, bricht aber auch wahnsinnig schnell ein. Vor allem mit Micki Busch (Caroline Frier) hat er sehr viele Szenen und was ganz bezeichnend ist: Er sagt einmal „Sie sind für mich die Mutter, die ich nie hatte“. Er hat also einen tiefsitzenden Mutterkomplex. Manchmal muss man auch Mitleid mit ihm haben.

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Szene aus „Schwester Schwester“: Dr. Friedrich Tümmler (Christian Tramitz), Dr. Krygios (Jasin Challah), Micki Busch (Caroline Maria Frier)

Foto:

TVNOW / UFA Fiction / Daniela Incoronato

War es schwer, diese dauerhaft arrogante Seite zu spielen?

Find ich super (grinst). Arrogant sein macht Spaß. Aber viele charakterliche Dinge haben sich auch beim Drehen, im Zusammenspiel mit den Mädels, entwickelt. Für diese Möglichkeit ist man natürlich wahnsinnig dankbar.

Wie waren die ersten Gedanken beim Lesen des Drehbuchs? Vermutlich in die Richtung: Da spiele ich aber ein ziemliches Arschloch…

Ja, aber Arschlöcher sind immer dankbarer zu spielen. Ich habe mich ein bisschen an den Chefarzt von Scrubs erinnert, der ja auch eigentlich eine sehr negative Figur ist. Und trotzdem mag man den in irgendeiner Form. Das wollte ich nicht kopieren, aber an dem konnte man sich ein wenig orientieren.

Warum sind Arschlöcher dankbarer zu spielen?

Ich weiß auch nicht, aber das Schlimmste ist, glaube ich – das habe ich nie gemacht – den klassischen Liebhaber zu spielen. Der sieht gut aus, ist gut – und damit hat es sich dann erledigt. Das Arschloch hat immer Facetten, versucht, was er will, auf verschiedene Arten durchzusetzen. Mal jammerig, mal im Befehlston – es ist halt einfach lustiger, wenn man Leute anschnauzen kann. Das macht auch im privaten Bereich irrsinnigen Spaß (lacht).

Wer muss das bei Ihnen im privaten Bereich aushalten?

Oh Gott. Da können Sie mal meine Frau oder meine Kinder fragen. Oder wenn man im Auto sitzt. Da kann man ja ungestraft auf andere schimpfen. Ich glaube, das befreit einfach so ein bisschen. So ist es auch bei Tümmler. Der muss immer andere anschnauzen. Wenn er die nicht hat, wird er unglücklich.

Sie sind also der typische Auto-Flucher.

Ich bin absoluter Auto-Flucher.

Tümmler hängt in Folge drei in einer tiefen Midlife-Crisis. Hatten Sie Ihre Midlife-Crisis auch schon? Angeblich ereilt uns das ja alle mal.

Ich überlege immer, wann meine eigentlich war. Aber ich komme nicht drauf. Vielleicht kommt sie noch… Da wird einem aber auch viel eingeredet.

Sie haben sich also keinen Ferrari zugelegt vor ein paar Jahren.

Nein, auch keine Harley Davidson. Aber komischerweise ähneln sich die Sachen, die die Herren sich dann kaufen, immer. Es ist ein Boot, ein Auto, kann auch mal ein Flugzeug sein – da bin ich sowieso zu feige. Ich habe mir zwar mal ein Boot gekauft, aber mit einem Freund, gebraucht, vor ein paar Jahren. Das kann nicht die Midlife-Crisis gewesen sein (lacht).

Sie haben Flugangst?

Eher Flugwut. Wenn es zu Ruckeln anfängt, dann steigt bei mir komplett der Puls.

Worauf sie komplett verzichten: Instagram und Facebook. Bewusst?

In erster Linie ist es Faulheit. Ich kann nicht alle 20 Minuten irgendwelche Keksteller fotografieren oder so. Meine Söhne, die jetzt 28 sind, die kommen auch schon langsam davon weg, weil es nervt. Das Leben ist nicht so interessant, dass man alle 20 Minuten den Leuten zeigen muss, wo man gerade ist. Von der Kantine ins Klo, ins Bad, in das Hotel… Ich finde das auch sehr, sehr langweilig. Es wird einem eingeredet, man müsse das machen, weil es wichtig für den Job ist – glaube ich nicht. Die Leute gehen nicht in den Kinofilm, weil du 5 Millionen Follower hast. Es ist was anderes, auf diesen Knopf zu drücken, als 15 Euro für eine Kinokarte zu zahlen. Aber in erster Linie ist es Faulheit.

Was es aber gibt: Eine Christian-Tramitz-Fanpage mit jeder Menge Fotos. Aus Serien etwa – das wird von irgendwelchen Leuten gepostet.

Stimmt. Ich habe mal versucht herauszufinden, wer das ist, aber das sind mittlerweile so viele. Und so lange da nicht komplette Falschinformationen stehen… Es sind zwar ein paar Kinderfotos drin, die nicht von mir sind, aber was soll’s. Braune Augen etwa hatte ich nie (lacht). Das ist halt Fluch des Digitalismus.

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Erfolgs-Trio: Rick Kavanian, Michael „Bully“ Herbig und Christian Tramitz

Foto:

picture alliance/dpa

Sie sind seit diesem Jahr 15 Jahre verheiratet – ganz schön lang.

Ja, das sagt man heut so. Früher war das den Leuten nur zu teuer, sich scheiden zu lassen. Heute sind alle in meinem Alter in der dritten Ehe. Gut, bei mir ist es die zweite – aber die erste war auch lang. Ich bin vielleicht auch aus Faulheit sehr treu (lacht).

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Nochmal zurück zur Serie – wonach suchen Sie sich die Rollen aus, die sie spielen.

An erster Stelle steht immer die Geschichte, dann überlege ich mir, wie könnte ich das spielen. Und hier sind, das passiert nicht so oft, die Dialoge sehr, sehr gut geschrieben. Sitcom ist ja in Deutschland eigentlich ein Untergangskommando. Für mich ist die letzte funktionierende deutsche Sitcom „Ein Herz und eine Seele“. Aber man denkt, vielleicht geht es doch. Meine Rolle steht hier ja nicht so im Mittelpunkt, ist eher ein Sidekick. Die Hauptrollen sind die vier Mädels, die das richtig gut spielen. Man kann zwar nie sicher sein, dass dem Publikum auch gefällt, was einem selbst gefällt, aber hier hat mir das Buch richtig Spaß gemacht. Sonst hätte ich es nicht gemacht.

Lieber Serie oder Film?

Kinofilm ist in Deutschland inzwischen wahnsinnig schwer. Die Leute gucken Serien. Da muss ich zugeben: Ehe man einen Kinoflop macht, ist es besser eine Serie zu machen. Kino ist ein Himmelfahrtskommando. Das kann explodieren, aber im Moment explodiert – gerade was deutsche Produktionen angeht – wahnsinnig wenig. Da verschwindet momentan einiges in der Versenkung, auch an besseren Filmen.

In einer älteren Besprechung zu „Hubert und Staller“ habe ich gelesen: Wenn Christian Tramitz ins Bild kommt, wartet man immer ein Stück weit auf eine Pointe …

… ja. Manchmal vergebens (lacht).

Das zeigt aber, die Comedy-Nummer schwingt immer mit. Und sowohl in der Serie, als auch bei „Schwester, Schwester“ gibt es die Momente ja. Wie geht man damit um?

Das nervt eher im privaten Bereich, wenn man jemanden kennen lernt. Dann denken die Leute: Ach der ist bestimmt ganz lustig. Und dann sagt man nur: Hallo, guten Tag. Und der andere fängt an zu lachen. Ich glaube aber, bei mir ist es nicht so schlimm. Ich habe ja von Natur aus kein wahnsinnig lustiges Gesicht. Mein Ziel ist in den Rollen immer, dass das situativ ist. Ein bisschen weg von den Schenkelklopfern. Es gibt hier auch ganz tolle stille und emotionale Momente. Uraltes Gesetz: Comedy hängt immer mit Tragik zusammen. Nur lustig, wie im Kölner Karneval, ist es nicht.

Das ist als Bayer ja eh schwierig…

Das geht gar nicht (grinst). Aber bei bayrischem Fasching bin ich da genauso. Ich war da schon immer phobisch, auch mit Clowns und so.

Aber Verkleiden müssen sie doch mögen?

Furchtbar. Ich hasse das schon beim Drehen. Das war schon bei der Bullyparade so. Bei dem Live-Teil hintenrum und Perücken drauf und schminken… Ich bin am glücklichsten, wenn mir keiner im Gesicht irgendwas rumklebt. Das ist mir ein Grauen. Wenn ich es sehe, finde ich es ganz lustig. Aber während des Drehs ist es ein Alptraum. 

Das hätte ich nicht gedacht…

Als Schauspieler musst du es natürlich irgendwann machen, aber ich bin immer irgendwie gut drumherum gekommen. Es gibt aber auch Rollen, wo es schrecklich war. Beim „Schuh des Manitu“ hat Bully drauf bestanden, dass ich angeklebte Kotletten hatte. In jeder Pause habe ich die abgemacht und irgendwohin gepfeffert – dann mussten die wieder neu geklebt werden. Das war ein Alptraum.

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Mit „Der Schuh des Manitu“ gelang Hilmi Sözer, Michael „Bully“ Herbig, Sky DuMont und Christian Tramitz (v.l.) 2001 ein Kinohit.

Foto:

picture-alliance / dpa

Grade mit Bully gab es aber ja auch aufwändige Kostüme. Kaiser Franz etwa…

Da war der Bully aber schlimmer dran mit seinem Kleid (grinst). Man macht es halt, aber es macht keinen Spaß, wenn man zwei Stunden in der Maske sitzt.

Gibt es eigentlich eine Art Stammtisch mit Bully und Rick Kavanian?

Gibt’s. Nicht einmal im Monat, aber das ziehen wir regelmäßig durch. Wir gehen dann außerhalb von München in eine Kneipe – und wir müssen meistens alle mit dem Taxi nach Hause fahren. Das ist immer sehr lustig.

Geht es da um neue Projekte und die Meinung der anderen oder eher um Privates?

Es ist ein bisschen dieses: Weißt du noch damals… Und das Lustigste ist: Manchmal erzählen wir von Sketchen und ich habe keine Ahnung mehr davon, weiß nicht wie die Pointe ist. Zum Glück kann man das bei Youtube nochmal angucken.

Gibt es da auch Ideen für neue Sachen?

Da gibt es jede Menge Ideen.

Auch Umsetzungen?

Gute Frage (grinst). Wir quatschen da schon immer drüber, aber es müsste jetzt natürlich aus einer ganz anderen Ecke kommen. Ich habe schon mal vorgeschlagen, so etwas wie: Drei arbeitslose Komiker müssen wieder zusammenarbeiten und hassen sich aber. Dass man mal eine andere Herangehensweise hat.

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