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Johnny Depp gibt sich schon vor der Urteilsverkündung siegesgewiss (Foto vom 27. Mai).
  • Johnny Depp gibt sich schon vor der Urteilsverkündung siegesgewiss (Foto vom 27. Mai).
  • Foto: dpa

Johnny Depp siegt über Amber Heard – aber ist auch ein Verlierer

Die Schlammschlacht zwischen Johnny Depp und Amber Heard endet mit einem weitgehenden Sieg für den Schauspieler. Doch auch er zählt zu den Verlierern in dem bitteren Verleumdungsprozess.

Sechs Wochen lang ist Johnny Depp (58) täglich im Gerichtssaal, meist mit getönter Brille und dicken Ringen an den Händen. Mitunter grinst er, doch oft hat er den Blick gesenkt, während seine explosive Beziehung mit der Schauspielerin Amber Heard (36) öffentlich aufgerollt wird. Doch am Mittwoch, als die sieben Geschworenen ihm einen Sieg über die Ex-Ehefrau zusprechen, fehlt der „Fluch der Karibik“-Star im Gericht. Nur sein Anwaltsteam ist vertreten. Depp war nach dem Prozessende für Konzertauftritte mit dem Rockgitarristen Jeff Beck nach England gereist. Am Tag der Urteilsverkündung wurde er mit Musikern in einem Pub in Newcastle gesichtet, wie britische Medien berichteten.

Heard, in Schwarz gekleidet, hört im Gericht des Bezirks Fairfax im US-Bundesstaat Virginia, vor den Toren der US-Hauptstadt Washington, mit gesenktem Blick zu, als das Urteil verlesen wird. Die Geschworenen haben ihren Schilderungen von Missbrauch keinen Glauben geschenkt. Wegen Verleumdung muss sie Depp über zehn Millionen Dollar Schadenersatz zahlen. Ein schwacher Trost: Depp schuldet ihr nach Entscheidung der Jury zwei Millionen Dollar für Aussagen seines Ex-Anwalts, die Heards Ruf geschädigt hätten.

Johhny Depp siegt in Prozess gegen Amber Heard

Blitzschnell spricht sich Depps Sieg unter den Dutzenden Schaulustigen vor dem Gerichtsgebäude herum. „Johnny, Johnny“-Sprechchöre, lauter Jubel sind zu hören. „Ich bin unglaublich froh über dieses Urteil“, sagt James Golder der Deutschen Presse-Agentur. Gerechtigkeit für „tatsächliche“ Missbrauchsopfer sei ihm wichtig. Sie habe Amber „kein Wort“ geglaubt, pflichtet die Depp-Anhängerin Jordan Kehoe bei. Sarah Procter beschreibt sich selbst als Opfer von häuslicher Gewalt. „Ich freue mich so für Johnny“, sagt die 33-Jährige. Die Anschuldigungen gegen den Star seien erlogen gewesen.

Tief enttäuscht von der Entscheidung der Jury im Prozess gegen Johnny Depp: Amber Heard. dpa
Tief enttäuscht von der Entscheidung der Jury im Prozess gegen Johnny Depp: Amber Heard.
Tief enttäuscht von der Entscheidung der Jury im Prozess gegen Johnny Depp: Amber Heard.

In dem bitteren Schlagabtausch der Ex-Eheleute genoss Depp einen gewaltigen Fan-Vorteil. Täglich war der Star vor dem Gerichtsgebäude von jubelnden Anhängern empfangen worden. Unter Hashtags wie #JusticeforJohnny hatten Fans im Netz für den Schauspieler Partei ergriffen. Heard hatte deutlich weniger Unterstützer, aber umso mehr Anfeindungen in den sozialen Medien.

Depp gegen Heard: Eine zur Schau getragene Schlammschlacht

Depp geht als Sieger aus dem Verleumdungsprozess hervor, aber er ist auch Verlierer in einer zur Schau getragenen Schlammschlacht, mit heftigen Anfeindungen, im Livestream von Gerichtskameras weltweit übertragen. Keiner der beiden wird die geschilderten Szenen einer Ehe gänzlich abschütteln. Eine abgetrennte Fingerkuppe, mit Blut geschriebene Botschaften, Fäkalien auf der Bettdecke – dies sind nur einige der Details, die jetzt in Gerichtsprotokollen verewigt sind.

Das Urteil der Jury, fünf Männer und zwei Frauen, fiel nach dreitägigen Beratungen. Im Kern der von Depp eingereichten Zivilklage ging es um einen 2018 von der „Washington Post“ veröffentlichten Kommentar, in dem sich Heard als Opfer häuslicher Gewalt beschrieb. Depp wurde darin von ihr nicht namentlich genannt, aber der „Fluch der Karibik“-Star sah sich damit als Opfer von Falschaussagen gebrandmarkt und klagte wegen Verleumdung auf 50 Millionen Dollar Schadenersatz. Heard holte zur Gegenklage mit einer 100 Millionen Dollar-Forderung aus. Sie machte geltend, dass Depps Ex-Anwalt Adam Waldman mit einer Schmutzkampagne ihrem Ansehen geschadet habe.


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Die Urteilsfindung drehte sich um komplizierte Rechtsfragen wie Redefreiheit, Vorsatz oder Rufschädigung – aber ebenso standen die Glaubwürdigkeit der Hollywood-Stars und die gegenseitigen Missbrauchsvorwürfe auf dem Prüfstand. Wochenlang hatten die Anwälte beider Seiten Anschuldigungen von sexuellem Missbrauch, körperlicher Gewalt, Lügen und Drogenexzessen vorgebracht, unterlegt von Dutzenden Zeugenaussagen, schockierenden Handyvideos, Tonaufzeichnungen mit derben Beschimpfungen und Fotos mit Blutergüssen.

Heard: „Bekomme tausende Morddrohungen“

Heard hatte im Zeugenstand zahlreiche Vorfälle von angeblichem Missbrauch geschildert. Der Schauspieler betonte dagegen unter Eid, er habe in seiner Beziehung mit Heard „niemals“ körperliche Gewalt angewendet. Depps Anwälte stellten Heard als notorische Lügnerin dar, deren Aussagen man nicht trauen könnte.

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Heards Anwalt Benjamin Rottenborn wiederum zeichnete ein Bild von Depp als aggressivem Mann, der unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen zum „Monster“ geworden sei. Ein Urteil gegen Heard wäre eine niederschmetternde Botschaft für Missbrauchsopfer auf der ganzen Welt, warnte Rottenborn. „Ich werde jeden einzelnen Tag belästigt, gedemütigt und bedroht, allein schon, wenn ich in diesen Gerichtssaal laufe“, sagte Heard vor der Jury. „Ich bekomme regelmäßig Hunderte Morddrohungen, quasi täglich. Tausende, seit dieser Prozess begonnen hat“, sagte Heard unter Tränen im Zeugenstand zum Prozessende.

Amber Heard tief enttäuscht über Jury-Entscheidung

Kurz nach der Urteilsverlesung drückte die Schauspielerin auf Twitter ihre tiefe Enttäuschung aus. Dass die Jury ihr trotz eines „Bergs an Beweisen“ größtenteils nicht geglaubt habe, breche ihr Herz. Schlimmer noch, dies sei ein „Rückschritt“ für andere Frauen in ähnlicher Situation, schrieb Heard. Es sei ein Rückschlag für die Vorstellung, „dass Gewalt gegen Frauen ernst zu nehmen ist“. (dpa/mp)

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