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Amber Heard Gericht Johnny Depp
  • Amber Heard vor Gericht
  • Foto: picture alliance/dpa/Court TV Pool/AP | Uncredited

Ende von #MeToo? Das könnten die Folgen des Urteils gegen Amber Heard sein

Sechs Wochen lang lieferten sich Johnny Depp und Amber Heard vor Gericht den wohl spektakulärsten Promi-Prozess seit Jahrzehnten. Am Ende des öffentlichen Ringkampfes mit schauderhaften Details siegte Johnny Depp vor Gericht, Heards Missbrauchsvorwürfe gegen ihn wurden abgewatscht – sie muss ihrem Ex nun Millionen zahlen. Was bedeutet das Urteil, das nach langer Zeit wieder einem Mann recht in einem Missbrauchsprozess gab, für künftige Fälle – und die #MeToo-Bewegung?

Blitzschnell spricht sich Depps Sieg unter den Dutzenden Schaulustigen vor dem Gerichtsgebäude herum. „Johnny, Johnny“-Sprechchöre und lauter Jubel sind zu hören. In dem bitteren Schlagabtausch der Ex-Eheleute genoss Depp einen gewaltigen Fan-Vorteil. Täglich war der Star vor dem Gerichtsgebäude von jubelnden Anhängern empfangen worden. Unter Hashtags wie #JusticeforJohnny hatten Fans im Netz für den Schauspieler Partei ergriffen. Heard hatte deutlich weniger Unterstützer – aber umso mehr Anfeindungen in den sozialen Medien.

Amber Heard muss mehr als zehn Millionen Dollar an Johnny Depp zahlen

Und auch am Ende geht Heard als Verliererin vom Platz. Die zwei Millionen Dollar, die Depp ihr wegen früherer, rufschädigender Aussagen seines Ex-Anwalts schuldet, dürften ein schwacher Trost sein. Mehr als zehn Millionen Dollar muss Heard hinlegen – weil die Geschworenen ihren Schilderungen nicht glaubten. Sie hatte ihrem Ex-Mann häusliche Gewalt vorgeworfen, indirekt in einem Zeitungsessay von 2018 und zuletzt vor allem sehr direkt vor Gericht.

Beide Seiten hatten zahlreiche Anschuldigungen von sexuellem Missbrauch, körperlicher Gewalt, Lügen und Drogenexzessen vorgebracht, unterlegt von Dutzenden Zeugenaussagen, schockierenden Handyvideos, Tonaufzeichnungen mit derben Beschimpfungen und Fotos mit Blutergüssen.

Heard hatte im Zeugenstand zahlreiche Vorfälle von angeblichem Missbrauch geschildert. Der Schauspieler betonte dagegen unter Eid, er habe in seiner Beziehung mit Heard „niemals“ körperliche Gewalt angewendet. Depps Anwälte stellten Heard als notorische Lügnerin dar, deren Aussagen man nicht trauen könnte. Heards Anwälte zeichneten hingegen ein Bild von Depp als aggressivem Mann, der unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen zum „Monster“ geworden sei.

Depp und Heard: Toxische Beziehung in allen Details offenbart

Das Urteil erweckt nun nicht nur Aufsehen, weil es zwei Prominente sind, die der Weltöffentlichkeit auf spektakuläre Weise ihre toxische Beziehung in allen schauderhaften Details offenbaren – sondern weil es der erste öffentliche Missbrauchsprozess nach sehr langer Zeit ist, in dem dem Mann geglaubt wird. Das Urteil unterbricht die Kontinuität, die seit #MeToo in solcher Art Verfahren herrschte. „Believe the women“ (zu deutsch: Glaubt den Frauen) war der Slogan, der galt.

Frauen, die Jahrzehnte mit ihrer Version von Missbrauch keinen Glauben fanden, waren die Mutigen, die plötzlich auch vor Gericht recht bekamen. So nannte die #MeToo-Bewegung auf ihrer Twitter-Seite das Heard-Urteil eine „toxische Katastrophe“ und „eine der größten Diffamierungen der Bewegung, die wir je gesehen haben“. In einem Kommentar der „New York Times“ wird bereits der symbolische Tod von #MeToo herauf beschworen, der „Guardian“ nannte den Prozess eine „Orgie der Frauenfeindlichkeit“. Vielfach wurde bereits während des Prozesses von einem „Hexenprozess der digitalen Zeitalter“ gesprochen.

Hollywoods Reaktionen auf Heard-Urteil eher verhalten

Das Magazin „Mother Jones“ berichtet bereits von einem Trend: Seit #MeToo-Beginn würden sich immer mehr Männer mit Verleumdungsklagen gegen die Missbrauchsvorwürfe von Frauen wehren. Zuletzt tat dies auch Grusel-Rocker Marilyn Manson mit seiner Ex-Verlobten Evan Rachel Wood.

Auch die Reaktionen in Hollywood sind eher verhalten, die meisten likten eine von Depp veröffentlichte Erklärung auf Instagram. Model Naomi Campbell kommentierte auf Instagram ein Statement von Johnny Depp mit vier roten Herzen. Sharon Osbourne, Ehefrau von Black-Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne, äußerte sich überrascht. „Wow, das war nicht, was ich erwartet habe. Ich meine, ich wollte, dass Johnny gewinnt, aber ich habe nicht damit gerechnet“, sagte sie Berichten zufolge in der TV-Show des britischen Moderator Piers Morgan.  

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Formal geht Depp zwar als Sieger aus dem Verleumdungsprozess hervor. Das Urteil selbst erhielt er nicht im Gerichtssaal, sondern als er im Vorfeld auf dreitägiger Kneipentour in Großbritannien war. Auf Instagram triumphierte er in einem Statement: „Das Beste kommt erst noch“.

Aber: Welchen Schaden die Karrieren der beiden Hollywood-Stars davon getragen haben, wird die Zukunft zeigen. Vor allem aber müssen sie nicht nur die psychischen Folgen dieser Horror-Ehe verarbeiten – sondern auch einen Prozess, in dem ihre wohl größten persönlichen Abgründe vor der Weltöffentlichkeit ausgebreitet wurden. (alp/dpa)

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