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  • Der Haller Lokalpolitiker Tom Wolter beklagt: „Wer hat mich verdammt nochmal auf die Liste gesetzt?“
  • Foto: imago/VIADATA

Politiker über Impfvordrängelei: „Wer hat mich verdammt nochmal auf die Liste gesetzt?“

Berlin –

Wer wann in Deutschland gegen Corona geimpft wird, das regelt eigentlich die Impfverordnung. Doch etliche Kommunalpolitiker haben sich bereits vorgedrängelt – und damit für Entsetzen gesorgt. Die Bundesregierung will nun Konsequenzen prüfen – und den Umgang mit übrigen Impfdosen genauer regeln.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Sanktionen gegen Menschen prüfen, die sich bei Impfungen gegen das neue Coronavirus unrechtmäßig vordrängeln. Es gehe darum, ob Sanktionen Sinn machen könnten, sagte Spahn am Freitag in Berlin. Das sei im Bundestag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen. 

Spahn

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

Foto:

picture alliance/dpa

Impfvordrängler in mindestens neun Bundesländern

Eine Recherche der Deutschen Presse-Agentur ergab, dass in mindestens neun Bundesländern bereits Menschen gegen das Coronavirus geimpft wurden, die noch nicht an der Reihe waren. Dabei kamen etwa Kommunalpolitiker, Geistliche sowie Feuerwehrleute und Polizisten zum Zuge, obwohl sie nicht der ersten Prioritätsgruppe angehören. In den meisten Fällen hatten die Verantwortlichen das mit übrig gebliebenen Impfdosen begründet, die sonst hätten weggeschmissen werden müssen.

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Zwar gilt für jede Dosis – ob übrig geblieben oder nicht – dieselbe Priorität der zu Impfenden. Explizit vorgeschrieben ist der Umgang mit den übrigen Dosen aber nicht. Auch das will Spahn nun ändern. „Ich werde mit den Ländern darüber sprechen, ob wir das noch ein Stück verbindlicher regeln“, ergänzte Spahn. So könne das Vorgehen in den Impfzentren noch genauer definiert werden. Übrig gebliebener Impfstoff könne unter Umständen an Feuerwehrleute oder Polizisten im Einsatz gehen, die dann aber auch schnell verfügbar sein müssten.

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Impfen im Seniorenstift in Meerbusch (NRW).

Foto:

imago images/Laci Perenyi

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, die Verstöße zu sanktionieren. „Immer wieder werden Fälle bekannt, dass sich Menschen unberechtigt impfen lassen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Die Impfstoffverordnung ziele eigentlich auf eine gerechte Zuteilung des Impfstoffes ab – „deshalb ist es unverständlich, dass Jens Spahn bis heute keine Sanktionen für unberechtigte Impfungen in seiner Verordnung vorsieht“.

Oberbürgermeister von Halle und zehn Stadträte geimpft

Mehrere Kommunalpolitiker hatten in den Tagen zuvor eingeräumt, dass sie bereits gegen Corona geimpft worden waren. Für Aufsehen sorgte etwa der Oberbürgermeister im sachsen-anhaltischen Halle, Bernd Wiegand (parteilos). Er hatte am Wochenende nach Fragen von MDR und „Mitteldeutscher Zeitung“ eingeräumt, dass er und zehn Stadträte bereits eine Impfung bekommen hätten.

Demnach wurden übrig gebliebene Impfdosen in Halle wochenlang per Zufallsgenerator zugeteilt. Neben Fachärzten und Mitarbeitern von Rettungsdiensten, die zur ersten Prioritätsgruppe der festgelegten Impfreihenfolge gehören, wurden dabei aber auch Stadträte und Angehörige des Katastrophenschutzes berücksichtigt.

„Wer hat mich – verdammt nochmal – auf die Liste gesetzt?“

Die Rufe nach Konsequenzen gegen Halles Oberbürgermeister nehmen zu. In einer Sondersitzung des Stadtrates am Freitagabend äußerten einige Mitglieder ihr Unverständnis und ihren Ärger.

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Bereits geimpft: Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos).

Foto:

Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/d

Anders als von Wiegand behauptet, seien nicht alle Mitglieder des Stadtrates über das Verfahren mit Impfresten informiert worden. Das gaben mehrere Politiker aus den Reihen der CDU, AfD, SPD, FDP und der Grünen an. „Wer hat mich – verdammt nochmal – auf die Liste gesetzt?“, fragte Tom Wolter (MitBürger & Die Partei) in Richtung des Bürgermeisters. Er habe keine Kenntnis von einem Adhoc-Verfahren oder einem „Zufallsgenerator“ gehabt.

Auch in anderen Bundesländern haben sich schon im Januar mehrere Kommunalpolitiker deutlich früher als vorgesehen impfen lassen. Nicht überall waren aber nur Politiker zu verfrühten Impfungen gekommen. Die „Augsburger Allgemeine“ hatte aufgedeckt, dass auch der Augsburger Bischof Bertram Meier und sein Generalvikar Harald Heinrich schon geimpft wurden.

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Im rheinland-pfälzischen Koblenz nutzte die Feuerwehr, die dort das Impfzentrum betreibt, die Impfreste für das eigene Personal. Knapp die Hälfte der 127 Geimpften sei nicht Teil der ersten Prioritätsgruppe gewesen, teilte die Stadt mit.

Etliche Feuerwehrleute und Polizisten bereits geimpft

Hamburg impfte bis Ende Januar bereits 102 Feuerwehrleute und zwei Polizisten. Auch Mitarbeiter des Krisenstabes und der Gesundheitsbehörde sind in der Hansestadt schon geimpft worden, darunter auch die Staatsrätin für Soziales.

330 Polizisten wurden außerdem im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt im Rahmen eines Feldversuchs geimpft, fast 400 Polizistinnen und Polizisten haben bereits in Sachsen früher als erlaubt eine Schutzimpfung bekommen. (dpa)  

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