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Nach einem mutmaßlichen Raketenangriff auf ein Öllager in Belgorod brach dort im April ein Feuer aus.
  • Nach einem mutmaßlichen Raketenangriff auf ein Öllager in Belgorod brach dort im April ein Feuer aus.
  • Foto: imago/ITAR-TASS

Ziele in Russland bombardiert: Die Ukraine schlägt zurück

Es scheint der viel zitierte Kampf David gegen Goliath zu sein: Auf dem Papier sind die ukrainischen Streitkräfte der russischen Armee deutlich unterlegen. Dennoch halten sie dem brutalen Angriff schon seit mehr als zwei Monaten stand – und schlagen nun sogar zurück.

Die Invasion kam überraschend und heftig: Bis zum Schluss hätte kaum jemand für möglich gehalten, dass Wladimir Putin seine Truppen tatsächlich ins Nachbarland einmarschieren lässt. Deshalb ging es für die Ukraine anfangs vor allem darum, den Angriff abzuwehren und sich so gut es geht zu verteidigen – mit Erfolg. Der Widerstand zwang Putin, seine Truppen umzugruppieren: Sie zogen aus dem Norden des Landes ab und wurden in die Ostukraine verlegt. Doch auch dort läuft es nicht so wie vom russischen Präsidenten gewünscht – auch, weil die Ukrainer mittlerweile nicht mehr nur verteidigen, sondern aktiv in die Offensive gehen.

Immer wieder Angriffe auf Belgorod

Im Fokus steht dabei vor allem das Grenzgebiet: Im russischen Belgorod etwa, rund 40 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, wurden in den vergangenen Tagen mehrere Explosionen gemeldet. Zuletzt gab es in der Nacht zu Montag zwei Detonationen. Im Netz kursierten Aufnahmen, die Leuchtobjekte am Himmel über Belgorod zeigen sollten. Spekuliert wurde, dass es sich dabei um russische Flugabwehr oder Ablenkmanöver ukrainischer Flugzeuge auf dem Weg zurück über die Grenze handelt.

Schäden oder Opfer habe es durch die Detonationen nicht gegeben, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Eine Erklärung für die Explosionen lieferte er jedoch nicht.

Zuvor war nahe Belgorod „auf dem Gebiet eines Objekts des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation“ ein Feuer ausgebrochen, schrieb Gladkow am Wochenende bei Telegram. Ein Anwohner sei verletzt worden. Um was für eine Art Militärobjekt es sich genau handeln soll, sagte Gladkow nicht. Auch die Brandursache war zunächst unklar.

Anfang April war bereits ein Öllager in der Region in Brand geraten, laut Kreml-Angaben nach Beschuss von ukrainischen Kampfhubschraubern. Ebenfalls im April war in der russischen Region Kursk ein Dorf nahe der Grenze nach Angaben aus Moskau mit Granaten attackiert worden.

Fotos aus der Region Belgorod sollen Zerstörung nach einem ukrainischen Angriff zeigen. imago/ITAR-TASS
Fotos aus der Region Belgorod sollen Zerstörung nach einem ukrainischen Angriff zeigen.
Fotos aus der Region Belgorod sollen Zerstörungen nach einem ukrainischen Angriff zeigen.

„Die Ukraine wird sich auf jede mögliche Weise verteidigen“

Die Ukrainer bestätigten die Angriffe zunächst nicht. Ende vergangener Woche jedoch hatte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter angekündigt, sein Land werde „sich auf jede mögliche Weise verteidigen, einschließlich Attacken gegen Lager und Stützpunkte der russischen Mörder“.

Bislang war die Führung in Kiew hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, die Angriffe der Invasoren abzuwehren. Dass die Ukrainer nun sogar selbst attackieren können, werten Beobachter als weiteres Zeichen dafür, dass der russische Angriff deutlich an Intensität verloren hat. Zudem zeige sich hier taktisches Kalkül, erklärte der Militärexperte Mark Hertling auf Twitter. Die Ukraine führe „Deep Strikes“ durch, also Attacken, die dem Feind zeigten, dass er auch auf eigenem Terrain verletzbar ist. „Das ist eine große Sache, und es hat enorme psychologische Auswirkungen.“

Dass vor allem Belgorod im Fokus etwaiger ukrainischer Gegenangriffe steht, scheint derweil nicht überraschend: Die Stadt liegt nur rund 80 Kilometer von Charkiw entfernt. Das steht seit Kriegsbeginn heftig unter Beschuss und ist bereits zu großen Teilen zerstört. Über Belgorod brachten die Russen immer wieder Verstärkung ins Kampfgebiet, darunter Panzer und Treibstoff für Militärfahrzeuge. Angriffe dort erschwerten russischen Nachschub, so Hertling.

Auch im Schwarzen Meer wurden russische Ziele angegriffen

Berichte über angebliche Attacken des ukrainischen Militärs auf russische Ziele gibt es aber nicht nur aus den Grenzregionen: Für Aufsehen sorgte vor allem der Untergang der „Moskwa“ (Moskau). Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte war Mitte April mutmaßlich mit ukrainischen Schiffsabwehrraketen versenkt worden. Am Montag meldete Kiew dann, man habe weitere russische Schiffe mit Drohnen angegriffen. „Heute wurden im Morgengrauen bei der Schlangeninsel zwei russische Boote des Typs Raptor vernichtet“, teilte Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj bei Facebook mit.

Zuvor hatten die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben bereits zweimal Ziele auf der besetzten Insel mit Raketen angegriffen. Dabei seien mehrere Luftabwehrkomplexe und eine Kommunikationseinheit zerstört worden, hieß es. 42 russische Soldaten sollen getötet worden sein.

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Das etwa 35 Kilometer von der ukrainischen Küste entfernte Eiland war unmittelbar nach Kriegsbeginn Ende Februar von der russischen Marine erobert worden. Damals soll ein dort stationierter, ukrainischer Soldat die Angreifer per Funk mit den Worten „Russisches Kriegsschiff, verpiss dich!“ beschimpft haben. Der Spruch erhielt Legenden-Status, der 32 Jahre alte Roman Hrybow wurde zum Volkshelden.

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