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Russische Soldaten
  • Hier zu sehen: russische Rekruten beim Kampftraining.
  • Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire | Ivan Vysochinsky

Wird der Cherson-Rückzug zu Putins Waterloo?

Schon in den ersten Kriegstagen war die 290.000 Einwohner zählende Regionalhauptstadt kampflos an die russischen Besatzer gegangen. Nun musste der Kreml zerknirscht die nächste Niederlage verkünden: Cherson wird geräumt! Die russischen Truppen zögen sich auf die Ostseite des Flusses Dnipro zurück. Eine Falle, wie manche Militärexperten befürchten? Oder doch das indirekte Eingeständnis: Es läuft nicht für Moskau.

Bei der historischen Schlacht in Waterloo, am 18. Juni 1815 in Belgien, wurde der Anfang vom Ende der Ära Napoleons besiegelt. Das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) zog nun mögliche Parallelen des russischen Rückzugs aus Cherson mit der legendären Schlacht.

Plötzliche Sorge um Soldaten-Leben

Ob das stimmt, wird die Zeit zeigen. Es spricht aber tatsächlich einiges dafür, dass der Ukraine-Feldzug zum russischen Albtraum mutiert. Mit dem angekündigten Rückzug muss Verteidigungsminister Sergej Schoigu erneut eine massive Niederlage einräumen. Entscheidend wird zudem sein, wie der Rückzug der Kreml-Truppen über den Dnipro verlaufen wird.

„Das Leben und die Gesundheit der Soldaten der Russischen Föderation waren immer eine Priorität“, so Schoigu. „Die Zivilbevölkerung könnte in Gefahr geraten, und unsere Truppengruppe am rechten Ufer des Dnipro könnte isoliert werden.“ Dies verkündete der Hauptverantwortliche ausgerechnet an dem Tag, an dem US-Behörden meldeten, dass mittlerweile 100.000 russische Soldaten bei dem Angriffskrieg ums Leben gekommen sind. Da klingt die angebliche „Priorität“ ihres Lebens fast schon zynisch.

Lässt die Ukraine die Russen einfach abziehen?

Der russische Kreml-Experte Andrei Piontkowski sieht nun vor allem einen Knackpunkt bei dem Rückzug: Der Nationale Sicherheitsberater der US-Regierung, Jake Sullivan, habe Kiew gebeten, die Russen nicht zu beschießen, wenn sie sich über Pontonbrücken ans andere Flussufer bewegen.

„Ich würde mich anstelle der Ukrainer nicht darauf einlassen“, so der gut in US-Sicherheitskreisen vernetzte Piontkowski. „Wir werden in den nächsten Tagen erfahren, ob sie es tun.“

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Allerdings gibt es immer noch Zweifel an dem Rückzug: „Die Ukraine sieht keine Anzeichen dafür, dass Russland Cherson ohne Kampf aufgibt“, so der Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak. Der österreichische Russland-Kenner Gerhard Mangott indes sagte dem RND: „Wenn die Russen tatsächlich Cherson aufgeben müssen, dann ist das eine gewaltige Niederlage für Putins Krieg, die vor allem Schoigu und dem Generalstab angelastet wird.“

Noch im September hatte der Kreml mit viel Tamtam den Anschluss Chersons an Russlands gefeiert. Nun könnte der Rückzug den Anfang vom Ende Putins markieren. (km)

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